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"Die deutsche Revolution von 1918
war eine sozialdemokratische Revolution,
die von den sozialdemokratischen Führern niedergeschlagen wurde:
ein Vorgang, der in der Weltgeschichte
kaum seinesgleichen hat."

Sebastian Haffner: Die deutsche Revolution 1918/19. Reinbek bei Hamburg 2007

 

 

Die Revolution 1918/19 in Naumburg (Saale)

 

Grenzdurchbruch Lüttich Ein unverstandener Krieg?
Wir machen Revolution! Arbeiter-und Soldatenrat
Kriegsschuldfrage Die schwarze Schmach
Das lumpige Spiel .... Gegen Westen brüllt der Löwe
Sicherheit und Einwohnerwehr Landesjäger / Reichswehr
Bergarbeiterstreik Die neue konservative Partei
USPD-Ortsgruppe Ortsgruppe der DDP
VKPD und KAPD Haus- und Grundbesitzer
Nationalversammlung Ein General als Stadtvorsteher
Revolution oder Reform? Betriebsrätegesetz

 

 

St. Wenzel

"Samstagabend, dem 31. Juli 1914, gegen 7 Uhr", erinnert 1926 der Naumburger Lehrer und Stadthistoriker Friedrich Hoppe (1879-1959), "verkündete der eherne Mund der Kirchenglocken den Krieg. Herzerschütternd war die Abendstunde, als auf dem Markte und danach in der Wenzelskirche in begeisterten Worten den Gefühlen des gewaltigen Erlebens Ausdruck verliehen wurde." Naumburg gleicht einem grossen Kriegslager. Auf dem Rathaus war bereits das Militärbüro der Zivilverwaltung eingerichtet. Tags zuvor, am Abend des 30. Juli, befahl Zar Nikolaus II. die Generalmobilmachung der russischen Truppen. Durch das Abwarten der russischen Generalmobilmachung erhöhte Reichskanzler Bethmann Hollweg die Bereitschaft des Volkes zum Krieg, vor allem aber das Bewusstsein, überfallen worden zu sein. "Auf Grund seiner Herkunft und des Einflusses seiner Umgebung war es ihm 1914 völlig unverständlich," erzählt 1958 der Naumburger Lehrer und Sozialdemokrat Friedrich Blüthgen (*1874), "dass z. B. Karl Liebknecht gegen die Kriegskredite im damaligen Reichstag stimmte. Es war ihm nicht im Entferntesten der Gedanke gekommen, dass der 1. Weltkrieg ein imperialistischer war."

In Naumburg setzt "Die Jagd auf Spione" ein. Am 5. August, meldet der Vorwärts (Berlin), wurden hier "geheimnisvolle Automobile" gesichtet. Eines schafft Geld von Frankreich nach Russland, woran die zweite anschliesst:

"Die Insassen der Automobile, die Geld nach Russland schaffen, sollen das Geld jetzt Radfahrern übergeben haben, die Maurerkleidung tragen."

Umgehend sperrte man alle Durchgangsstraßen und stellte überall militärische Posten auf.

Das Weltgericht bricht über uns herein.

Die Kosaken kommen!,

meldet am 4. August 1914 auf Seite eins die Volksstimme aus Magdeburg. Als am selben Tag die Reichstagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands erklärt:

"Uns drohen die Schrecknisse feindlicher Invasionen",

da waren die Naumburger Jäger schon unterwegs nach Belgien. Nicht gegen Osten, beobachtete Friedrich Hoppe (1926), sondern gegen Westen rollen vierzehn Tage schwer beladene Militärzüge. Das war der irre Schlieffen-Plan: Gegen Russland erst defensiv bleiben, aber in einer Art Blitzkrieg die Verteidigungslinie an der deutsch-französischen Grenze mit dem Marsch durch das neutrale Belgien umgehen.

Rathaus

Noch wenige Wochen vor dem Krieg organisierte die SPD unter grosser Anteilnahme der Bürger Friedensversammlungen. Am 25. Juli rief der SPD-Parteivorstand zu Massenprotesten auf. In Dresden, Elberfeld-Barmen, Hamburg-Altona, Braunschweig, Freyburg, Hagen, Bremen, Jena, Bielefeld, Minden, Rüstringen, Ludwigshafen am Rhein, Frankenthal, Lübeck, Bremerhaven und Breslau fanden gegen die Kriegstreiberei und -hetze bedeutende Demonstrationen, Versammlungen und Proteste statt. Aus dem Regierungsbezirk Magdeburg sind eine Reihe kleinerer Versammlungen bekannt. In Naumburg trat der Reichstagsabgeordnete Adolf Thiele (1854-1925) als Redner auf. Und doch kam der Krieg, wie ehedem der Naumburger Oberbürgermeister Emil Kraatz (1914, 276) unkte: „Ich glaube aber, daß wir ihn [den Krieg] auf die Dauer kaum werden umgehen können.“

An der Schwarzen Tafel vom Naumburger Kreisblatt war ein Zettel vom Besitzer Sieling angebracht worden, bezeugt durch SPD-Mitglied Eugen Wallbaum, worauf stand:

"Und die Sozialdemokratie
zerstieb wie Asche in der Luft."

Stimmt so auch wieder nicht. Immerhin schaffte sie gerade mehr als zwei Millionen Mann auf das Schlachtfeld, über der Schulter ein Gewehr hängend und im Kopf die Lektionen der Arbeiterbildungsvereine. Die "Flinte auf dem Buckel zu nehmen und in den Krieg gegen Rußland zu ziehen", kündigte August Bebel bereits am 17. September 1907 auf dem Essener Parteitag der SPD an.

Als Kriegsursachen sind im Angebot:

  • der Zeitgeist des Terrors ("Zauberberg")

  • der notwendige Kampf gegen das Romanentum und die eindringende östliche Barbarei (Pfortaschüler Lamprecht)

  • die uralte Auflehnung Deutschlands gegen den westlichen Geist (Thomas Mann)

  • der heilige Krieg (Ernst Borkowsky)

  • Rohstoff- und Kolonialinteressen (Rosa Luxemburg)

  • Verschwörung gegen Deutschland (Arthur Graf von Posadowsky-Wehner).

 

Im "Zauberberg" (1924) hinterfragt Thomas Mann vor dem Ersten Weltkrieg die Bewegung der deutschen Nation. Patient Hans Castorp, eigentlich nur für einen Besuch in das Davoser Lungenheil-Sanatorium angereist, taumelt in die Patientenkarriere und erlebt im "Schreckenspalast" den Kampf gegen den Untergang der bürgerlichen Epoche, zwischen Irrationalität und Humanität. Auf einem Kolloquium streiten der Optimist und Republikaner Settembrini, Mentor und Erzieher von Castorp, und Naphta, der seinen Disputanten als Zivilisationsliteraten verspottet, miteinander. "Nein!" fuhr Naptha fort.

"Nicht die Befreiung und Entfaltung des Ichs sind das Geheimnis und das letzte Gebot der Zeit. Was sie braucht, wonach sie verlangt, was sie sich schaffen wird, das ist der Terror."

 

Der ehemalige Pforta Schüler Karl Lamprecht (1856-1915) unterrichtet die Bürger am 23. August 1914 im Berliner Tageblatt über den "Der Krieg der Völker". Als Sprungbrett dient seine Hausdisziplin, die Geschichte. Am Anfang stand das Einheitsbewusstseins des 19. Jahrhunderts, aus dem die ungeheure Gewalt des Nationalbewusstseins der Gegenwart erwuchs, das jetzt die allgemeine europäische Geschichte bewegt. Sehnsuchtsvoll schauen, kritisiert er, die "Propheten des Friedens" auf die Zeit, wo die Nationen nebeneinander im friedlichen Wettbewerb lebten. Doch die "furchtbare Gegenwart" lehrt, dass wir diesen Gedanken verabschieden müssen. Aus dem "Durcheinander" der "verschiedenen nationalen Bestrebungen" trat der "gegnerische Herrschaftsanspruch". Dabei erlebten wir, dass die Zuneigung zum deutschen Volk, im "Bereich der germanischen Kultur" zu finden ist. Er nennt die Schweiz, Holland, Norwegen und andere Länder. "Abseits steht nun England." Professor Lamprecht bezeichnet die Völker, die in den Grenzen Europas zu Deutschland stehen, "kurzweg als Germanen", um dann "die lebendige Zukunft einer teutonischen-germanischen Rasse" zu verkünden. Sie steht im tiefen Gegensatz zum Romanentum, dass es abzuwehren gilt.

Eine überraschende Entwicklung verzeichnet der Geheime Hofrat und Professor für Geschichte in den letzten Wochen im Slawentum.

"Gewiss ist richtig, dass der Panslavismus eine bis auf einen gewissen Grad lächerliche und geschichtliche keineswegs weit zurückgreifende Kraft ist. ... Im Grunde ist er immer nichts gewesen als eine Maske für die Weltherrschafts-Ansprüche gewisser dünner russischer Gesellschaftsschichten …."

"Wir Deutschen insbesondere dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, das die westlichen Träger alter lateinischer Kultur sind und daß sie dementsprechend die Erziehungsschicksale mit durchgemacht haben."

"Vergegenwärtigt man sich diese Konstellation, so erscheint der heutige Krieg als ein

letzter Kampf des Germanentums
und des lateinischen Slawentums
gegen die eindringende östliche Barbarei …."

 

Der Krieg, sinniert 1918 Thomas Mann in den Betrachtungen eines Unpolitischen (67, 84, 256), hat seine Wurzeln in der

uralten Auflehnung Deutschlands
gegen den westlichen Geist,

worauf das "Imperiums der Zivilisation" mit dem "Interventionskrieg der europäischen Zivilisation gegen das renitente Deutschland" antwortet. Seit August 1914, kann man mit dem berühmtesten deutschen Schriftsteller frei rezitieren, steht Deutschlands im Kampf

gegen die Flachheit des Westens.

 

Auf in den Krieg mit "Freude an den Waffentaten" und dem "Bewusstsein unserer siegenden Stärke", ermuntert der Naumburger Lehrer Ernst Borkowsky in

Unser heiliger Krieg

das Volk zum Kampf. "Der ewige Friede ist ein Traum und nicht einmal ein Schöner", lautet die von Helmuth von Moltke (1848-1916) entliehene Leitidee der Schrift. Vorbei an der Erbfeindthese und dem Hassgesang gegen England (Ernst Lissauer), behauptet ihr Autor (65, 62) dreist: "Auch unsere Geschichte weiss nichts von nationalem Hass". Die Deutschen haben niemals Eroberungskriege geführt. Ihn sind die "vier alten deutschen Tugenden" eigen: Tapferkeit, Begeisterung, Opferfreudigkeit und Glaubensstärke. Um das Sterben mit Herz zu erleichtern, bedarf es eines handlungsleitenden Narratives. Dazu mobilisiert die im Herbst 1914 bei Kiepenheuer in Weimar erschienene Schrift "Unsere heiliger Krieg" das Erste Buch Moses (Kapitel 22, Vers 2) mit den Worten:

Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.

Borkowsky (131) presst daraus den Handlungsimperativ der Opferethik:

"Und der Alte fürchtet Gott, er fragt nicht nach dem Zweck und Ziel des furchtbaren Verlangens, er ging und legte den Knaben auf das Holz ....".

Damit ist "der höchste Begriff des Opferbringens" gefunden.

Ernst Borkowsky etwa um 1930

Auf diese Weise hilft der Schuldirektor und Historiker Ernst Borkowsky (1860-1947) in Naumburg die Nationen aufeinanderzuhetzen. Am 28. Februar 1860 in Magdeburg geboren, absolviert er das Gymnasium in Burg, studiert in Leipzig und Berlin Geschichte und Deutsch, promoviert 1886. Über Quedlinburg und Magdeburg (1886-1888) führt sein Weg in die Stadt an der Saale. Zunächst als Lehrer am Realprogymnasium (1888), dann an der Naumburger Kadette. Schliesslich steht er von 1904 bis 1925 der Luisenschule (Lyzeum) vor.

 

Schon lange nutzt der ideologische Apparat des Staates bei der Erziehung zu Gehorsamkeit und Disziplin, den Glauben an Gott. Aber welches Gefühl muss wohl einen denkenden Menschen anfallen?, fragt 1893 (11) Adolph Hoffmann, wenn er angesichts eines Krieges sieht und hört, dass zwei oder drei Nationen zugleich denselben Gott um den Sieg ihrer gerechten Sache anbeten. Geblendet vom Wahrheit verzerrenden Nationalismus, konnte die deutsche Tugend der Glaubensstärke sich voll entfalten. Suggestion und Autoritätsurteile verfälschen die politische Wahrnehmungen und schwächen abermals das kritische Denken. Ein Gefühl von Volksgemeinschaft brach aus, was man später Augusterlebnis nannte.

In "aufgedrungener Notwehr" eilen, wie es Wilhelm II. am 4. August in der Thronrede einforderte, Naumburgs Söhne mit Begeisterung zu den Musterungsstellen und greifen zum Schwert. "Der Kaiser rief! und alle, alle kamen. Freudig und willig leisteten wir Folge", erzählt 1934 ein alter Landsturmmann. Zwei Tage später appelliert der Kaiser An das deutsche Volk!:

"Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird,
wie er mit unseren Vätern war."

Die Kriegserklärung empfand, beschreibt der Graf Posadowsky die Stimmung, unserer Volk "als eine Art Erlösung von erdrückender Schwüle". Alle wollten jedenfalls nicht in die

Himmelsbeförderungsmaschine (Adolph Hoffmann)

einsteigen.

Der Ausmarsch von A. Roloff  (1914). Feldpostkarte

Was tut das Volk? Ist es, fragt Thomas Mann besorgt, auf seinem Platz, wenn das Vaterland in Not? Es war auf seinem Platz.

"Überaus schön nimmt es sich aus; wir möchten glauben: so schön wie kein anderes." (Betrachtungen eines Unpolitischen 130)

Soweit institutionell begleitet, vollzog sich die Mobilmachung sichtbar in einer Atmosphäre des Aufbruchs, der Spannung und klammheimlicher Sehnsucht nach dem Unbekannten, dem Abenteuer. Unsichtbar blieben die Fragen an die Zukunft und die Ängste. Weihnachten war man ja, glaubten viele, wieder zu Hause. Vor ihnen "lag nur" ein heiliger, gerechter Volkskrieg zur Abwehr der feindlichen Invasion. Im Osten die Invasoren und im Westen die eigentlichen geistigen Wurzeln des Krieges. Für das Bildungsbürgertum der Krieg der Zivilisationen, für den Soldaten der gerechte Volkskrieg. Und würde dieser Glaube nicht aufrechterhalten, könnte die Burgfriedenspolitik mit samt System in den Abgrund stürzen. "Fällt der Mantel, muss der Herzog nach." (Friedrich Schiller)

 

Fritz Kater (1861-1945), ehemaliges SPD-Mitglied und Mitbegründer der Volksstimme (Magdeburg), rief am 8. August im Unterton der Verzweiflung:

"Die Kriegsfurie ist entfesselt"!

"Millionen und aber Millionen Männer, und zwar die in den besten Jahren stehenden, im Vollbesitz von Kraft und Gesundheit sich befindenden, die Blüte der Nation, sie gerade werden die Schlachtfelder bedecken, während die Alten, die Siechen, die Krüppel, die Frauen und die Kinder daheim der grössten Not und Sorge überlassen bleiben." Und so kam es.

Naumburg (1916)

Es dauerte nicht lange, da trafen in Naumburg die berühmten Frontbriefe ein. Ihre Schilderungen vom Stellungs- und Gaskrieg waren weniger vom Patriotismus als vom Realismus inspiriert. Und schon verflog der nationale Frohsinn. Offiziell sprach man jetzt von geistigen Mängeln der Schützengraben-Briefe, deren Ursache man sofort in der mangelnden patriotischen Erziehung verortete. Wenig später trat das Phänomen der Kriegsmüdigkeit auf, jener desolate Geisteszustand, der sich beim Soldaten nach jahrelangen Grabenkämpfen und Gasangriffen einstellt. In der tödlichen Fremde, die ihn umgab, sehnte er sich nach der Rückkehr in die wohlvertraute Heimat.

 

Am 2. August 1914 werden in Naumburg drei Jägerformationen aufgestellt (Waase 1919): Das Feldbataillon Jäger 4, das Reserve Jägerbataillon, welches am 9. August ins Feld zieht, und, als Ersatztruppenteil, die Ersatzabteilung Jäger 4.

Neue Jägerkaserne

6 Uhr abends steht das Jägerbataillon Nr. 4 zum Abmarsch bereit. Für jeden gibt es 150 scharfe Patronen. Als die Männer abzogen, was die Kinder erfreute, lagen einige davon auf dem Kasernenhof umher. Dann kam die Fahne und der Geistliche entliess mit heissen Segenswünschen die neu eingekleidete Truppe. Um den Franzosen an ihrer Ostgrenze zu entgehen, erfolgt der Aufmarsch ins Kriegsgebiet nach dem Schlieffen-Plan, also über Belgien. "Wenige Tage später", so Stadthistoriker Friedrich Hoppe (1926, 58, 53), "wurde die graue Felduniform vielen zum Sterbekleid vor Lüttichs Mauern."

"Die Feuertaufe erhielt das [Jäger] Bataillon vom 5. bis 7. August beim Handstreich auf Lüttich." An den Maas-Brücken nimmt die 3. Kompanie und Teile der 2. Kompanie Stellung. Die 1. und 4. Radfahrer- und Maschinen-Gewehr Kompanie sind beim Handstreich auf Fort de Fléron dabei. Ab 9. August befindet sich das Jägerbataillon in Lüttich und bleibt in der Nähe des Platzes St. Barthelemy in höchster Alarmbereitschaft. (Vgl. Waase 1919, 16)

 

Im August stellt man das Reserve-Jägerbataillon 19, teils aus Landsturmjägern, teils aus Kriegsfreiwilligen zusammen. Im Winter kämpfen sie in Galizien.

 

Kaserne Thüringische-Feld Artillerie
Regiments No. 55

Das Feldartillerie-Regiment No. 55 wurde am 1. Oktober 1899 in Naumburg aufgestellt. Ihr erster Kommandeur war General der Artillerie Franke, geboren am 10. November 1852 in Osnabrück. 1902 erfolgte die Umbenennung der Einheit in 2. Thüringisches-Feldartillerie-Regiment No. 55 [Bild]. Als die Mobilmachung angeordnet, übt es noch auf dem Ohrdrufer Truppenplatz. Sofort kehrt es nach Naumburg in die Kasernen an der Oststrasse und Weissenfelser Strasse zurück. Nach einem feierlichen Feldgottesdienst auf der Vogelwiese marschieren in der Nacht zum 9. August die Feldgrauen unter reger Anteilnahme der Bevölkerung zum Hauptbahnhof. Abschiedslieder erklingen. Frauen winken mit weissen Tüchern. Blumengrüsse begleiten die Fahrt in Feindesland.

 

Am 18. August 1914 stellen sich die Infanteristen, Artilleristen und Kavalleristen der Militärdienstjahre 1894 / 95 des Landsturm-Bataillons Naumburg auf dem Turnplatz an der Georgenschule und erhalten ihre Ausrüstung, Kleidung und Waffen. Die erste und zweite Kompanie besteht aus hiesigen Kreisen. In der dritten und vierten Kompanie steckten die Männer vom Altenburger Land. Frühmorgens kommt am 26. August der Befehl zum Abmarsch. Manchen fiel nicht nur der Abschied vom Quartier, sondern auch von den Naumburger Mädchen schwer.

Bahnhof

Mit Gesang geht es vom Turnplatz zum Hauptbahnhof. Dort steht ab 10 Uhr für das Bataillon ein langer Eisenbahnzug bereit. Als Gepäck, Waffen und Pferde verladen, fährt er in Richtung Bad Kösen aus und dann immer weiter in Richtung Westen. Zurück bleiben die Frauen, die bald bei der Eisenbahn, Post, in Fabriken und auf den Bauplätzen die Arbeit der Männer verrichten. Unterwegs winken viele den Vaterlandsverteidigern zu. An den Bahnhöfen gibt es kleine Liebesgaben. Der Transport passiert am 29. August die belgische Grenze.

Schier unerschöpfliche Naumburger Kriegsarsenale kleiden und rüsten die Soldaten und Offiziere aus. Die 1. Ersatzabteilung - später Ersatzbataillon genannt - für das Jägerbataillon wird am 2. August 1914 ins Leben gerufen. Im Februar 1915 musste wegen steigenden Bedarfs eine 2. Ersatzabteilung ausgehoben werden. Sie zog am 1. April 1915 in die Nachbarstadt Weissenfels um, kam aber 28. Oktober 1918 zurück in die Jägergarnison Naumburg. Im Laufe von vier Kriegsjahren stellt das I. und II. Ersatzbataillon Jäger 4 in 493 Transporten 18 785 Oberjäger und Jäger zusammen. 70 000 Personen mussten neu ein- und umgekleidet werden. "Die Arbeiten des Bekleidungs-Ausrüstungsdepots ließen während der langen Kriegsjahre nichts zu wünschen übrig." (Waase 16, 13)

 

Ostbahnhof

Am 3. September 1914 landen auf dem Ostbahnhof in Naumburg 800 Verwundete aus bayerischen Truppenteilen an. Einige nimmt das Hauptlazarett in der Nordstrasse auf, das Oberstabsarzt Dr. Pabst und Dr. Grüneisen leiten. Andere werden in der Reichskrone (Dr. Ehrhardt), Erholung (Stabsarzt Dr. Jebsen), Loge (Dr. Haussmann), Marienschule (Dr. Rottig), Maschinengewehrkaserne (Dr. Latowsky) und im Schützenhaus (Dr. Ehrhardt) gepflegt. Die Oberleitung liegt in den Händen von Generaloberarzt Dr. Wilhelm Hartog, geboren 1851 in Hamm (Westfalen), ehemals Generaloberarzt und Regimentsarzt des 2. Thüringer Feldartillerieregiments Nr. 55.

Ebenso hielt das Kriegselend im Garnisonslazarett (Jägerviertel) und in der Erholung einkehr. Ausserdem waren das Othmarsgebäude (Othmarsplatz 7) und der Gasthof zum Schwarzen Adler mit Soldaten belegt. Die Loge zu den drei Hammern diente als Reservelazarett.

 

 

Zeichnung: Unsere sieben Feinde. Simplicissimus 19. Jahrgang. Nummer 22, München, 1. September 1914, Einband

 

 

 

Lüttich 1914: Ein moralischer Grenzdurchbruch  nach oben

Am 4. August 1914 marschiert die II. Deutsche Armee auf die stark befestigte Stadt Lüttich zu. Vornan 500 eiligst eingekleidete Reservisten des Jägerbataillons 4 aus Naumburg. Vier Wochen vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges hebt die nationalsozialistische Propaganda diese Ereignisse wieder ans Tageslicht. Unter der Überschrift:

Als General Ludendorff
mit dem Jägerbataillon 4 Lüttich stürmte,

schildern Hauptbeteiligte im Naumburger Tageblatt noch einmal die Kämpfe vor fünfundzwanzig Jahren.

Warum kommt diese Geschichte Ende Juli 1939 in die Zeitung? Die Macht der Presse liegt "in der Einwirkungsmöglichkeit auf die Massen und deren Leichtgläubigkeit", schrieb Hans Brosius 1930 (8) in Der Anteil der deutschen Presse am Kampf um den deutschen Geist.

Fünf Brigaden, beginnt Major d. R. und ehemaliger Pressechef der Deutschnationalen Volkspartei Hans Brosius die Geschichte von der Einnahme von Lüttich zu erzählen, verstärkt durch je ein Jägerbataillon und etwas Artillerie, erhalten den Auftrag zwischen je zwei Forts durchzustürmen. Lediglich die 14. Infanterie-Brigade,

unterstützt durch das Jägerbataillon 4,

gelang es in die etwa drei Kilometer grosse Lücke zwischen Fort Évegnée und Fort de Fléron durchzustossen. Damit erzielten die 4. Jäger den ersten grossen Erfolg.

Erst in der Nacht vom 5. zum 6. August [1914], erzählt Hans Brosius nun im Juli 1939, kommt der Befehl zum Angriff. Die Jäger 4 marschieren auf die Dörfer Micherour und Retinne [heute Vorort von Fléron] vor. Im "Häuserkampf mit Franktireurs" (Brosius) erhielten sie ihre Feuertaufe. Im Rahmen der "Säuberung von Retinne" übernahm Hans Brosius mit Teilen des Zuges der zweiten Kompanie die Aufgabe, eine feindliche Barrikade aus dem Weg zu räumen. Vor Queue-du-Bois stockt der Angriff der Regimenter 27 und 165. Von der Einhaltung des Zeitplans hängt das Gelingen des Westaufmarschs der Truppen ab. Weder die zwölf Forts noch die Stadt waren erobert worden. Für den gefallenen General von Friedrich von Wussow übernimmt General Erich Ludendorff das Kommando und befiehlt morgens 3.30 Uhr:

Die Jäger vor!

Im heftigen Infanterie- und Artilleriefeuer geht die 3. Kompanie unter Hauptmann Ott und die 4. Kompanie des Jägerbataillons 4 mit Hauptmann von Hauffe gegen die Ortschaft vor. Zwei belgische Geschütze am Eingang des Dorfes versperren den Vormarsch. Die Offiziere mit ihrem Kommandeur an der Spitze von der 3. Kompanie stürmen mit Deutschland, Deutschland über alles voran.

"Es war grossartig dieser Gesang angesichts des Todes, in der dunklen, von den brennenden Häusern schauerlich durchleuchteten Nacht" schildert Hans Brosius die Stimmung. Hinter uns tobte der Kampf um die Häuser des Dorfes, vor uns blitzen die Geschütze auf. Die Schrapnells heulten über unsere Köpfe hinweg."

"Ich drang mit einigen Dutzend" Jägern der Hauptstrasse des Dorfes entlang mit einer Feldhaubitze vor, die "in die feuerspeiende Häuser hineinschoss". Vor den Geschützen weichen die Kompanien seitwärts aus und stürmten sie über die Hecken hinweg.

"Die 4. Jäger hatten
die ersten Geschütze des Weltkrieges erobert",

waren "Hauptträger des ersten grossen Erfolges des Weltkrieges". Brosius dringt mit einen Dutzend weiterer Jäger auf der Hauptstrasse des Ortes entlang vor, um schliesslich bis zum Ende des Ortes durchzustossen. Der feindliche Widerstand wurde immer heftiger. Für das mitgeführte Geschütz ging die Munition aus. Ein Offizier lag Tod über der Lafette. Nur ein Jäger der 4. Kompanie feuerte noch Schuss um Schuss gegen die Belgier. "Der Erfolg von Lüttich, der von dem Durchbruch an dieser Stelle abhing, schien in Frage gestellt." (Brosius) Unbeirrt geht von hinten langsam ein Offizier - Ludendorff - nach vorn vor und ruft: "Vorwärts, Kinder wir müssen weiter!" Bald war dann der Dorfausgang erzwungen. Durch die Macht seiner Worte hatte Ludendorff, sagt Hans Brosius 1939 dem Naumburger Tageblatt, den Sieg von Lüttich entschieden. Nach der Einnahme des Dorfes Queue-du-Bois am 6. August gelang der Durchbruch zum rechten Maasufer gegenüber von Lüttich.

Eroberung der Stadt Liège / Lüttich (Wallonien) am 7. August 1914 durch General Otto von Emmich. Postkarte. Etwa 1915

Der militärische Widerstand der Belgier verzögerte den Vormarsch. In Reaktion darauf zerstörten die deutschen Truppen beiderseits der Einfallstraßen Häuser, äscherten Ortschaften ein, nahmen Geißeln und erschossen hunderte von Zivilisten." (Kramer 94) Im Fall Löwen (Leuven) diente die Franktireurs-Legende eindeutig als Vorwand, um die aus Panik entstandene wilde Schiesserei mit anschliessender Bartholomäusnacht zu rechtfertigen. Auch im Fall Soumagne, zwischen der Grenze und Lüttich gelegen, erläutert Alan Kramer Zum Problem der deutschen Kriegsverbrechen in Belgien und Frankreich 1914  (94), war Ähnliches zu beobachten. "Nachdem ein Angriff auf das Fort de Fléron am 5. August gescheitert war, kehrten die Truppen am Nachmittag nach Soumagne zurück, zündeten dort Häuser an, verhafteten Einwohner und exekutierten mindestens 92 von ihnen, einschließlich zehn Männer über 65 Jahre, ein zehn Monate altes Baby und ein dreizehnjähriges Mädchen."

Allein das rücksichtslose und brutale Vorgehen der deutschen Truppen in Belgien im Sommer 1914, stellt nicht nur einen schweren Verstoss gegen den laut Haager Landkriegsordnung verpflichtenden Mindestschutz der Zivilbevölkerung dar, sondern ist ein für das zivilisierte Moralbewusstsein unerträglicher sittlicher Grenzdurchbruch. Nicht für Thomas Mann! Denn:

"Ein Angriff kann ja aus Not geschehen und ist dann also kein Angriff mehr, sondern eine Verteidigung." (Friedrich und die Große Koalition 1915)

So kommt die Frage nach der völkerrechtlichen und moralischen Schuld erst gar nicht auf. Der Neutralitätsbruch missachtete internationales Recht, Moral und Anständigkeit.

Wo kein Verantwortungsbewusstsein existiert, gibt es auch kein Fehlverhalten oder Schuld. Erich Ludendorff schiebt sie in seinen Kriegserinnerungen 1914-1918 (11) dem Feind zu:

Die "belgische Regierung" hat "den Volkskrieg planmäßig organisiert" und "eine schwere Verantwortung auf sich geladen".

Die Helden von Lüttich bereuen nichts. Auch nicht nach 25 Jahren. Eine Antwort jenseits nationaler Voreingenommenheit könnte das moralische Antlitz der politisch-militärischen Elite schwer beschädigen und die ideologische Kriegstreiberei von Stahlhelm, militanten Deutschnationalen, Alldeutschen und Nationalsozialisten unter dem Gewand des Widerstandes gegen die Wehrlosmachung im Licht der Unbelehrbarkeit erscheinen lassen. Denn die Helden von Lüttich verdrängen gerne das Ergebnis:

"Unser stolzes Magdeburger
Jägerbataillon 4 ist dahin!" (Karl Waase)

Das ist die Realität und das sind Folgen des Krieges von denen 1919 (158/159) der Offiziers-Stellvertreter und Führer der Ersatz-Radfahrer-Kompanie des Magdeburger Jägerbataillons Nr. 4 Karl Waase  berichtet.

"Die Begeisterung der ersten Kriegsjahre ist verschwunden, die unsäglichen Mühen, Schrecknisse und Entbehrungen schwerster Frontjahre sind vergessen und bleiben vielfach ungedankt."

Die Naumburger Verlustliste zeigt "den Krieg in seiner wahren, entsetzlichen Gestalt", mahnt Friedrich Hoppe aus Anlass ihrer Veröffentlichung am 11. und 12. Mai 1920. Bei Kriegsende liegen

1081 Männer

fern der Heimaterde begraben.

Der ungeheuerliche sittliche Grenzdurchbruch von Lüttich bleibt nicht schlechthin bis 1945 moralisch unbewältigt, er beeinflusst nachhaltig die Stadtgeschichte.

Im Juli 1939 erreicht die jahrelange deutschnationale Geschichts- und Kriegspropaganda ihr Ziel: Ohne Fragen nach Recht, Gesetz und Moral ästimiert der Naumburger die politischen Kategorien Überfall, Angriff, Blitzkrieg und Eroberung.

Am 18. Mai 1940 marschiert das Infanterie-Regiment 53 aus Naumburg in Lüttich ein.

 

 

Ein unverstandener Krieg ?  nach oben

Im Spätsommer 1918 droht die Westfront zusammenzubrechen. Staatssekretär des Auswärtigen Paul von Hintze erfährt am 26. September 1918 von der aussichtslosen militärischen Lage. Erich Ludendorff, Paul von Hindenburg, Heye (Chef der Operationsabteilung) und er treffen sich drei Tage um 10 Uhr vormittags im Hotel Britannique in Spa. Hintze legt das Konzept zur Revolution von oben vor, um die tiefe Staats- und Gesellschaftskrise zu überwinden. "Die Herren einigen sich darauf eine parlamentarische Regierung mit Ministern der Reichstagsmehrheit zu bilden, was die Revolution von oben einleitet." (Vgl. Griebel 1958) Der Krieg hinterlässt Schulden in Form der Kriegsanleihen im Wert von über 150 Milliarden Mark. Ihre Tilgung würde mehr als die Einnahmen des letzten Friedensjahres verschlingen. Das wird die Geschichte der Stadt Naumburg materiell, finanziell, geistig und ideologisch tief beeinflussen und ausrichten.

Als erster Trupp kehrt am 14. November das aktive Feldbataillon Jäger 4 nach Naumburg zurück. In dasselbe gehen nach ihrer Auflösung die Reserve-Jägerbataillone 4 und 21 über (Waase 16).

"Bei der Rückkehr unserer tapferen Volksgenossen, die in schweren Kämpfen vier Jahre ihr mit ihrem Leben die Heimat geschützt [!] haben, ersuchen wir", ruft der Arbeiter- und Soldatenrat am 23. November 1918 die Bürgerschaft auf, "die .... Häuser durch Flaggen zu schmücken. Dabei sind besonders rote Fahnen zu benutzen. Wo nur die preußische und deutsche Flagge zur Verfügung steht, wird gebeten, diese Fahnen mit roten Schleifen zeitgemäß zu kennzeichnen."

"Nach 50 Monaten ist es Euch vergönnt," begrüsst der Magistrat die heimkehrenden Soldaten am 26. November 1918, "wieder in Eure Familie, die des Vaters und Sohnes so lange entbehren musste, dauernd heimzukehren. Die Freude der Eurigen ist auch die unsere! … Seid willkommen in Eurer alten Garnison Naumburg! Ihr kehrt in ein neues Vaterland zurück. Von Grund auf haben sich die Verhältnisse gewandelt, Altes ist gestürzt, Neues soll aufgebaut werden." Vergleichsweise klug gesetzte Worte, vor allem realistischer als die Ansprache von Friedrich Ebert (1918, 94 f.) am 10. Dezember 1918 vor dem Brandenburger an die Heimkehrenden Truppen, wo in einer Passage zu hören war:

"Eure Opfer und Taten sind ohne Beispiel. Kein Feind hat Euch überwunden. Erst als die Übermacht der Gegner an Menschen und Material immer drückender wurde, haben wir den Kampf aufgehoben …. Erhobenen Hauptes dürft Ihr zurückkehren."

Von keinem Feind überwunden? Ungeschlagen? Erhobenen Hauptes? Nach Langemarck, Gaskrieg und Verdun, den vielen Toten und den Fehlentscheidungen der Generalstabsstrategen? Es sind die Symptome einer unverstandenen Niederlage! Einer Niederlage, die man verstehen könnte, aber nicht verstehen will!

Wussten denn die Angehörigen der Soldaten und Offizieren, was der Krieg in Frankreich und an der Ostfront bedeutete? Daran darf man zweifeln. Die Situation schildert eindrucksvoll Ernst von Salomon (1902-1972) in Die Geächteten (1930, 23-27):

"In der Mitte des Dezember [1918] rückten die Frontruppen in die Stadt. Es war nur eine Division; sie kam aus der Gegend von Verdun. Auf den Bürgersteigen drängte sich die Menge. Einzelne Häuser zeigten schüchtern die schwarz-weiss-roten Fahnen. ....

Wir standen und warteten auf die Besten der Nation. ....

....

Die Soldaten marschieren .... Keine Fahne. Kein Zeichen des Sieges. Nun kamen schon die Bagagewagen. Das war ein ganzes Regiment. ....

Und wie ich diese tödlich entschlossenen Gesichter [bei der heimkehrenden Truppe] sah, diese harten wie aus Holz zurechtgehackten Gesichter, diese Augen, die fremd an der Menge vorbeisahen, fremd unverbunden, feindlich - ja, feindlich - da wusste ich, da überfiel es mich, da erstarrte ich

- - das war ja alles ganz, ganz anders,
das war ja alles gar nicht so,
wie wir es dachten, wir alle,

die wir hier standen, wie ich es dachte, jetzt und die ganzen Jahre hindurch, das musste ja alles ganz anders gewesen sein. Was wussten wir denn? Was wußten wir denn von diesen da? Von der Front? Von unseren Soldaten? Nichts, nichts, nichts wußten wir.

O Gott, dies war entsetzlich.
Das war ja alles gar nicht wahr; was hatte man uns erzählt?
Man hatte uns ja belogen, das waren nicht unsere Feldgrauen,
unsere Helden, unsere Beschützer der Heimat ....

Sie gehörten nicht zu uns, sie gehörten nicht zu den Roten .... Welch ein ungeheuerlicher Irrtum war es, der es vermochte, uns vier Jahre lang glauben zu machen, wir gehörten zueinander, welch ein Irrtum, der jetzt zerbrach."

Die soziale Lage der Kriegsteilnehmer ist deutlich schwieriger als es die öffentliche (An-) Sprache vermittelt. Wie und oder womit sollten oder wollten die Repräsentanten trösten? Wir haben uns geirrt. Der Platz an der Sonne war schon besetzt. Ob der Singularität der Ereignisse versagen alle bisher im politischen Betrieb gebräuchlichen Pattern. Über das Kriegsleid redet die Stadt nicht gerne. Verantwortliche fürchten einen Schock, der Unrechenbares mit sich bringt und die staatsbürgerliche Loyalität erodiert. Insoweit ähnelt die Situation der nach 1945 als man lange Zeit hinweg froh war, dass an den Verbrechen der Nationalsozialisten im unmittelbaren Lebensumfeld niemand rührte, brächte es doch nicht nur zusätzliche Unruhe, Ängste, sondern unerwünschte Fragen nach der moralischen Mitverantwortung hervor. Die Verhältnisse waren eh schon fragil.


Heimkehr (Originalüberschrift)


 

Die Tür` geht wieder auf in Heimathaus.
Wie anders ist`s als erstmals anzuschauen.
Und doch - ihr kommt aus Jahren voller Grauen.
Willkommen in der alten, grünen Auen!
Wir wollen treulich uns nach Gram und Graus
die Hände reichen und von neuem bauen!
(Originaltext)

Simplicissimus. 24. Jahrgang, Nummer 18, München, den 29. Juli 1919, Titelseite

 

Die Niederlage durfte nicht in das politische Bewusstsein dringen, ansonsten könnte es das Nationalbewusstsein zersetzen. Es herrschte also eine verwirrende Bewusstseinslage, die gleichzeitig vom Gefühl der Niederlage wie des Sieges beherrscht. "Wenn wir auch nicht so wiederkamen," artikuliert sie 1919 der in Naumburg stationierte Offiziersstellvertreter und ehemalige Kompanieführer der Ersatz-Radfahrerkompanie Karl Waase, "wie wir es uns einst beim Auszug ins Feld erträumt und gedacht, wenn wir auch nicht als Sieger heimkehrten,

als Unbesiegte fühlen wir uns vom 4. Jägerbataillon."

Der Frontgeist und falsche Patriotismus liess es nicht zu, die Niederlage einzugestehen. Vielen schlingerte der Kopf, wenn sie daran dachten:

"Die Toten des Krieges fielen doch nicht umsonst,
das durfte ja nicht sein, das war unmöglich."

Oft leiden die Unbesiegten unter kriegsbedingten traumatischen Erlebnissen, Ängsten und psychischen Störungen, müssen mit körperlichen Verletzungen, Verstümmelungen und Einschränkungen leben. Kriegerfrauen erhalten von der Stadt im städtischen Verwaltungsgebäude Seilergasse 6/10 monatlich eine Familienunterstützung. Was wurde aber aus ihren Lebensplänen und Träumen? 1081 Gefallene und Vermisste Naumburger hinterlassen Kinder, die geliebte Frau, Eltern, Geschwister und Freunde. In den Rumpffamilien treten bei den Zöglingen bisher nicht gekannte Störungen im Sozialverhalten auf. Alkoholismus und Geschlechtskrankheiten, oft mit prekären Lebensverhältnissen vergesellschaftet, breiten sich aus.

Der "unverstandene Krieg" äußert sich in der Entfremdung der Bürger gegenüber der Reichswehr, die im Februar / März 1919 in den Kämpfen von Zeitz und Halle aufbrechen. Die Enttäuschung über die Verhältnisse führte einige Frontkämpfer in die Reihen der Freikorps.

 

 

Wir machen Revolution!  nach oben

Reichskanzler Max von Baden (1867-1929) verkündet am 9. November 1918 die Abdankung Wilhelms II. (1859-1941) und überträgt sein Amt auf Friedrich Ebert. Gegen 14.00 Uhr ruft Philipp Scheidemann (2002, 101) (1865-1939) vom Westbalkon des Reichstages: "Das alte und Morsche ist zusammengebrochen. Es lebe die deutsche Republik." Kurz darauf proklamiert Karl Liebknecht (1871-1919) die Freie Sozialistische Republik Deutschland. Zuvor waren Richard Mülller (1880-1943) und Heinrich Dorrenbach mit ihrer renitenten Truppe durch die Innenstadt marschiert, um den Reichstag zu besetzen. Aus den komplizierten Verhandlungen zwischen Mehrheitssozialisten, Unabhängigen (USDP) Linkssozialisten und Vertretern des Soldatenrates geht am Nachmittag des 10. November das neue Reichskabinett hervor, der sechsköpfige Rat der Volksbeauftragten. (Vgl. Kolb 108)

 

„Die Revolution
begann hier am 8. November abends,“

berichtet am 21. Mai 1919 der 1. Bürgermeister an das Reichsamt des Inneren in Berlin. Die Soldaten in den Kasernen entfernen [am 8. 11.] die Rangabzeichen von den Uniformen, was ein schlimmes Trauma für das wilhelminische Establishment der Stadt.

Obwohl natürlich andererseits, zumindest in bestimmten Schichten der Gesellschaft längst Übereinkunft darin bestand, dass der Militarismus die Kultur der Stadt negativ und in unerwünschter Weise beinflusste, also hier einiges im Argen lag. Der für den Wahlkreis Liegnitz 8, Naumburg, von 1898 bis 1918 (mit Unterbrechung) tätige sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Adolf Thiele (1853-1925) wurde Anfang Juli 1900 vom Kriegsminister und Kriegervereinen vor die Hallenser Strafkammer gezerrt und angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, am 13. November 1898 im Hallenser "Volksblatt" unter dem Titel

"Die Naumburger Kriechervereine als Erzieher"

über die Abrichtung und Dresssur der Rekruten sowie Schnauzereien und Brüllereien in hiesigen Kasernenhöfen, berichtet zu haben. Das Gericht erkannte auf 100 Mark Geldstrafe oder 10 Tage Gefängnis wegen Beleidigung der Kriegervereine und Offiziere der preußischen Armee

Plünderungen gab es keine. Bis auf eine in der Herrenstraße am Geschäft Thams und Garffs eingeschlagenen Schaufensterscheibe sind keine derartigen Vorkommnisse bekannt. Tätliche Auseinandersetzungen sah man ebenfalls nicht. Übergriffe auf das Privateigentum? Fehlanzeige. Vom deutschen Ordnungssinn durchdrungen, weist der Arbeiter- und Soldatenrat an:

„Zweckloses Herumstehen und Hin- und Hergehen
auf den Straßen der Stadt ist verboten.“

 

 

 

Übersicht
Ereignisse in Naumburg (Saale) 1918/19

 

23. Oktober 1918
Der amerikanische Präsident Woodrow Wilson betont in seiner Note an die Deutsche Regierung, dass die Völker der Welt "kein Vertrauen zu den Worten derjenigen hegen und hegen können, die bis jetzt die deutsche Politik beherrschten".

26. Oktober 1918
In der Dritten Beratung des Gesetzesentwurfs zur Abänderung des Art. 11 der Reichsverfassung beschließt der Deutsche Reichstag den Übergang von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Regierungsform.

8. November, 21.00 Uhr
Soldaten in Kasernen entfernen ihre Kokarden und Schulterstücke

Leopold Heinrich besetzt mit den Jägern den Bahnhof:

9. November (Sonnabend)
14.00 Uhr: Treffen einiger Akteure bei Leopold Heinrich

Erste Verhandlungen zwischen Akteuren und dem Magistrat in der Stadtverwaltung

Berlin: Otto Wels (SPD) gewinnt die Naumburger Jäger für die Regierung

Naumburg: Wahl des Soldatenrates in der Jägerkaserne (Leopold Heinrich) und Artilleriekaserne (Adolf Schuster). (Bilder von den Kasernen.)

Etwas später wird Oberjäger Tillwichs Vorsitzender des Soldatenrates.

Reichskanzler Max von Baden (1867-1929) verkündet die Abdankung Wilhelms II. (1859- 1941) und überträgt sein Amt auf Friedrich Ebert. Um 14.00 Uhr ruft Philipp Scheidemann (1865-1939) die demokratische Republik aus, kurz darauf proklamiert Karl Liebknecht (1871-1919) die freie sozialistische Räterepublik aus.

10. November, Sonntag
Das Jägerbataillon 4 erhält den Befehl am Bahnhof (Naumburg) Frontzüge aufzuhalten. Nur durch das umsichtige Verhalten "verhandelnder Führer" (Waase 1919) kommt das mit 600 Gewehren am Bahnhof gefechtsbereite Bataillon nicht zum Einsatz und konnte Blutvergiessen verhindert werden.

Volksversammlung in der Reichskrone mit einem Referat von Fritz Drescher. Wahl des Arbeiterrates

"Die Stadtverwaltung unterstellte sich den Anordnungen des Soldatenrates, der somit die gesamte Gewalt an sich genommen hatte. Der übliche Geschäftsgang bei der Verwaltung nimmt aber seinen geordneten Verlauf." (Umsturz)

11. November
Aufruf des Arbeiter- und Soldatenrates an die Bürger Naumburgs

11. November
Der Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldaten-Räte ordnet an, dass alle Kommunalen, Landes-, Reichs- und Militärbehörden ihre Tätigkeit in ihrem Auftrag fortsetzen.

12. November
Der Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldaten-Räte wiederholt im Prinzip seine Anordnung vom 11. November 1918.

Das Naumburger Tageblatt registriert eine "Umsturzbewegung in Naumburg".

Ehemaliges Jägerkasino (2006). Ab Mitte November 1918 Sitz des Arbeiterrates

13. November
Volksversammlung in der Reichskrone mit Bernhard Düwell als Referenten

Wolf von Gersdorff (1867-1949), Regierungspräsident von Merseburg (1910-1920), anerkennt die vollziehende Gewalt der Arbeiter- und Soldatenräte. Zwei Tage später fordert er in einem Schreiben an die Landräte und Bürgermeister, dass keine Aufhebung der Gemeindevertretungen und städtischen Deputationen oder die Übertragung ihrer Befugnisse an revolutionäre Organe erfolgt.

14. November
Heimkehr des ersten Feldtruppenteils des aktiven Feldbataillons Jäger 4

Differenzen zwischen dem Rat der Volksbeauftragten und der Mehrheit des Vollzugsrates über Ausübung der exekutiven Gewalt.

16. November (Sonnabend)
Der Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldaten-Räte registriert und wehrt sich gegen die Fortsetzung der Regierungsgewalt im alten Trott. Er erlässt Anordnungen zur Absetzung derartiger Behörden und Beamte.

Im Schwarzen Roß konstituiert sich der Lehrerrat

Gründung der Ortsgruppe der USPD mit zirka 30 Mitgliedern

19. November
in Halle bildet
sich ein Bezirks Arbeiter- und Soldatenrat mit den Kommissaren Bernhard Düwell und Conrad Müller.

23. November
Die Arbeitsgemeinschaft der Bürger, kurz Bürgerversammlung, tagt unter Leitung von Justizrat Wallach im Saal der Reichskrone.

24. November
Rückkehr des Feldbataillons Jäger 4

Die neu gegründete Deutschnationale Partei (DNVP) wählt Oskar Hergt, geboren 1869 in Naumburg an der Saale, zu ihren ersten Vorsitzenden.

1. Dezember
Der Arbeiter- und Soldatenrat gibt die Einführung des 8-Stunden-Tages bei vollen Lohnausgleich bekannt, ein
Ergebnis der Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Unternehmer. Ihre Vereinbarung vom 15. November 1918 - das Legien-Stinnes-Abkommen - bestimmt unter Punkt 9: "Das Höchstmaß der täglichen Arbeitszeit wird für alle Betriebe auf 8 Stunden festgelegt."

2. Dezember
Am Nachmittag halten die Vertreter ("Interessenten") aller konservativen Parteien des Stadt- und Landkreises Naumburg im Schwarzen Ross eine Versammlung ab. Sie beschliessen die Auflösung aller konservativen Parteien und ihren sofortigen Beitritt zur Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Abends wird eine "politische Versammlung" in die Reichskrone einberufen. Es spricht Georg Schiele (Naumburg). Er stösst auf heftigen Widerspruch.

5. Dezember
Die Stadtverordnetenversammlung dekretiert den Aufbau einer kommunalen Erwerbslosenfürsorge.

5./6. Dezember
Aufruf des Arbeiter- und Soldatenrates zur Abgabe aller im privaten Besitz befindlichen Waffen

Ab 8. November
Rückkehr der Radfahrkompanien des Ersatz-Jägerbataillons Nr. 4:

Kompanie 162 am 8.12., Auflösung am 10.1.1919

Kompanie 56 am 9.12., Auflösung am 15.12.1918

Reserve-Radfahrkompanie 49 am 12.12., Auflösung am 20.12.1918

Reserve-Radfahrkompanie 79 am 12.12., Auflösung am 19.12.1918

16. bis 21. Dezember
Der Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte (Reichsrätekongress) tagt im Preußischen Abgeordnetenhaus zu Berlin und beschliesst die Teilnahme an den Wahlen zur Nationalversammlung. Er spricht sich damit für die Nationalversammlung und gegen das Rätesystem aus. Diese läutet das Ende der Arbeiter-Soldatenräte (ASR) ein. Der Stern der Räterepublik sinkt.

18. Dezember
Gründung der Ortsgruppe der Deutschen Demokratischen Partei in der Reichskrone

20. Dezember
Empfang des Jäger-Reserve-Bataillons Nr. 4 auf dem Markt von Naumburg

Verstärkung der Exekutive durch Militärpolizisten und Einrichtung der Revierwachen

Dezember
Teuerungszulage für die Beamten


12. Januar 1919
Demonstrationszug für die Republik, Umzug durch die Stadt

6. Januar
Aufruf der Deutschnationalen Volkspartei, Ortsgruppe Naumburg

15. Januar
Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (Naumburg) redet "vor einer außerordentlichen großen Zahl von Männern und Frauen aller Parteien" in der Reichskrone (Bismarckplatz).

19. Januar
Wahlen zur Nationalversammlung. Erstmals dürfen Frauen ihr Wahlrecht wahrnehmen. MSPD, Zentrum und DDP erringen zusammen die absolute Mehrheit. Sie bilden die Regierung unter Philipp Scheidemann (MSPD).

Regelung der Kommandogewalt und Stellung der Soldatenräte durch einen Erlass des Reiches.

26. Januar
Landtagswahlen

Dezember / Januar / Februar 1919
Konstituierung der Ortsgruppe des Spartakusbundes Naumburg. Umwandlung in KPD-Ortsgruppe.

11. Februar
Wahl von Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten durch die Nationalversammlung in Weimar

14. Februar
Rede von Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (Naumburg) als Sprecher der Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) vor der Nationalversammlung in Weimar

23. Februar
Die Konferenz der Bergarbeiter Mitteldeutschlands beschliesst im Volkspark von Halle den Generalstreik.

25. Februar
Streik in Naumburg. Landrat Hellmuth Carl Ernst August Freiherr von Schele fordert die ihm unterstellten öffentlichen Institutionen auf in den Abwehrstreik zu treten, falls die Arbeitsniederlegung nicht bis zum nächsten Tag Mittag 12 Uhr beendet wird.

2. März
Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung. Erstmals dürfen Frauen ihr Wahlrecht wahrnehmen.

7. März
Beendigung des Generalstreiks

18. März
Aufruf im Naumburger Tageblatt: "Spartakus holt zum letzten Schlage aus! Beschirmt Eure Frauen und Kinder! Schützt Haus und Herd, verteidigt Eure Zukunft!"

23. März
Wahlen zum Arbeiter- und Soldatenrat. Bürgermeister Karl Roloff wird als Mitglied gewählt und ihr Vorsitzender.

27. März
In der ersten Sitzung der Stadtverordneten wird Generalmajor Louis Schwarz (Kaiser-Friedrich-Platz 1) mit 20 von 36 möglichen Stimmen zum Stadtvorsteher gewählt.

Frühjahr
Anwerbung von Bürgerkriegs-Söldnern für das Landes-Jäger-Korps (Reichswehrbrigade XVI, Maercker).

18. Mai
Demonstration gegen den Vernichtungsfrieden

Ein Erlass des sozialdemokratischen Regierungskommissars und kommissarischen Oberpräsidenten Otto Hörsing vom 18. Mai 1920 erklärt die Arbeiter- und Aktionsausschüsse für aufgelöst.

Frühsommer
Die politische Stimmung schlägt in militanten Nationalismus um.

 

 

„Nachdem bekannt geworden war, dass die Revolution ausgebrochen ist“, blickt Karl Voigt (Jahrgang 1883, früher SPD-Mitglied) 1958 zurück, “versammelten sich die Soldaten in der neuen Kaserne. Hier wurde eine Versammlung durchgeführt und [ein] Soldatenrat gewählt. .... Aus den in Naumburg stationierten Soldaten wurde ein Revolutionsbataillon gebildet, welches Quartier im jetzigen Krankenhaus nahm.“ Gemeint ist damit die Wachkompanie des Arbeiter- und Soldatenrates (ASR). Die "alten Offiziere" trafen sich im Gasthaus Lämmerschwänzchen (Lindenring 12). "Es wurden Putschversuche vorbereitet. Offiziere hatten die Absicht, Artillerie auffahren zu lassen, .... [Der] Arbeiter- und Soldatenrat erhielt Nachricht von dieser Verschwörung. Sie liessen eine Kompanie des Revolutionsbataillons aufmarschieren und lösten die Gruppe auf." Hierzu liegen keine weiteren verlässlichen Nachrichten vor. Aber das der ASR einen Putsch befürchtete, kann seiner Erklärung vom 3. Dezember entnommen werden.

 

  

An die Bevölkerung und Soldaten von Naumburg und Umgebung
Erklärung des Arbeiter- und Soldatenrates vom 3. Dezember 1918

„Da unser eifrigstes Bestreben dahingeht, für Ruhe, Ordnung und Frieden zu sorgen, was wir momentan für unsere heiligste Pflicht halten, so ersuchen wir sämtliche Einwohner und Soldaten von Naumburg und Umgebung, sich unseren Anordnungen zu fügen. Wir warnen hiermit einen jeden, einen Putsch gegen den Arbeiter- und Soldatenrat zu unternehmen, wodurch Ruhe und Ordnung gestört werden und der Bruderkrieg heraufbeschwören würde, welchen wir vermeiden wollen. Wir weisen nochmals auf unser Standgericht hin und werden ohne Gnade bei Übertretungen vom selbigen Gebrauch machen.

Der Arbeiter- und Soldatenrat Naumburg
Heinrich Gasterstedt.“

 

 

Weil die Naumburger Jäger als besonders kaisertreu gelten, werden sie am 7. November zur Verstärkung der Berliner Garnison in Marsch gesetzt. Otto Wels (1873-1939) zieht sie am 9. November mit einer eindringlichen Rede im Hof der Alexanderkaserne (Berlin) auf die Seite der Regierung.

 

Soldatenrat

Gasterstedt
Kanonier Rother
Kanonier Schelzig
Feldwebel Teichmann

 

Am gleichen Tag geht der Rote König von Naumburg, so nennen seine Freunde später Leopold Heinrich aus der Dompredigergasse 16, durch die Straßen der Stadt. „In der Artilleriestraße, jetzigen [Thomas-] Müntzerstraße, begegnete er Soldaten aus der Kaserne, die ungeordnet und in fideler Stimmung durch die Straßen schlenderten und auf das Befragen des Genossen Heinrich, was das bedeutete erklären diese:

Wir machen Revolution.

Da in der Stadt selbst alles ruhig war, begab er sich nach dem Bahnhof. Bei einer Rücksprache mit Genossen Schwarz, Schriftführer bei der USPD, erfuhr er, dass die Partei selbst noch nichts unternommen hatte. Der Bahnsteig des Hauptbahnhofes war voller Jäger und dort verlas ein Unteroffizier ein Flugblatt mit dem Schlusssatz:

Es lebe die sozialistische Revolution.

 

Arbeiterrat - November 1918

Vorsitzender
Leopold Heinrich

Beisitzer
Schriftsetzer Max Ixmeier

Versorgungsausschuss
Tischlergeselle Gustav Flöhl
(Michaelisstraße 23,
später Siedlungshof 11)
und
Korrektor Franz Fuhrmann

Stadtverwaltung
Schneider Robert Manthey
(Große Jägerstraße 51)
und
Elektromeister Richard Fernschild
(Große Salzstraße 13)

Verkehrsausschuss
Schriftsetzer Friedrich Ulrich
und
Bauarbeiter Otto Fischer

Außerdem
Schwarz,
Louis Knauer
Weineck
und Bräutigam
von der SPD.

Schriftführer
August Winkler

 

Genosse Heinrich ergriff die Initiative und besetzte mit diesen Jägern zuerst das Bahnhofsgebäude und gab Anweisung, dass keine Arbeiter mehr nach auswärts in die Betriebe wie Leuna befördert werden dürfen. Er ließ dort die Wachen zurück und zog mit den anderen Jägern nach der Jägerkaserne, wo er als Wache nur einen Jäger antraf. Auf eingehendes Befragen desselben, stellte sich heraus, dass die Oberjäger der Kaserne in den Kellern versteckt waren, während die Offiziere die Kaserne verlassen hatten. Auch hier gelang es Heinrich, die Oberjäger für die revolutionäre Bewegung zu gewinnen. Mit ihnen besetzte er dann die anderen öffentlichen Gebäude, wie Rathaus, Post und so weiter. Die bürgerliche Zeitung Das Reichsblatt wurde sofort unter Zensur gestellt. Da der Genosse Heinrich alle Anordnungen als Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates traf, ohne dass einer bisher gewählt worden war, ging er dazu über, durch Versammlungen in den Kasernen den Soldatenrat zu bilden. Heinrich selbst übernahm die Wahlen der Soldatenräte in den Jägerkasernen, während der aus Berlin stammende und sich in der Kaserne Weißenfelser Straße stationierte Adolf Schuster die Wahl in den Artilleriekasernen durchführte. Er war der Initiator dort und entfaltete unabhängig von der Tätigkeit Heinrichs, eine revolutionäre Bewegung und organisierte die erste Soldatendemonstration mit der Roten Fahne in Naumburg (Saale).“

Im Unterschied zu Eugen Wallbaum datiert Leopold Heinrich dieses Ereignis auf den 8. November, wenn er berichtet:

"Freitag gegen 21 Uhr war ich auf dem Bahnhof. Auf den Bahnsteigen befanden sich viele Jäger der Naumburger Garnison. Ein Unteroffizier der Artillerie verlas ein Flugblatt. Es schloss mit den Worten: Es lebe die Revolution! Hier griff ich ein und erklärte den Soldaten, was jetzt zu tun sei. Es galt, den Bahnhof zu besetzen und die Abfahrt nach Leuna zu verhindern. Die übrigen Jäger nahm ich mit zur Jägerkaserne, um dann noch das Postamt, das Rathaus, die Druckerei Sieling, die Kadettenanstalt und das Munitionsdepot zu besetzen. Dann gingen wir durch die Straßen und kontrollierten, ob alles in Ordnung war."

Andreas Nöding (Naumburg), damals in der Kanonierkaserne in der Weißenfelser Straße stationiert, hinterliess die Nachricht:

"In dieser Nacht vom Freitag zum Sonnabend, gegen 1 Uhr, blies der Hornist Alarm. Als sich alle auf dem Hofe versammelt hatten, stieg ein Kanonier auf den Tisch und teilte mit, dass ein Arbeiter und Soldatenrat gebildet sei und dass die Offiziere nichts mehr zu sagen hätten." (Zur Vorbereitung)

Vorstand der SPD-Ortsgruppe
Naumburg (1928)

Aber so spontan wie in diesem Bericht der Umsturz erscheint, ist er denn doch nicht. Zum einen findet bereits Ende Oktober in Naumburg eine SPD-Versammlung statt, in der eine scharfe Resolution für den Frieden angenommen wird (vgl. Leopoldt 144). Zum anderen traf sich am Vortag eine Gruppe von Sozialdemokraten bei Leopold Heinrich zum Gespräch, um über die jüngsten Ereignisse zu beraten. Es ist nicht unrealistisch, darauf zu spekulieren, dass hierbei auch die Versammlung mit dem SPD-Bezirkssekretär aus Halle vorbereitet - oder doch noch einmal besprochen wurde, die am 10. Oktober in der Reichskrone stattfindet.

In den Kasernen wählt man am Sonnabend (9. November) den Soldatenrat.

"Die Stadtverwaltung unterstellte sich den Anordnungen des Soldatenrates, der somit die gesamte Gewalt an sich genommen hatte. Der übliche Geschäftsgang bei der Verwaltung nimmt aber seinen geordneten Verlauf." (Umsturz)

In der Jägerkaserne unterstützte Leopold Heinrich und in der Artilleriekaserne Adolf Schuster die Wahl des Soldatenrates. Hierbei gab es einige Plänkeleien mit den Offizieren.

Die ersten Deklarationen und Anordnungen vom Arbeiter- und Soldatenrat (ASR), als er alle wichtigen Institutionen, darunter die Stadtverwaltung und das Kadettenhaus besetzt (vgl. Blüthgen 1958) hält, sind vom Maler Leopold Heinrich und vom Feldwebelleutnant [Ernst] Gasterstedt (Oststraße 29) unterzeichnet.

 

 

Bismarckplatz mit Reichskrone (links). Zeichnung um 1928 von Unbekannt.

 

Am Sonntagnachmittag,

10. November,

findet in der Reichskrone die Wahl des Arbeiterrates statt. Gekommen sind Bürger, Soldaten und Arbeiter. Männer dominierten stark die Verammlugn. Zunächst gibt Fritz Drescher als Referent einen Überblick über die politische Lage.

 

Fritz Drescher

"1904 in Dresden geboren, in Halle aufgewachsen, Sozialdemokrat seit 1921, Zeitungsredakteur und kaufmännischer Angestellter. Bald nach der Machtergreifung Adolf Hitlers war er wegen einer Flugblattaktion erstmals zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden. 1936 folgten erneut Verhaftung und Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu vier Jahren Zuchthaus, die er bis 1940 verbüßte. 1945 zählte Fritz Drescher zu den Wiederbegründern der SPD im Regierungsbezirk Halle-Merseburg, wo ihn die Sowjetische Militäradministration als Vizepräsidenten der Bezirksregierung einsetzte. Zwei Jahre später wechselte er in das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft der Landesregierung von Sachsen-Anhalt. Wegen seiner Kontakte zum Ostbüro der SPD in West-Berlin wurde er 1948 von der sowjetischen Geheimpolizei festgenommen und im Juni 1949 vom sowjetischen Militärtribunal in Halle wegen Spionage, sozialdemokratischer Gruppenbildung und antisowjetischer Propaganda zu 25 Jahren Zwangsarbeitslager verurteilt."

(Eisenfeld 10. Siehe auch Beatrix Bouvier: Fritz Drescher)

 

Die Niederlage im Krieg, führt er aus, bedeutet den Sieg der Freiheit. Demokratie ohne Freiheit gibt es nicht. In Berlin stellte sich das Jägerregiment aus Naumburg auf die Seite des Volkes. Der Soldat übernimmt nun andere Aufgaben als im Krieg. Er soll die Freiheit schützen. Für den Redner bedeutet die

„Niederlage Deutschlands den Sieg der deutschen Freiheit“. „Was diese Bürgerkreise verlören, sind nur Äußerlichkeiten, sie gewännen aber die brüderliche Zuneigung der breiten Massen. Und die Arbeiter gewännen zwar keinen reich gedeckten Tisch, aber ein menschenwürdiges Dasein …“

Die weitere Aussprache am 10. November kreist um die dringendsten Tagesaufgaben: Verhinderung der Hamsterei, Unterbindung von Schleichhandel, Sicherstellung der Lebensmittel- und Kohleversorgung, den Gegenangriff auf die Preistreiberei (z.B. bei Obst) und Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit durch bewaffnete Patrouillen.

Dann unterbreitet Feldwebel Feldmann die Vorschläge für den Soldatenrat: Feldwebelleutnant Gasterstedt, Kanonier Rother, Kanonier Schelzig und Vizemachtmeister Frohn. Wie die Aussprache erbrachte, steht der Soldatenrat zunächst vor folgenden Aufgaben: Wahl der Offiziere und Unteroffiziere durch die Mannschaften, Reform des Militärgesetzbuches, Änderung des Beschwerderechts und die Entbindung von der Grusspflicht außerhalb des Dienstes. Kanonier Schelzig tritt mit der Bemerkung hervor, die sozialistische Republik sei das Idol der Revolution.

"Die Revolution verlief in Naumburg in ruhigster Weise", fasst Karl Waase 1919 in Die Naumburger Jäger im Weltkriege (116) die Ereignisse zusammen, "reife und umsichtige Männer waren zu Führern gewählt und der Vorsitzende des Soldatenrates (Oberjäger Tillwichs) verstand es, Ruhe und Ordnung zu halten, Vertrauen der Arbeiter und Bürgerschaft zu erringen und den goldenen Mittelweg einzuschlagen." Die Kandidaten für den Arbeiterrat wurden einstimmig gewählt. Der Vorschlag für den Soldatenrat erhielt zwei Gegenstimmen. Das Personaltableau bewerten die Autoren der Geschichte der KPD - Bezirksorganisation Halle-Merseburg bis 1933 (38) kritisch: "In wichtigen Arbeiter- und Soldatenräten des Bezirks, in Zeitz, Bitterfeld und Naumburg beispielsweise, entsprachen Zusammensetzung und Politik der Arbeiter- und Soldatenräte nicht den Interessen, wie sie demonstrierende Arbeiter in ihren Forderungen zum Ausdruck brachten." In dieser Einschätzung äussert sich Unzufriedenheit mit dem revolutionären Elan des Naumburger Arbeiter- und Soldatenrates. Sie relativiert sich, wenn man dessen objektiven Voraussetzungen in Betracht zieht. In Stichworten ausgedrückt: a) Naumburg eine Garnisonsstadt mit starker Militärkonzentration, b) Habitus als Beamten- und Gerichtsstadt, c) Dominanz deutschnationaler Kräfte und d) Festhalten des Establishments an der wilhelminischen Politik- und Alltagskultur.

 

In den Abendstunden des

13. November

treffen sich in der Reichskrone am Bismarckplatz (Theaterplatz) die Bürger zur größten Volksversammlung, die Naumburg bis dahin gesehen hat. Darin kommt das enorme Interesse am demokratischen Umschwung zum Ausdruck. Als Referent reist aus Zeitz der USPD-Politiker Bernhard Düwell an. Er sieht den Sonnenaufgang einer deutschen Republik heraufziehen und prophezeit: Morgen erwachen wir in einem neuen Staatengebilde. Anordnungen des Arbeiter- und Soldatenrates (ASR) tragen jetzt Gesetzeskraft. Eine sozialdemokratische Regierung ist ernannt. Mit dem Kaiser war dieser Wandel nicht möglich. Die Bedingungen des Waffenstillstandes gelten dem alten System, nicht aber dem deutschen Volke, was bei einigen Zuhörern auf Widerspruch stösst. Über die Regierungsform muss das ganze deutsche Volk nach der Demobilisation in der Nationalversammlung entscheiden.

Preussischer Hof um 1910, Marienstrasse 35

Der Redner verliesst in der Reichskrone ein Schreiben des Regierungspräsidenten von Merseburg Wolf von Gersdorff (1867-1949), worin er die vollziehende Gewalt der Arbeiter- und Soldatenräte anerkennt. Zwei Tage später fordert der Regierungspräsident in einem Schreiben an die Landräte und Bürgermeister, dass keine Aufhebung der Gemeindevertretungen und städtischen Deputationen oder die Übertragung ihrer Befugnisse an revolutionäre Organe erfolgt.

An diesem Abend offeriert das Mitglied des Bezirks-ASR Bernhard Düwell eine politische Operationsplanung, die den planmässigen Übergang von den ASR zur Nationalversammlung zumindest für möglich hält, was den Plänen der Regierung entgegenkommt. Im kommenden Frühjahr führt dies in der USPD zu heftigen Streit. Die Erfahrungen mit dem Betriebsrätegesetz (13. Januar 1919), Mitteldeutschen Bergarbeiterstreik (ab 24. Februar 1919) und der Sozialisierungsfrage verändern die politische Einstellungen und Haltung. Die Forderungen der Revolution geraten ausser Sichtweite, weshalb sich Bernhard Düwell am 19. Januar 1919 energisch gegen die Abschaffung der ASR ausspricht.

Heute - am 13. November - herrscht in der Reichskrone Versammlungsfreiheit und eine hoffnungsvolle Stimmung. Eine Zensur gibt es nicht. Jeder kann schreiben, was er will. Jeder kann die ASR angreifen, ihm wird nichts in den Weg gelegt, betont der Referent. - Im Anschluss an seine Rede kommt es zu einer lebhaften Diskussion über die zurückliegenden Ereignisse und die Ursachen der Revolution.

Das Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates Grafe spricht über den Kaiser, seine Rittergüter, Schlösser, Burgen. Er kritisiert die parasitäre Lebensweise der Reichen im wilhelminischen Zeitalter, zerstört die Mythen vom Friedensfürsten und Volkskaiser. In die Leerräume rückt er gleich neue Illusionen ein: "Jetzt sei die Zeit gekommen, wo der Arbeiter zu Ehren gelangen kann." Zumindest konnte Bernhard Düwell in der Reichskrone versprechen, dass am 1. Januar 1919 der 8-Stunden-Tag in Kraft tritt.

Stadtverordneter Bartholomäi prangert die Sünden der früheren Regierung an. Ausserdem wirft er die Frage nach der Zusammensetzung des ASR auf. Er will ihn durch Aufnahme weiterer Berufsgruppen erweitern. "Selbstverständlich bestehe der Rat nur aus Arbeitern", antwortet der Rote König (Leopold Heinrich, USPD), "denn sie seien es allein, die sich befreit hätten, sie vertreten aber auch die Interessen aller anderen."

Amtsrichter Pauly präsentiert das gebildete Bürgertum und artikuliert die in seinen Kreisen weit verbreitete Sorge, dass die Wirtschaftsordnung zusammenbrechen könnte.

Als Sitz des ASR dient zeitweise der Preussische Hof. Im

Aufruf an die Bürger Naumburgs

vom 11. November 1918 informiert er über die dringendsten Aufgaben und Verhaltensregeln: Er hat die Macht übernommen, stellt die Sicherheitspatrouillen, kontrolliert die Zugangswege zur Stadt und bekämpft die Plünderer. Schulkinder dürfen nach 5 Uhr abends nicht mehr auf der Strasse sein. Jugendliche unter 18 Jahren sollen nach der Arbeit sofort nach Hause gehen und die Wohnung nicht mehr verlassen. Alle Bürger sollen ihrer normalen Arbeit nachgehen.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 1918 bestimmt der ASR, dass sämtliche im Privatbesitz befindlichen Waffen am 5. und 6. Dezember von 8 bis 12 Uhr im Artilleriedepot Weissenfelser Straße abzugeben sind. Nach der Wahl schritt man gemeinsam zur Kundgebung auf den Markt, wo Bernhard Düwell (USPD) eine Ansprache hält.

 

Am Freitag, den 15. November, steigt auf dem Marktplatz eine Soldaten-Versammlung. Nachmittags ziehen Tausende durch die Stadt. Ein USPD-Mann spricht am Marientor zu den Bürgern.

 

Schwarzes Roß
(vielleicht um 1925)

Am Sonnabend, den 16. November drängen viele Bürger zur Versammlung des Naumburger Lehrer-Rats in das Schwarze Roß. Der Saal kann nicht alle aufnehmen, die gekommen sind. Ernst Heinrich Bethge, Studienrat Flemming, Lehrer Fischer, Seminarlehrer Bonitz und andere wollen eine Volkshochschule gründen. Der Lehrerrat steht dem Arbeiter-Soldaten-Rat für alle Fragen der Volksbildung zur Verfügung. Er will in dem tiefgreifenden Wandlungsprozess der Stadtgesellschaft eine gebührende Stellung der Kopfarbeiter gesichert sehen und schul- und staatspolitische Ziele demokratisch artikulieren.

Der Lehrer-Rat betätigte sich, und es scheint, dies war seine bedeutendste Tat, als Geburtshelfer der Volkshochschule (VHS) Naumburg. Sie wurde am Montagabend, den

29. September 1919

im Ratskeller eröffnet. Ein fulminantes Entrée boten en bloc die Männerchöre und Männer-Gesangsvereine der Stadt mit O Isis und Osiris aus Mozarts "Zauberflöte". Den Reigen der Redner eröffnete Ernst Heinrich Bethge vom Arbeitsausschuss des Lehrer-Rates. Überzeugend legte er die Aufgaben der Volkshochschule dar. Anschliessend überbrachte ein Vertreter der Partnerinstitution aus Jena herzliche Grußworte. Auf ihn folgte Bürgermeister Roloff, der eine tatkräftige administrative Unterstützung des Projekts durch den Magistrat der Stadt versprach. Lebhaftes Interesse kündigte der Gesandte des Gewerkschaftskartells Gustav Flöhl (Michaelisstraße 23) an. Die Arbeiterschaft, sagte der Stadtverordnete und Tischlergeselle, wird es zur Ehre gereichen, diese Schule zahlreich zu besuchen. Erschienen war auch der Direktor des Domgymnasiums Doktor Bruno Kaiser und die Vertreter der höheren Schulen der Stadt. Ersterer liess es sich nehmen, in weiterführender Weise über den Auftrag der VHS zu referieren. Vor allem, die Bildungseinrichtung ist kein Terrain für Parteiengezänk. Alle schienen dem abschließenden gemeinsamen Auftritt der Männerchöre und Männer-Gesangsvereine entgegen zu fiebern.

 

Am 23. November ruft die

Arbeitsgemeinschaft der Bürger

zur Beratung über die Revolutions-Ereignisse in die Reichskrone. Schon eine Stunde vorher gibt es nur noch Stehplätze. Hunderte und Aberhunderte hoffen noch vor dem Haus auf Einlass, müssen aber schließlich aufgeben. Versammlungsleiter Justizrat Ludwig Wallach (Charlottenstrasse 1 E) eröffnet die Versammlung. Er begrüsst, dass das Bürgertum aus seinem Schlaf erwacht ist. Rechtsanwalt Paul Herrmann hält die Einführungsrede. Zur Diskussion sprechen unter anderen General der Artillerie a. D. Roehl, Lehrer Ernst Heinrich Bethge, Oberpfarrer Neumann und Stadtverordneter Bartholomäi. Die Versammlung verabschiedet eine für Naumburger Verhältnisse beachtliche Entschliessung:

„Die Bürgerschaft Naumburgs ist mit der derzeitigen Reichsregierung und der Mehrzahl der Arbeiter- und Soldatenräte [ASR] einig in dem Bestreben, mit tunlichster Beschleunigung die Einberufung einer aus allgemeinen Wahlen des Volkes gebildeten Nationalversammlung vorzubereiten, die über die Neugestaltung Deutschlands auf demokratischer Grundlage beschließt und den endgültigen Frieden mit unseren Feinden, Ruhe und Gesetzlichkeit im Inneren herstellt.“

Den Text verfassten: Buchbinderobermeister Alexander Schmidt (Große Marienstraße 11), Schneiderobermeister Schmidt, Kunstglaser Müller, Straßenbahnschaffner Gotthilf Ehrlich und Frau (Große Marienstraße 32), Lehrer Richard Trost (Hallische Straße 58), Oberpostschaffner August Barmann (Eckhardtstraße 3 E), Bäckermeister Otto Teutsch (Große Salzstraße 31 E), Tischlermeister Karl Neuber (Michaelisstraße 91 E), Rektor Zahn, Magistratssekretär Hoppe, Gärtnereibesitzer Alwin Löther (Weißenfelserstraße 5 E), Malermeister Gustav Müller und Kaufmann Victor Artes (Herrenstraße 19).

Doch diese Ziele werden vom nationalkonservativen, völkischen und nationalprotestantischen Bürgermilieu bald aufgegeben und durch die DNVP, Wehrwolf, Jungdo und Stahlhelm neu formatiert.

 

Ab 1. Dezember 1918 erhöht das Kriegsernährungsamt per Weisung die Mehlration um 40 Gramm.

In der Bürgerschaft kommt Verbitterung über die unzureichende Lebensmittelversorgung auf. Obwohl der Magistrat weiter um eine gleichmäßige Verteilung bemüht ist, wächst der Unmut und Zorn der Bürger. 17 Stadtverordnete, denen dies große Sorgen bereitet, treffen sich Mitte Juni 1918 zu einer außerordentlichen Stadtverordnetensitzung und beraten über ein besseres System der Rationierung der Lebensmittel. Fortan wollen sie der Hetze und den unberechtigten Vorwürfen, gegenüber der Stadtverwaltung entgegentreten.

Im Frühsommer 1919 schlägt die politische Stimmung um. Unter der Losung

Marktfreiheit und Freizügigkeit!

fromuliert am 19. Februar 1919 der völkisch-deutschnationale Politiker Georg Schiele (Naumburg) im Naumburger Tageblatt seine Antwort: Nur die Wiederbelebung des freien Marktes kann die Nahrungsmittel hereinlocken mit denen wir die Hungermonate überstehen können.

Jetzt können die Bürger wieder ohne Bezugsschein Scheuer- und Taschentücher, Manschetten, Korsette, Schlafsachen für Männer, ungefütterte Bettüberdecken, Spielwaren, Spitzenstoffe, Tülle, Gürtel, Gamaschen, Herrenwesten und Matratzen kaufen. Bett- und Badewäsche wurde bisher nur für Kranke, Wöchnerinnen und Säuglinge ausgegeben. In Ausnahmenfällen gibt es noch Hand- und Geschirrtücher, die nun jeder wieder frei erwerben kann. Frauen und Mädchen erhalten bis 8. Januar 1919 zwei Bezugsscheine für Oberkleidung. Der eine gilt für Fertigware oder Stoff. Auf den anderen erhalten sie einen Mantel. Zusätzlich kann auf Antrag ein Knaben- oder Herrenwintermantel gewährt werden.

Zum 2. Dezember 1918 wird das Tanzverbot aufgehoben.

Für die Beamten gibt es vor Weihnachten schnell noch eine Teuerungszulage.

"Draußen liegen noch Massen von Kartoffeln und unzählige Massen von Zuckerrüben. Wir müssen wieder an die Arbeit. Aber wie?", rätselt am 2. Dezember 1918 Doktor Georg Schiele in der Reichskrone. Der Kaiser im Exil, die Krieger des totalen Krieges erschöpft und der Sieger von Tannenberg sprachlos. Keiner vermochte die Zivilgesellschaft aufzurütteln. Da proklamiert der Arbeiter- und Soldatenrat:

Sozialismus ist Arbeit.

Und sie, die sozialistische Idee mobilisierte erhebliche Teile der Bevölkerung zum Aufbau einer stabilen Wirtschaft.

Am 5. Dezember beschliesst die Stadtverordnetensitzung den Aufbau einer kommunalen Erwerbslosenfürsorge. Für die Ausführung von Notstandsarbeiten in der Seilerhohle, Camburger Straße, zur Ausbesserung des Flemminger Weges und für den Abbruch des alten Brennofens an der Halleschen Straße stellt sie 50 000 Reichsmark zur Verfügung.

 

Der Arbeiter- und Soldatenrat  nach oben

Am 1. Dezember gibt der Arbeiter- und Soldatenrat (ASR) in Naumburg die Einführung des Achtstundentages bekannt. Auf der Versammlung am 25. Januar 1919 im Ratskeller protestiert der Jäger-Soldatenrat gegen die Herabsetzung als willenlose Werkzeuge in der Hand der Offiziere, wie es die Bestimmungen des Armeeverordnungsblattes Nr. 82 vorsehen.

Am 20. Dezember 1918 kehren weitere Truppen aus Feindesland in die Stadt zurück. Der Kommandeur des Reserve-Jägerbataillons-Nr. 4 besteht darauf, die auf dem Rathaus wehende rote Fahne einzuholen. Andernfalls will er auf den Aufmarsch zu Ehren für die heimkehrenden Soldaten und Offiziere auf dem Markt verzichten. Prompt erklärt der Arbeiter- und Soldatenrat:

"Die Fahne ist nach Beendigung der Feierlichkeiten sofort wieder gehisst worden und bleibt gehisst. Wir warnen aber nochmals dringend vor Unbesonnenheiten, die nur zu Blutvergießen führen könnten, da wir mit großer Schärfe gegen jeden Versuch, die Fahne herabzuholen, einschreiten werden. Nach einem Befehl des Kriegsministeriums ist die Beflaggung öffentlicher Gebäude mit der roten Fahne zulässig. - Die Fahne wird bewacht." (21.12.1918)

 

Weimarer Verfassung

Artikel165

(1) Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen, gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken. ...

(2) Die Arbeiter und Angestellten erhalten zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie in nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichsarbeiterrat.

....

(4) Sozialpolitische und wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe von grundlegender Bedeutung sollen von der Reichsregierung vor ihrer Einbringung dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt werden. Der Reichswirtschaftsrat hat das Recht, selbst solche Gesetzesvorlagen zu beantragen. Stimmt ihnen die Reichsregierung nicht zu, so hat sie trotzdem die Vorlage unter Darlegung ihres Standpunkts beim Reichstag einzubringen. Der Reichswirtschaftsrat kann die Vorlage durch eines seiner Mitglieder vor dem Reichstag vertreten lassen.

(5) Den Arbeiter- und Wirtschaftsräten können auf den ihnen überwiesenen Gebieten Kontroll- und Verwaltungsbefugnisse übertragen werden.


(6) ....

 

Vom 16. bis 21. Dezember 1918 tagt im Preußischen Abgeordnetenhaus zu Berlin der Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte. Er spricht sich für die Nationalversammlung und gegen das Rätesystem aus, womit eine Vorentscheidung für die Linie von Friedrich Ebert gefallen ist. Mitte-Ende Dezember überschreitet die ASR-Bewegung ihren Zenit, was unterschiedliche Ursachen hat und keineswegs allein ein Ergebnis des Reichskongresses war.

(A) Der politische Gegner brandmarkt das Projekt als Bolschewismus oder Werk radikaler Anti-Kapitalisten. Eigentlich war es etwas anders. "Der Rätegedanke schlug damals," bringt Richard Müller (1880-1943) 1918 zu Papier, "aus den Verhältnissen geboren, in Deutschland seine ersten Wurzeln." Gemeint war damit ein Netzwerk von Vertrauensleuten des Deutschen Metallarbeitervereins (DMV) - die revolutionären Obleute. Als Karl Liebknecht am 28. Juni 1916 wegen versuchten Kriegsverrats, Ungehorsam und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus und Entfernung aus dem Heer verurteilt wurde, überraschten sie die Polizei, Militärbehörden und Gewerkschaften mit einem Streik. Daran nahmen 55 000 Arbeiter der Berliner Rüstungsbetriebe teil.

(B) Die Konservativen befürchten, dass das Rätesystem das Unternehmertum zerstört und die Wirtschaft desorganisiert. Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (Naumburg) klagt am 27. März 1919 in der Nationalversammlung: "Die Arbeiter- und Soldatenräte greifen fortgesetzt in die lokale Verwaltung ein, sie tragen wesentlich zur Desorganisation der lokalen Verwaltung bei und erlauben sich die allergrössten Übergriffe."

(C) Oftmals überzeugen die Antworten der Promotoren der Arbeiter- und Soldatenräte Bewegung nicht. Von mal zu mal erscheinen ihre organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitungen des Projekts unzureichender. Die Apostel des Räteglaubens waren unfähig "eine wirkliche Organisation der Massen vorzubereiten" (Prager 1921, 24).

Grenzen werden sichtbar, als viele Aktivisten vor den Organisationsaufgaben, zum Beispiel in der Stadtverwaltung, zurückschrecken. Sie fühlen sich überfordert, sind darauf nicht vorbereitet. Schon der Versuch von Leopold Heinrich, das nationaldeutsch ausgerichtet Naumburger Tageblatt nach dem 10. November zu kontrollieren, scheitert nach drei bis vier Tagen. Den Akteuren des November 1918 mangelt es oft an der erforderlichen Schul- und Fachbildung, was noch heute vielen schwer fällt einzusehen, weil sie fürchten, dass man daran unschöne Werturteile heftet. Dem gesellschaftlichen Engagement und Mut eines Malers, Schneiders oder Schlossers tut es in Wahrheit aber keinen Abbruch.

(D) Von den Gewerkschafts- und SPD-Führern erhält das Räteprojekt keine Unterstützung. Sie wittern in der dritten Organisationsform - neben den Parteien und Gewerkschaften - eine Gefahr für ihre Macht. Sie fürchten, dass sie zur Konkurrenz für die etablierten Betriebsgewerkschaften heranwachsen könnten. Tatsächlich agierten die von Richard Müller organisierten revolutionären Obleute unabhängig von den offiziellen Gewerkschaften und stellten alle bisher "gemachten Erfahrungen einfach auf den Kopf" (Müller). Nicht von ungefähr erteilt der ADGB-Vorsitzender Carl Legien, der im Krieg den Beschluss zum Streikverzicht unterstützte, Anfang Februar 1919 dem Rätesystem eine Absage. So kam es, dass nur ein Teil der Linken im Rätesystem ein Mittel zur Überwindung des kapitalistischen Klassenstaates und Verwirklichung des Sozialismus sahen.

(E) Am 5. Dezember 1916 trat das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst in Kraft. Mitzusprechen hatten die Arbeiter und Angestellten trotzdem nichts. Die Geschäftsführung war in den Händen der Kapitalisten, was schlechterdings nicht anders möglich war. Das Verhältnis der Gewerkschaftsmitglieder zu ihren Funktionären an der Basis war oft angespannt. Denn Mitgliedern war es unmöglich gemacht, unangenehme Gewerkschaftsführer zu ersetzen. Deshalb besteht an der Basis das Verlangen, so bringt es Bernhard Düwell am 13. März 1919 der Nationalversammlung nah, neue Organe damit zu beauftragen, "einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zur Sozialisierung zu tun." Anders gesagt, viele trauten den Gewerkschaften die Sozialisierung nicht zu. Um es mit den Worten des Redners zu formulieren: "Die Arbeiterschaft gibt sich also in Bezug auf die Arbeit der Gewerkschaften nach dem Kriege, insbesondere aber im Interesse der Sozialisierung keinen Illusionen hin."

(F) Nach den Wahlen zur Nationalversammlung gerät das Fortbestehen der ASR zu einer reinen Formsache. "In einer Berufsversammlung [im Februar in Naumburg] wurde angeregt, dass der Arbeiter- und Soldatenrat seine Auflösung beschliessen möge, da doch seine ursprüngliche Aufgabe, die Kontrolle der Behörden, jetzt erloschen sei, da wir eine ordentlich gewählte Nationalversammlung, Landesversammlung, und bald auch Stadtversammlung haben." (Generalstreik) Ende Februar erfolgt seine Umbildung in einen Vertrauensrat. Es kündigt sich das Ende der ASR an. Sie werden wieso überflüssig, wenn die Nationalversammlung am 19. Januar 1919 in Weimar ihre Tätigkeit aufnimmt, argumentiert die Regierung, und beabsichtigt, unterstützt vom Aufruf der Partei und SPD-Parlamentsfraktion am 1. März 1919, die Umwandlung der Arbeiterräte in Betriebsräte.

Die

Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte
des Bezirkes Merseburg
vom 4. bis 5. Februar 1919

schwimmt gegen den Strom. Unter den 250 bis 300 Teilnehmern sind Wilhelm Koenen (Halle), Bernhard Düwell (Zeitz) und Fred Oelssner (Weißenfels). "Es ist das absolute Recht der Revolution", paukt Düwell den Teilnehmern ein, "sich zu behaupten; sie darf sich nicht abmurksen lassen." "Die A.- und S.-Räte dürfen erst dann abtreten, wenn die Forderung der Revolution erfüllt sind." (Hallesches Volksblatt, 30. Januar 1919) Koenen referiert zur Sozialisierung der Großbetriebe. Zum Ende hin beschliesst die Konferenz die Richtlinie für die örtlichen Arbeiterräte. Darin beansprucht der Bezirksarbeiter- und Soldatenrat "alle verfügende und ausführende Gewalt für den Regierungsbezirk Merseburg". Daraus spricht Unverdrossenheit und Kampfeswille, aber auch Voluntarismus.


Am 23. März 1919 stehen in Naumburg die

Wahlen zum Arbeiterrat

an. Daran können alle Frauen und Männer teilnehmen, die über zwanzig Jahre alt sind und deren Jahreseinkommen nicht 10 000 Mark übersteigt. Das Wahlbüro befindet sich am Topfmarkt 11 in den Räumen von Rechtsanwalt Patzschke. SPD, USPD und die bürgerlichen Parteien erstellen jeweils eigene Wahllisten. Für die Bürgerlichen kandidieren der Bürgermeister, ein Amtsgerichtsdiener, Eisenbahnbeamter, Aufwärter am Kadettenhaus, Handlungsgehilfe, Postsekretär, Oberlehrer, Arbeiter und eine Lehrerin. Ihre Liste trägt den Namen Brodengeier, Emil Brodengeier, Eisenbahnschlosser, Markgrafenweg 7. Otto Fischer (Naumburg) von der USPD, riecht hier Manipulation, weshalb er sofort nachfragt:

"Seit wann sind die Beamten, vom Bürgermeister bis herunter zum Amtsgerichtsdiener, die berufenen Vertreter des werktätigen Volkes?"

Natürlich unterscheiden sich Beamte und Arbeiter durch ihre Herkunft, Bildung, Qualifikation und Einkommen. Demzufolge ist ihre soziale und ökonomische Lage grundverschieden. Zudem entfaltet der Beamtenstand zur Aussenabgrenzung und Schutz seiner Privilegien ein dünkelhaftes Benehmen, was wiederum zur Ausdifferenzierung von Habitus, Riten und Manieren führt. Interessanterweise sprach dies Rechtsanwalt Paul Hermann auf der Bürgerversammlung im November 1918 in der Reichskrone an. Er kritisierte den herrschenden Kastengeist und warf der Regierung vor, dass sie es "an Verständnis für das Ringen der arbeitenden Klasse um soziale Befreiung" fehlen lassen hat.

Ähnlich artikuliert es der Bauarbeiter Otto Fischer. Er befürchtet, die Mehrheit der Naumburger Wähler identifizieren sich eher mit den Beamten als mit den Arbeitern. "Diese Totengräber der Revolution sind es, die sich im Kampfe des Proletariats um politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung immer und überall entgegengestemmt haben, und wer da glaubt, von ihnen die Verwirklichung des Sozialismus zu erhoffen, auf den trifft das Wort zu:

`Nur die allergrößten Kälber
- wählen ihre Metzger selber!`"

Naumburger Tageblatt, 24. März 1919

Otto Fischer macht den tiefen Graben zwischen den Mehrheitssozialisten (SPD) - Liste August Winkler - und den Unabhängigen (USPD) - Liste Otto Fischer - sichtbar. "Die Mehrheitssozialisten haben in diesem Fall das Recht verwirkt, die Interessen des Proletariats zu vertreten, denn mit ihrem gelegentlich des Generalstreiks erfolgten Austritt aus dem Arbeiterrat [Naumburg], den sie mit der Erklärung begründeten, daß sie diese Institution für überflüssig hielten, haben sie sich selbst gerichtet."

Nach Auszählung der Stimmen gelten als in den Arbeiterrat von Naumburg gewählt: Eisenbahnschlosser Emil Brodengeier (Markgrafenweg 7), Amtsgerichtsdiener Erich Ehrsam (Markt 7), Bürgermeister Karl Roloff (Bürgergartenpromenade 32), Technische Lehrerin Margarete Giesecke (Kirschberg 6), Eisenbahnbeamter Hans Friedrich (Blumenstraße 24), Schriftsetzer August Winkler (Steinweg 14), Schlosser Karl Marien (Große Fischstraße 26) und Bauarbeiter Otto Fischer (Weingarten 26). Sie wählen den Vorstand. Roloff wird Vorsitzender, Winkler 2. Vorsitzender und Fischer Schriftführer. Roloff wird im März 1933 für Fritz Burkhardt, Paul Noack, Max Saupe und Gustav Thate Schutzhaft (KZ) anordnen.

Der Erlass des sozialdemokratischen Regierungskommissars und kommissarischen Oberpräsidenten Otto Hörsing vom 18. Mai 1920 erklärt die Arbeiter- und Aktionsausschüsse für aufgelöst.

 

 

Kriegsschuldfrage  nach oben

Bald dringen die ersten Nachrichten von der Pariser Friedenskonferenz nach Naumburg. Besonders Artikel 231 des Versailler Vertrages, wonach "Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind", löst tiefe Empörung und weitere Proteste aus. Am 12. Mai 1919 tagt die Nationalversammlung in der Berliner Universität. Reichsministerpräsident Philipp Scheidemann (SPD) bezeichnet die Aufforderung "Deutschland verzichtet, verzichtet, verzichtet" als "mörderischen Hexenhammer" und ein "Bekenntnis der eigenen Unwürdigkeit". Es kann kein "Einverständnis mit Versklavung und Helotentum" geben. "60 Millionen hinter Stacheldraht und Kerkergittern" und "60 Millionen bei der Zwangsarbeit" - das ist Deutschlands Zukunft. Der Reichsminister des Auswärtigen Hermann Müller (SPD), kommentiert tags darauf die Berliner-Volkszeitung, brachte den "zwingenden Nachweis", "dass es sich hier um einen Frieden gegen den Sozialismus, um das fürchterlichste Sozialistengesetz" handelt.

"Wir lehnen es .... ab," stellt Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (Naumburg) am 14. Februar 1919 (82) vor der Nationalversammlung klar, "die Schuld des Krieges auf Deutschland zu schieben."

"Wir behalten die Überzeugung," darauf besteht Georg Schiele (Naumburg), "daß wir die Angegriffenen sind, also nur einen Verteidigungskrieg führten." Und dies bleibt noch viele Jahre die vorherrschende Meinung.

Es fehlt am politischen Interesse die Kriegsschuldfrage aufzuarbeiten und öffentlich zu diskutieren. "Die Behandlung der sogenannten Kriegsschuldlüge," woran 1987 (110) Wolfgang J. Mommsen erinnert, "wurde von einer ganzen Generation deutscher Historiker gleichsam als eine nationale Pflicht betrachtet, und auch die republikanische Regierung, nicht zuletzt Gustav Stresemann selbst, hielten es für nötig, erforderlicherweise eine wirklich unbefangene, scharf mit der kaiserlichen Regierung ins Gericht gehende Untersuchung der Vorgänge nach Möglichkeit hinzuhalten."

Wenn die Schuld nichts anderes bedeutet, retourniert Gustav Radbruch in § 29 Der Krieg, als den Krieg gewollt zu haben, dann ist sie überhaupt nicht eindeutig feststellbar. Denn "solange der Krieg als Rechtseinrichtung in Geltung ist, innewohnt in noch so feiner Verdünnung jeglichem diplomatischen Schritte der dolus eventualis eines Krieges, ist alle Politik an der Möglichkeit des Krieges orientiert."

Die Kriegsschuldlüge. (Gesamte Seite)

Aus: Kladderadatsch. 77. Jahrgang,
Nummer 18, Berlin 1924, Seite 291

Besonders die DNVP (Deutschnationale Volkspartei) benutzt die Schuldfrage immer wieder für Wahlkämpfe und Kampagnen. Im Aufruf vom November 1924 verkündet sie:

Deutschnational kämpft für Schwarz-Weiss-Rot!.

Unter dieser Losung streitet sie gegen die Lüge von Deutschlands Kriegsschuld und erzielt bei den Reichstagswahlen am 7. Dezember 1924 ein Rekordergebnis.

Im Wahlaufruf zur preußischen Landtagswahl am 24. April 1932 verspricht die mächtige DNVP: "Ziel unseres politischen Kampfes ist Deutschlands Befreiung von äußerer und innerer Knechtschaft."

Theodor Duesterberg erklärt 1931 (12), dass der Stahlhelm beabsichtigte die Kriegsschuldfrage durch ein Volksbegehren voranzutreiben, was er dann wegen aussenpolitischer Rücksichtnahme verwirft.

Paul von Hindenburg überfällt am 18. September 1927 zur Einweihung des Tannenberg-Denkmals die Welt erneut mit dem Spruch:

"Deutschland ist nicht schuld am Weltkriege …"

Bezirksgruppenführer Kamerad Kurt Rissmann (Freyburg, Hohe Strasse 19, 1930) verbreitet das Propagandawerk zum Wehrwolf-Werbeabend am 12. Dezember 1927 in Hassenhausen bei Bad Kösen, begleitet von den Worten:

"Ein Aufatmen ging durch alle Nationaldenkenden. Jetzt ist der Anstoss gegeben, jetzt wird doch unsere Regierung endlich ihrer Pflicht bewusst sein, endlich wird sich das deutsche Volk ermannen, da es uns unser Führer zuruft, die Schmach zu tilgen, die auf uns lastet, das Lügengebäude einzureissen, auf dem alle Verträge und Lasten ruhen, die man uns aufgebürdet hat und unter denen wir zusammenbrechen müssen."

Im Fluss der allgemeinen Empörung über den Versailler Vertrag erhält das deutschnationale Geschichtsdenken und der wilhelminische Hurra-Patriotismus enormen Auftrieb. Alsbald wagte frei von nationaler Voreingenommenheit, kaum ein Naumburger öffentlich die Frage nach der deutschen Kriegsschuld und den Kriegsverbrechen zu stellen. Alte, revitalisierte Ideen von der russischen Gefahr (Georg Schiele, Naumburg) und die Forderung nach Revision der Ost-Grenzen diffundieren in weite Bürgerkreise.

Misstrauen umgibt den Aufbau des demokratischen Staates. Auf einem Zettel hinterlässt am 4. Mai 1924 ein Naumburger bei den Wahlen der Stadtverordneten in der Kabine die Botschaft:

"Vor dem Kriege viele Lügen.
Im Kriege sehr viele Lügen.
Nach dem Krieg alles Lügen!"

Jahrzehntelang versagte die deutsche Öffentlichkeit bei der Klärung der Kriegsschuldfrage. Einen Durchbruch bringt am 19. Oktober 1945 das Stuttgarter Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirchen mit dem denkwürdigen historischen Satz: Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden. Jetzt kann in der Kriegsschuldfrage die nationale Voreingenommenheit überwunden werden. Im Osten Deutschlands kommt dem Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945 hinsichtlich der weiteren innenpolitischen Entwicklung und der Zukunft der SPD eine besondere Bedeutung zu.

 

Die schwarze Schmach  nach oben

 

Entschliessung der Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands:


"Die Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei hat auf Antrag der weiblichen Delegierten einstimmig folgende Erklärungen gegen die Verwendung Schwarzer Truppen in Deutschland beschlossen: Wir protestieren gegen diese dem deutschen Volke angetane Schmach, der Tausende wehrlose Frauen und Mädchen zum Opfer fallen. Wir warnen die siegreichen Völker vor der Anwendung einer Waffe, die sich im letzten Ende verderbendbringend gegen die gesamte weisse Rasse wenden wird."


Die Partei der Einigkeit [Entschliessung der Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands]. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 7. Mai 1920

 

In weiten Kreisen der Naumburger Bevölkerung lebte das alte Feindbild gegenüber der französischen Nation fort. An dessen ideologischer Demobilisierung sind die unterschiedlichsten politischen Kräfte nicht interessiert. Vielmehr erhielt es, infolge des Waffenstillstandsabkommens von Compiègne am 11. November 1918 und nach der Besetzung des Rheinlandes und mehrerer Brückenköpfe auf der rechten Seite des Rheinufers durch französische Truppen einen neuen Schub. Besonders völkische und deutschnationale Kreise nutzen die Untaten französischer Kolonialsoldaten propagandistisch aus. Ihre Kampagne der "schwarzen Schmach" bediente sich vorzugsweise der Methode Frau Löns. Selbige lenkte am 13. Mai 1920 auf einer Versammlung der Deutschen Demokratischen Partei in Jena, "die Aufmerksamkeit auf die Missstände im besetzen Gebiet" und behauptet unvermittelt: "In der Pfalz drangsalieren 40 000 Schwarze die deutschen Mädchen und Frauen." Dies erfasste die deutsche Bevölkerung in einer ungeahnten Breite und Tiefe. Der "Vorwärts" (Berlin) veröffentlicht am 5. Juni 1920 eine Nachricht der "Frankfurter Zeitung" aus New York zum Vorvortag, dass in den deutschamerikanischen und katholischen Schichten der Bevölkerung über den Einsatz schwarzer Truppen in den besetzten Gebieten grosse Erbitterung herrscht.

Gegen die rassistische Durchseuchung des Problems protestiert unter anderen die politische Linke. Zum Beispiel vermittelte sie am 21. Juli 1920 in der "Freien Welt" Berlin Vorträge zu "Kunst und Dichtung der Schwarzen". Oder sie konfrontierte die Rassen-Hetze mit Tatsachen. So teilt der "Vorwärts" (Berlin) am 2. November 1920 unter der Überschrift "Die herrliche Reichswehr" mit, dass "die uniformierten Halunken die "schwarze Schmach" in eine "schwarz-weiss-rote Schmach" umwandeln. Die politische Atmosphäre änderte es kaum. "Es ist sehr schwer," erklärt am 26. März 1921 Peter Panter alias Kurt Tucholsky im Prager Tagblatt, "heute in Deutschland das Wort Neger in den Mund zu nehmen, ohne das einem die Leute mit dem Ausruf "schwarze Schmach" über den Mund fahren." 1920 entstand der Film "Die Flucht aus dem Heer der Heimatlosen" von Heinrich Reimann und im Jahr darauf "Die schwarze Schmach" von Carl Boese (Regie). Beide schäumten den Hass gegen die schwarzen Kolonialsoldaten gewaltig auf. Im Kontext der öffentlichen Diskussion über diese "Aufklärungsfilme" wirft am 20. Mai 1921 die "Freiheit" ein, dass die "ganze verlogene und geschmacklose Hetze gegen die "schwarze Schmach", "doch nichts anderes ist als die Schmach des Militarismus." Im Plenum des Deutschen Reichstages äusserte am 13. März 1921 der Abgeordnete Hermann Remmele (KPD): "Die weissblaue Schmach ist viel schlimmer und schändlicher als die schwarze Schmach", worauf lebhafte Unruhe, begleitet von Pfui-Rufen losbrach. Vizepräsident Doktor Johannes Bell (1868-1949) wies diese Ausdrücke als unparlamentarisch zurück. Prompt wiederholte sie der Redner. Bell ruft ihn zur Ordnung. Von rechts hört man: "Hochverräter! Runter!"

 

Das lumpige Spiel mit der Nation  nach oben

Als Anfang 1919 die ersten Nachrichten über den ungerechten Frieden in die Stadt dringen, packt die Bürger Wut und Empörung. Daraufhin übersenden am 13. Februar 1919 die Stadtverordneten von Naumburg an die Nationalversammlung in Weimar folgenden Beschluss:

"Bürgerschaft, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung der Stadt Naumburg a. S. erheben flammenden Protest gegen die fortgesetzten Erpressungen, die die ungebändigte feindliche Rachsucht im Verlaufe der Waffenstillstandsverhandlungen am deutschen Volke verübt. Wir fordern die Ablehnung jeder weiteren Verschärfung der Waffenstillstandsbedingungen, da schon die jetzigen Bedingungen weit über das hinausgehen, was nach den Wilsonschen Grundsätzen dem deutschen Volke zugemutet werden kann.

Wir fordern sofortige Freigabe unserer Kriegsgefangenen, sofortige Aufhebung der Hungerblockade, uneingeschränkte Rückgabe unserer Kolonien und Anerkennung unseres Selbstbestimmungsrechtes. …. Wir Deutschen sind am Ende unserer Geduld! …" (Protest)

Erzürnt tritt Oberbürgermeister Arthur Dietrich am 18. Mai 1919 zur

Naumburger Kundgebung gegen den Vernichtungsfrieden

vor tausende Demonstranten auf dem Markt und erklärt, die entehrenden Friedensbedingungen bringen "dauernde Schuldknechtschaft, Preisgabe unsere Ehre, Preisgabe der Zukunft und unserer Kinder". Nicht viel anders reden General der Artillerie a. D. Maximilian von Roehl ("Von Amiens bis Aleppo"), Abgeordneter Arthur Graf von Posadowsky-Wehner, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Schriftsetzer August Winkler und Rechtsanwalt Paul Herrmann. Auch weiterhin zirkulieren im politischen Raum fortan ständig die gleichen Worte: brutaler Gewaltfrieden, Verlust der Selbstbestimmung, Wehrlosmachung und Deutschland allein. Eine Art informelle Volksfront erklärt, es immer wieder hinausschreien zu wollen:

"Weg mit dem Frieden von Versailles!"

Am 28. Juni 1919 schließen die Entente-Mächte in Versailles mit Deutschland einen Friedensvertrag ab. Bei den Verhandlungen zum Paragraf 231 im Wiedergutmachungsausschuß gab es das Verlangen, berichtet Felix von Dhuenen (1896-1939), die Stifterfiguren des Naumburger Domes als Ersatz für die Zerstörung der Kathedrale von Reims auszuliefern.

Jetzt beginnt das alte, lumpige Spiel mit der Ehre der Nation von vorn. Je tiefer der Nationalstolz sinkt, desto empfänglicher ist die deutsche Seele für Kränkungen, die dann nach Befreiung und Revanche drängt. Das Selbstbild von der geknebelten, geknechteten und verachteten Nation weckt aggressive "Triebe". Denn ehr- und wehrlos kann und mag der Deutsche nicht leben. Aus der Zurücksetzung erwächst Frustration, quillt die Wut und Rachelust. Stahlhelm, Wehrwolf, Alldeutsche, Deutschnationale, Monarchisten und Nationalsozialisten lenken sie gegen die Entente-Mächte. Und nicht nur einmal, konnte man von Kommunisten und Deutschnationalen gleichzeitig hören, dass der Vertrag von Versailles nur ein fetzen Papier sei.

 

Aus unseren Gebeinen wird ein Rächer entstehen.

Zum Deutschen Tag am 11. Mai 1924 in Halle wurde feierlich das Moltke-Denkmal eingeweiht. Hier vereinbarten die völkisch, deutschnational, alldeutsch und nationalsozialistisch denkenden Bürger ihr Selbstverständnis vom politischen Bürger: "Nur dann, wenn sich jeder Deutsche auch bewußt als Deutscher fühlt, wird Deutschland wieder genesen. Nationalgefühl ist die erste Voraussetzung zu politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesundung des Volkes."

Am 16. Oktober 1926 weihen 123 Korps aus Deutschland und Österreich das

Denkmal für die gefallenen Korpsstudenten

ein.  nach oben  Gegen Westen bäumt sich zu Ehren der Gefallenen des Kösener Senioren-Convents-Verbandes (KSCV) brüllend der steinernde Löwe auf.


   
         

Etwa 11 Wanderkilometer südwestlich von Naumburg (Saale), unweit der Rudelsburg, installiert die Firma Philipp Holzmann A.G. aus Frankfurt am Main das Löwendenkmal. Es ist 14 Meter lang und 10 Meter hoch. Daneben befinden sich Gedenktafeln. Den Platz stellt Oberst von Schönberg zur Verfügung. Die Anlage konzipierte Professor Blunck von der Technischen Hochschule Berlin Charlottenburg. Das Denkmal für die Gefallenen des Kösener Senioren-Convents-Verbandes (KSCV) schuf Professor Hermann Hosaeus (1875-1958).

 

Gegen ½ 3 Uhr ziehen die Korpsstudenten von der Promenade vor dem Kurmittelhaus über die Brücke hinauf zu dem drei Kilometer entfernt liegenden Plateau, das 80 Meter über der Saale liegt, wo das Denkmal in einem ehemaligen Steinbruch errichtet wurde. "Eine ernste Feier in trüber Stunde", nennt Zeitzeuge Walter Krieger (1930) von Bremensiae-Göttingen die Zeremonie. Als Gäste sind die Rektoren der Universitäten in Halle, Leipzig und Jena angereist. Zugegen ebenfalls der Reichstagsabgeordnete Richard Leutheusser (1867-1945), Landrat Deines, Kösens Bürgermeister Ciolek und Naumburgs Oberbürgermeister Dietrich. Große Aufmerksamkeit zieht der Bannerträger des Corps Borussia Bonn (1926) Prinz Wilhelm von Preußen (1906-1940) auf sich (vgl. Kutz 119).

Es ist die studentische Kriegsgeneration, von der Papen beim Besuch in Naumburg im Juni 1933 sagen wird, dass ohne ihre Taten "das deutsche Volk schon 1919 im Bolschewismus versunken wäre."

Mit gesenkten Fahnen und im vollen Wichs stehen sie vor dem steinernen Löwen und gedenken der 2 360 im letzten Krieg gefallenen Korpsstudenten, "die dem Vaterland das Opfer ihres Lebens gebracht hatten, vergeblich für unsere Generation," wie Walter Krieger sagt, "nicht vergeblich, wie wir hoffen, für die, die nach uns kommen werden."

Staatsanwaltschaftsrat und Denkmal-Ausschuss-Vorsitzende Werner Meißner (1888-1962) vom Korps Rhenania Freiburg ordnet mit kraftvollen Worten die Gedanken der deutschen Korpsstudenten:

"Wir denken aber auch zurück an die herrlichen Tage der Siege, als die Fahnen wehten und die Glocken läuteten all überall im deutschen Lande, zurück an den heldenhaften Kampf eines Volks gegen eine Welt von Feinden."

"Es ist an uns, zu wachen uns zu sorgen, daß dieser Staat nicht verkomme und verdorre."

Und fordert ".... die bedingungslose Hingabe an das Vaterland."

Dann fällt die Hülle und gibt den Blick auf das Monument frei. Vor den Korpsstudenten bäumt sich der von einer Lanze getroffene brüllende Löwe in Richtung Westen auf. Er verkörpert die Empörung der Deutschen gegen den Versailler Vertrag (Kutz 118). Nicht nur das. Die Einweihungsfeier erfolgt auf den Tag genau ein Jahr nach Abschluss der Locarno-Verträge, die einen Ausgleich mit Frankreich suchen. Für die Einsicht vom guten, einzig möglichen Frieden lässt diese Gedenkfeier keinen politischen Raum. Die Kreuzzeitung, das führende Blatt der Deutschnationalen, hört den Löwen rufen:

Aus unseren Gebeinen wird ein Rächer entstehen.
Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor.

Prompt kommentiert der Vorwärts (Berlin), Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands: "Auch die Deutschnationalen wissen, dass dies Revanchegebrüll ein idiotisches Vergnügen ist, an dem nur politische Kinder Gefallen finden, dessen Kosten aber von der deutschen Außenpolitik zu bezahlen sind."

Das Monument versinnlicht die notwendige und heroische Anstrengung, um die nationale Kränkung zu therapieren. Die Einweihungsreden des Denkmals für die gefallenen Korpsstudenten pathologisieren das nationale Selbstwertgefühl, etwa so, wie es Martin Spahn (1875-1945) am 22. Januar 1923 in Naumburg vor den Enthusiasten der Deutschnationalen Volkspartei ausspricht:

"Wir Deutschen stehen jetzt allein in der Welt."

Wir sind allein und umzingelt von Feinden. Als wenn das nicht reicht, um das Selbstwertgefühl der Nation zu schleifen,

initiiert 1929 Georg Schiele aus Naumburg,

was Alfred Hugenberg in der Vorstandssitzung der DNVP am 13. Oktober 1932 beurkundet, den Volksentscheid gegen den Young Plan. "Bis in die dritte Generation müsst ihr fronen!", orchestriert die NSDAP. Jetzt sind wir Deutschen allein, von Feinden umgeben und a u s g e b e u t e t. Verliert die Nation nicht jede Selbstachtung, muss sie sich aus dieser Erniedrigung befreien. "Die ganze Nation müsse erfüllt sein vom fanatischen Nationalismus", komplettiert Dr. a. D. Staatsminister Frick (NSDAP) am 23. Mai 1931 im Kurgarten von Bad Kösen vor gut 800 Teilnehmern zur Kundgebung der NSDAP-Ortsgruppe die chauvinistische Aufbruchstimmung.

Ein Volk schmiedet das Siegfried-Schwert. Allein dies nutzt wenig, wenn es nicht bereit, sein Leben für das Vaterland zu opfern. Hierfür bedarf es eines neuen Heldentums, in dessen Dienst Werner Meissner sein Gedenken an die Toten stellt:

"Wenn wir dann vor dieses Heldenmal treten, so wird es uns immer wieder daran mahnen, dass die Idee des Vaterlandes erst durch den Opfertod tragfähig wird."

Anknüpfend an die Worte Theodors Körners, die das Denkmal zieren: "Sie hielten aus im Kampf und Sturmeswettern und standen treu bei Tugend, Recht und Pflicht", hörte die Deutsch Allgemeine Zeitung aus dem Munde des Redners, dass die bedingungslose Hingabe an das Vaterland stets die erste und höchste Pflicht des deutschen Korpsstudenten ist und bleiben soll. Mit anderen Worten: Der Opfertod verbürgt den Deutschen eine große Zukunft. In Verein mit der nationalsozialistischen Bewegung generieren Experten wie Oberst von Schönberg [12]  aus Kreipitzsch, Paul Schultze-Naumburg aus Saaleck, Lehrer Doktor Heinrich Lemcke oder Doktor Georg Schiele (DNVP) eine patriotische Hochstimmung und Überlegenheitsphantasien. Jetzt muss Heldentum und Opfertod verkoppelt werden. Pflichtgemäss ruft Oberst Scotti zum Heldengedenktag 1938 auf der Vogelwiese die Losung aus:

"Deutschland muss Leben
und wenn wir sterben müssen!"

Nach Staatsanwaltschaftsrat Meissner spricht als Vertreter der aktiven Korps cand. rer. nat. Stockhausen, Erster Chargierter der Bonner Hanseaten.

Danach marschieren die Fahnenabordnungen zur Kranzniederlegung am Denkmal vorbei. Über Saaleck und Lengefeld bewegt sich der Zug zurück nach Bad Kösen. Unter Absingen von Gaudeamus igitur (Lasst uns also fröhlich sein!) fliegen die Fackeln am Bahnhof auf einen Haufen. Am Abend ging es zum Kommers ins Kurhaus Mutiger Ritter.

Zu welcher Traditionslinie bekennt sich das Denkmal gegenwärtig? "Bislang ist nicht zu erkennen," erhebt 2004 (7) Justus H. Ulbricht, "ob die heutigen Corpsstudenten einen kritischen Umgang mit ihrem Erinnerungsort pflegen wollen oder sich erneut auf die nostalgisch-schwärmerische Verehrung und Nutzung der Denkmallandschaft Rudelsburg beschränken."

 

Zur Sicherheitslage in der Stadt  nach oben

Natürlich gibt es mit der Einhaltung von Ordnung und Sicherheit nach der Beendigung des Krieges Schwierigkeiten. 1913 registrierte man in Naumburg 1 100 Verbrechen, Vergehen und Übertretungen gegen Personen, Eigentum sowie öffentliche Ordnung und Sittlichkeit. Vom 1. August 1918 bis 1. August 1919 zählt man 1 555 Delikte. Ob zerbrochener Familien, schlechter Nahrungsmittelversorgung, mangelndem Heizmaterial und einsetzender Arbeitslosigkeit, sind dies keine wirklich aufregenden Zahlen, zumal sie die Normabweichung vom Verbrechen bis zur einfachen Übertretung darstellen. Eine politisch motivierte Kriminalität existierte in Naumburg jedenfalls nicht.

Bürgermeister Karl Roloff unternimmt als Leiter der Polizeiverwaltung enorme Anstrengungen, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

"Im März vermehrten wir Polizeiexekutivmannschaft auf etwa 50 Mann durch Einstellung von älteren aktiven und anderen kürzlich entlassenen Unteroffizieren und älteren Soldaten, nachdem wir deren Zuverlässigkeit nach Möglichkeit geprüft hatten, als Hilfs-Polizeiwachtmeister. Diese Leute beziehen ein Monatsgehalt von 275 bis 300 Reichsmark. Sie sind außerdem gegen Unfall mit 10 000 M für den Todes- und Invaliditätsfall versichert."

Bürgermeister Karl Roloff war mit den Ergebnissen der eingeleiteten Massnahmen nicht zufrieden, worüber er am 29. Juli 1919 den Regierungspräsidenten von Merseburg unterrichtet:

".....

Am 19. Dezember 1918 beschloss der hiesige Magistrat, für jeden Soldaten eine Mehrlöhnung von 3 Reichsmark zu gewähren, wenn uns ein Kommando von 44 ausgesuchten und zum Polizeidienst geeigneten und befähigten Unteroffizieren und Mannschaften, darunter berittene, ständig und vollständig zur Verfügung gestellt werden.

Der Soldatenrat stellte nun auf unseren Antrag hin auch dieses Kommando. Die Leute waren zunächst ohne jede Rücksicht auf ihre politische Gesinnung ausgesucht worden; nach einigen Tagen wurden aber andere geschickt, die nachweisen konnten, dass sie schon vor dem Kriege organisiert waren. Mit dieser Bedingung fand auch die Auswahl der Leute zu der inzwischen vom Soldatenrat zusammengestellten Wachkompanie statt.

Diese uns zur Verfügung gestellten, im bürgerlichen Leben organisierten Mannschaften haben dem Sicherheitsdienst, von Ausnahmen abgesehen, gute Dienste geleistet und sich im Allgemeinen als zuverlässig erwiesen, solange politisch von keiner Seite auf sie eingewirkt wurde. Ihre Zuverlässigkeit zeigte sich u.a. auch darin, dass sie auch gegen ihre Kameraden von der Wachkompanie eingeschritten, wenn diese als Sicherheitsposten Einbruchdiebstähle oder andere Vergehen gegen das Eigentum verübten.

Später machten sich aber die politischen Einwirkungen auf diese Leute namentlich von linker radikaler Seite - die auch hier, obgleich vollständig in der Minderheit, nach der Gesamtführung strebte - so bedenklich bemerkbar, dass auch mit diesem Kommando eine polizeiliche Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte.

Diese zeigte sich besonders beim Generalstreik im Februar [1919]."

Ein Widerspruch tut sich auf. Einerseits weist die Sicherheitslage keine wirklich aufregenden Zahlen auf. Eine politisch motivierte Kriminalität existierte nicht. Andererseits ruft der Bürgermeister Soldaten zur Hilfe. Warum eigentlich?

War vielleicht doch alles ganz anders? Erinnern sich der Magistrat, Arthur Dietrich und Karl Roloff etwa an die Ereignisse im Februar / März 1919 in Halle (Saale)? In der 50 Kilometer nördlich von Naumburg gelegenen Grossstadt zog die Menge wütend durch die Geschäftsstrassen und Warenhäuser. "Der hallesche Pöbel", instruiert uns Frank Hirschinger (2005, 27), "plünderte und brandschatzte in der Innenstadt etwa 300 Geschäfte und verursachte dadurch einen Schaden in Höhe von ca. 12 Millionen Mark." Noske-Spitzel, konnte man am 5. März 1919 in der Volksstimme (Magdeburg) lesen, wurden schwer misshandelt und Offiziere von Zivilisten verhaftet. Nach dem die Halleschen Arbeiter am 25. Februar in Streik getreten, marschierte prompt das Landesjägerkorps unter dem Kommando von General Georg Maercker (1921, 128) ein. Die Kämpfe kosteten viele Tote und Verletzte. Über die Stadt verhängte der monarchistisch gesinnte General den Belagerungszustand. Im Jahr darauf räumt er ein: "Es war ein ausschliesslich politischer Streik, mit dem Zweck, die Räteherrschaft, die im November 1918 ja nur von kurzer Dauer gewesen war, nunmehr zur Durchführung zu bringen." Die Ziele waren nach Maercker Arbeiterdemokratie, Mitbestimmungsrechte und Beseitigung der Industrieherren.

Fürchten die Verantwortlichen der Stadt Naumburg, derartige Ereignisse könnten sich vielleicht hier wiederholen? Wahrscheinlich. Der mitteldeutsche Bergarbeiterstreik, die Kämpfe zwischen Landesjägerkorps (ab Mai 1919 Reichswehrbrigade XVI) und Bürgern in Halle (Saale) und Zeitz im Februar / März 1919 beeinflussen offenbar die Entscheidungen zur Sicherheitslage in der Stadt Naumburg.

Dies kommt im Bericht an das Reichsamt des Inneren vom 21. Mai 1919 zum Ausdruck, wo Bürgermeister Karl Roloff mitteilt:

"Im März und April haben wir gemeinsam mit dem hiesigen Garnisonskommando und dem Garnisons-Soldatenrat zur Abwehr von Unruhen und Plünderungen eine militärische Sicherheitswehr und eine Einwohner Zeitwehr gebildet. Mit dem etwaigen Ausbruch von Unruhen unterstellen wir unsere gesamte Polizeimacht der Oberleitung der militärischen Sicherheitswehr …..
Diese unsere vorbeugenden Maßnahmen haben bewirkt, dass auch hier beabsichtigte Unruhen, Plünderungen und andere Gewalttätigkeiten bisher unterblieben sind."

Um die "Einwohner Zeitwehr" (Roloff) wird im März 1920 ein handfester politischer Streit ausbrechen. Zusammen mit der Naumburger Reichswehr kämpft sie gegen die Kapp-Gegner. Die ihr vom Gesetzgeber zugedachte Aufgabe nimmt sie oft nur indifferent wahr, zum Teil verkehrt sie die sogar ins Gegenteil. (Siehe 1234567891011, 121314)

Am 12. Dezember 1918 erliess der Rat der Volksbeauftragten das

Gesetz zur Bildung einer freiwilligen Volkswehr.

Es bestimmt: "In die Volkswehr werden nur Freiwillige aufgenommen. Sie wird außerhalb des Rahmens des Heeres stehen." "Sie verpflichten sich der sozialistisch-demokratischen Republik per Handschlag" und "dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit". 100 Freiwillige wählen einen Führer und gliedern sich in drei Züge. Am 1. Januar 1919 gehören der Einwohnerwehr in Preußen 626 764 Mann an (Orlow 195).

Einen Einblick in die Phase des Aufbaus gewährt Georg Maercker, seit Dezember 1918 Kommandeur des Freiwilligen Landesjägerkorps, dann Reichswehrbrigade XVI: "Als im März 1919 in Mitteldeutschland der Generalstreik bestand, als bewaffnete Banden plündernd umherzogen und nicht nur das platte Land brandschatzten,

sondern sogar Naumburg bedrohten,

schlossen sich die Unteroffiziere der dortigen Abwicklungsstelle zusammen. Sie schufen eine freiwillige Wehr zum Schutz der Stadt." Welche Banden wo, wann umherzogen und brandschatzten, bleibt im Dunkeln. Natürlich gab es Feld-, Garten- und Früchtediebstähle. Und manches Schwein wurde schwarzgeschlachtet. Was hier das Militär und die Einwohnerwehr wirklich bewirken sollte oder konnte, bleibt unklar.

Es deutet sich an, dass die Einwohnerwehren eigentlich eher aus Angst vor Streiks und eventuellen Aufständen geschaffen wurden.

Ein weiterer

Erlass des Preußischen Ministeriums
des Inneren
vom 18. März 1919

legt fest, dass die Einwohnerwehren aus zuverlässigen Mitgliedern aller Schichten der Bevölkerung zu bilden sind.

Der nächste Ukas vom 15. April 1919 geht noch weiter, wenn er fordert, dass jede gegensätzliche politische Tätigkeit zu unterbleiben hat.

Es sollen nur Regierungstreue rekrutiert werden, bestimmt die

Verordnung des Reichswehrministeriums
vom 25. April desselben Jahres.

Mitglieder der USPD und KPD (Spartakisten) sind damit von der Einwohnerwehr ausgeschlossen. Zur Anwerbung bieten sich die Landwehr-, Bürger- und Kriegervereine an. Am 15. September 1919 erfolgt die Überarbeitung des Abschnitts Zusammensetzung der Arbeiterwehren. Ihre Mitglieder sollen aus allen Schichten der Bevölkerung gewonnen werden. Die meisten sind Beamte und Angestellte.

Bei der Rekrutierung des Personals für die Einwohnerwehr, erklärt Maercker, "wurde grundsätzlich nicht nach der Parteizugehörigkeit gefragt". Eigentlich soll sie überparteilich agieren. In der Praxis war es oft anders. Beispielsweise rüstet 1919 der spätere SA-Führer Ernst Röhm in Bayern die 260 000 Mitglieder der Zeitfreiwilligen und Bürgerwehren aus. (Vgl. Auerbach 18) Hitlers Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust (1883-1945) führt die Einwohnerwehr in Hannover.

"Aber selbstverständlich wurden [in die Einwohnerwehr] nur solche Mitglieder aufgenommen und mit Waffen versehen," gesteht der Kommandeur des Landesjägerkorps (Reichswehrbrigade XVI) Georg Maercker (1921), "die hinter der bestehenden Regierung standen, also regierungstreu waren.

Das schloss Unabhängige [USPD] und Kommunisten aus …".

Bei Gelegenheit einer Besprechung am 18. Juni 1919 in Weimar, teilte General Maercker (1919, 450) dem Kriegsminister mit:

"Die Arbeiter sehen in den Einwohnerwehren eine gegen sie gerichtete Gefahr, der sie dadurch begegnen wollen, daß sie jetzt selbst in diese Wehr eintreten."

Das trat so in Naumburg und Bad Kösen nicht ein.

Selbst "die Mehrheitssozialisten hielten sich fern [von der Einwohnerwehr], obgleich ihr Eintritt besonders gewünscht und auch von mir später immer wieder angeregt wurde", kommentiert Georg Maercker 1921 (329-330). "Später beklagten sie sich, dass die Einwohnerwehren reaktionär seien."

Aufsicht und Oberbefehl über die Einwohnerwehr liegt in der Hand der Reichswehr.

Zur Entlastung seiner Einheit, gibt Georg Maercker (1921, 327) an, wurden insgesamt 2 000 Mann aus der Einwohnerwehr herangezogen.

 

 

Landesjägerkorps, Reichswehr, Freiwilligen Verbände  zurück

Demobilisierung, Mobilisierung (Rekrutierung von Freiwilligenverbände), Umbau der Reichswehr, Aufbau der Einwohnerwehr und ihre strukturelle Einbindung in die Reichswehr, bilden ein schwer zu entwirrendes Knäuel von Ereignissen.

Naumburger Tageblatt, 15. März 1919

Anfang Januar 1919 rufen die Mitglieder des ASR vom Feldartillerieregiment 55 Hauptmann Freiherr von Hiller und Unteroffizier Schleitzer die Männer von Naumburg auf, in ihre Einheit einzutreten. Zwei Batterien sind für die Division des Generals von Reitzenstein aufzustellen. Bedingung hierfür ist, die Gehorsamkeit gegenüber den Vorgesetzten. Neben freier Verpflegung und Kleidung gibt es mindestens 30 Reichsmark Sold pro Monat. Ihre Aufgabe besteht in der Stützung der Regierung.

Vom Jägerbaittallon Nr. 4 gehen Anfang 1919 35 Mann zum Ostschutz Korps Lützow und 220 Mann zum Bataillon Kirchheim, die an den Kämpfen um Sarne, Sarnekow, Gründorf Wiesenach und Neudorf beteiligt sind. (Vgl. Waase 117)

Am 1. Juni 1919 werden alle Mannschaften des in Naumburg stationierten Magdeburgischen Jägerbataillons Nr. 4 entlassen. Die Organisation des Rück- und Umbaus der Einheit liegt in den Händen einer Abwicklungsstelle. Vielen entlassene Berufssoldaten und -offiziere verlieren infolge der Massendemobilisierung ihre Einkünfte.

Das Landesjägerkorps unter dem Kommando von Generalmajor Georg Maercker übernimmt in Weimar den Schutz der Nationalversammlung. Ab April 1919 ist die Einheit im Regierungsbezirk Merseburg und Ost-Thüringen als Sicherungs- und Unterkunftsgebiet stationiert. Der Stab bleibt im Belvedere (Weimar). Im Juni reorganisiert sich die Einheit als Reichswehrbrigade XVI. Die Auswahl der Offiziere und Mannschaften ist "unter Rücksicht auf etwaige geplante Ereignisse getroffen worden" (Brammer 1920b, 8).

Der Versailler Vertrag bestimmt die Reduzierung der Berufsarmee auf 100 000 Mann mit höchstens 4 000 Offizieren. Die am 6. Februar 1919 zusammengetretene Weimarer Nationalversammlung beschliesst am 6. März 1919 das Gesetz über die Bildung einer vorläufigen Reichswehr. Paragraph zwei ordnet die Zusammenfassung ehedem bestehender Freiwilligenverbände, ihre Anwerbung und Eingliederung in die Reichswehr an.

Am 9. März 1920 entlässt Major Freiherr von Seebach mit einem Appell vor der Naumburger Anstalt die Kadetten.

 

Naumburger Tageblatt,
18. März 1919

Das Freiwillige-Landesjäger-Korps (F.L.K.), dann Reichswehrbrigade XVI., rekrutiert ab Februar / März 1919 Zeitfreiwillige. Unter den höheren Klassen der Domschüler wirbt es um Dienstfreiwillige mit der Drohung:

"Die Gefahr wächst von Stunde zu Stunde! Spartakus holt zum letzten Schlage aus!"

Hauptmann a. D. Max Jüttner (Naumburg), der bald als Kreisrat für die Einwohnerwehren der Kreise Naumburg Stadt, Land und Eckartsberga von sich reden macht, stellt im März 1919 "zum Schutz des Vaterlandes" (Karl Waase) einen Zeitfreiwilligenverband aus aktiven Unteroffizieren und Bürgern auf.

In einem Schreiben an die Leitung des Domgymnasiums fordert das F.L.K. die Schüler der Untersekunda [10.Klasse], Obersekunda [11. Klasse], Unterprima [12. Klasse] und Oberprima [13. Klasse] zum Beitritt auf. Die Oberlehrer unterstützen dies. Von den Eltern muss eine schriftliche Einwilligungserklärung vorliegen. In Berlin erfolgt die Einstellungsuntersuchung. Geboten wird eine dreimonatige Ausbildung, freie Unterkunft, Bekleidung und mobile Verpflegung plus eine Tageszulage von 5 Mark. Die erste Abteilung soll bis zum 10. Mai 1919 "in Höhe von 500 bis 1000 Mann" einberufen werden. Sie dient zur "Aufrechterhaltung der Ordnung" im Lande und "gegebenenfalls auch zum Grenzschutz". "Nur wenn jeder der, der die Waffe tragen kann, jetzt treu zur Heimat und Regierung steht, kann den schweren Gefahren, die unser Vaterland, von allen Seiten bedräuen, wirksam entgegentreten werden." [FLK 1919]

Werbesprüche, wie "Spartakus holt zum letzten Schlag aus!", nehmen Bezug auf Ereignisse im Winter 1919 in Berlin.

Letztlich ging es nicht um Spartacus, zumindest nicht in Naumburg. Die arbeiterfeindliche Rechte (Wehe Dir, wehe Dir, du Arbeiterschwein) besteht auf der Subalternität des Werkmanns, fürchtet Streiks wegen der Sozialisierungsfrage und Hungerrevolten.

Anwerbungsaktion
Naumburger Tageblatt
, 31. Mai 1919

Auf Befehl des Volksbeauftragten für Heer und Marine Gustav Noske (SPD) gehen die meist rechtsradikal ausgerichteten militärischen Einheiten und Freiwilligenverbände gegen Streikende, Aufständische und militärisch agierende Kapp-Gegner brutal vor. "Sie bildeten eine seltsame Koalition, eine Koalition von Sozialdemokraten und - Nazis", urteilt Sebastian Haffner in Die deutsche Revolution 1918/19 (184). "Und beide Partner dieser unnatürlichen Koalition haben später keine Lust gehabt zuzugeben, was sie getan hatten: die Sozialdemokraten, dass sie die Vorgänger und Vorbilder der späteren SA und SS rekrutierten und die künftigen Nazis auf ihre eigenen Leute losließen; die Nazis, dass sie sich von den Sozialdemokraten anwerben ließen und unter sozialdemokratischen Patronat Blut lecken lernten. Wessen alle Beteiligten sich schämen, wird von der Geschichte gern totgeschwiegen."

Ausserdem hoffte man mit Aufstellung der Freiwilligenverbände (einschliesslich paramilitärischer Einheiten wie Einwohnerwehr), die im Versailler Vertrag festgelegten Obergrenzen für militärische Truppen umgehen zu können. Das ist vom 5. bis 16. Juli 1920 im belgischen Kurort Spa auf der Konferenz der Alliierten Gegenstand der Erörterungen. Hans von Seeckt, Chef der Heeresleitung, versucht den Militärs der Entente die Notwendigkeit der Beibehaltung der schweren Artillerie mit der Begründung plausibel zu machen, dass die moralische Wirkung auf die Aufständischen unersetzlich sei. Über den Blutdurst war der britische General Morgan höchst erstaunt. (Vgl. Seeckt) Die Alliierten beschliessen die Entwaffnung Deutschlands, was nicht im Interesse der gewaltbereiten revisionistischen Rechten liegt. In einer Note von Anfang Dezember 1920 an General Charles Nollet, Vorsitzender der Interalliierten Kontrollkommission (IMKK) für das Landheer, betont die deutsche Regierung, dass die Selbstschutzorganisationen keinen militärischen Charakter tragen und deshalb nicht unter den Versailler Vertrag fallen. Ihre Aufgabe besteht lediglich in der Niederwerfung der Räteherrschaft nach bolschewistischer Art.

Am 21. Oktober 1919 zieht das Landesjägerkorps (Reichswehrbrigade XVI) unter dem Kommando von Major Meyn in Naumburg ein. Es umfasst die Jägerbatterie, Maschinengewehr- und Radfahrerkompanie, Abteilung Jäger zu Pferde, Nachrichtenabteilung und den Preußischen Panzerzug 29. Die Unteroffiziersschule wurde am 15. Oktober 1919 aufgelöst. Die Truppen beziehen in der Radfahrer-, Maschinengewehr-, Alten Jäger- und Artilleriekaserne Quartier (Bilder). (Vgl. Waase 118)

Der erste Einsatz Ende Oktober 1919 führt in die Stadt Suhl. Arbeiter hatten dort die Gewehrfabrik gestürmt. Die Führung der militärischen Gegenaktion übernimmt die Reichswehrbrigade XI aus Kassel unter Generalmajor Landauer. Von ihr erhalten die Naumburger den Auftrag nach Suhl einzurücken. Drei Infanterie-Kompanien und je eine Maschinengewehr- und Radfahrer-Kompanie sowie eine Schwadron und eine Batterie marschieren in der Nacht vom 27. / 28. Oktober vom Bahnhof Ilmenau über den unzugänglichen frühwinterlichen Thüringer Wald in das thüringische Städtchen ein. "Das brave Jägerbataillon hatte mit dem schwierigen Nachtmarsch auf vereister Gebirgsstraße eine sehr anerkennenswerte Leistung vollbracht", lobt hernach ihr Kommandeur die Truppe. Maercker befiehlt in der Stadt die Herausgabe aller Waffen, muss aber feststellen: "Nicht ein Gewehr wurde abgegeben." Am 10. November 1919 treffen die Truppen wieder in Naumburg ein.

 

Der mitteldeutsche Bergarbeiterstreik  nach oben

Adolf Leopoldt (SPD) charakterisiert in der Rote(n) Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg (1931, 146) die Lage für Anfang 1919 folgendermassen: "Allgemein verlangte die Arbeiterschaft nach Sozialisierung der Betriebe, die von den Regierenden oft genug in Aussicht gestellt wurde." Etwa zu gleichen Zeit dringt aus dem mitteldeutschen Industrierevier die Forderung zur Regierung, dass die Arbeiter- und Soldatenräte (ASR) weiter bestehen bleiben wollen. Telegramme und Briefe wechseln ohne Ergebnis zwischen den Bezirksbergarbeiterrat und der Regierung hin und her. Am 6. Februar startet ein weiterer Versuch in Weimar. Ohne Erfolg. Das Gespräch am 9. Februar bei Reichswirtschaftsminister Rudolf Wissel (1869-1962) platzt. Am 13. und 14. Februar verhandeln in Weimar Reichsarbeitsminister Gustav Bauer (1870-1944) Bernhard Düwell und Wilhelm Koenen als Vertreter des Bergarbeiterverbandes Halle. Sie kommen überein, dass in den Betrieben entsprechende Betriebs-Ausschüsse (Betriebsräte) gewählt werden. Uneins bleibt man darüber, welches Gewicht die Stimmen des Betriebsrates bei Streitigkeiten mit der Betriebsleitung haben.

Wohl wurden den Arbeitern die Einrichtung von Betriebsräten zugestanden, doch eben ohne Kontrollrecht. Das war unbefriedigend. Ebenfalls lehnte sie eine gemeinsame Wahl zwischen Angestellten und Arbeitern ab. Am 5. März wurden die Betriebsräte als dauernde Richtung anerkannt. Gemäß den Februar-Verhandlungen war die Einrichtung der Betriebsräte nur im Bergbau möglich. Am 5. März war deren Tätigkeit mit Zusage der Regierung in allen Wirtschaftsbereichen legitimiert und das Recht auf die Einsichtnahme in alle Betriebsvorgänge zugestanden.

Düwell und Koenen wollen, wirft ihnen Maercker in Vom Kaiserherr zur Reichswehr (128-130) vor, die "Vorherrschaft" der Arbeiter erringen. Die Halleschen Arbeiter verlangten, dass die getroffenen Vereinbarungen bis zum 23. Februar 1919 zum Gesetz erhoben. Das war aus organisatorischen Gründen nicht möglich. "Als deshalb die Forderungen abgelehnt wurden," stellt Maercker fest, "traten auch die Halleschen Arbeiter am 25.2. in den Streik." Immerhin räumt der Freikorpsführer ein, dass essentielle politische Fragen die Unruhen auslösten, nämlich Grundfragen der Wirtschaftsdemokratie.

Die Deutsche Verfassungsgeschichte (1978, Band V, 1099 bis 1101) erkennt darauf, dass der mitteldeutsche Bergarbeiterstreik vom Februar / März 1919 durch einen Aufruf der KPD-Zentrale angezettelt wurde. Zu sehen und zu greifen ist die

Konferenz der Bergarbeiter
des mitteldeutschen Industriereviers,

die am 23. Februar 1919 im Volkspark von Halle tagte. Es "war eine der wichtigsten Konferenzen," erläutert das Weißenfelser Tageblatt am 25. Februar, "die die Bergarbeiter unseres Bezirkes je abgehalten haben." Wir stehen, heisst es in der Entschließung der Konferenz an die Reichsregierung, "mit den auf der Konferenz vertretenen Bezirks-Arbeiter- und Soldatenräten [am 4. und 5. Februar 1919] von Merseburg und Erfurt, den Abordnungen der Eisenbahner, der chemischen Industrie und den Überlandzentralen auf den Boden der Demokratie in den Betrieben" und fordern deren Durchführung in allen Reichs- und Staatsbetrieben.

Die Konferenz fand in einer politisch äusserst angespannten Lage statt. Zwei Tage zuvor erschoss Anton Graf von Arco auf Valley (1897-1945) in München den bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner (USPD). Erst im Januar fielen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht der Reaktion zum Opfer. Jetzt sorgen sich die Bergarbeiter wegen der "Verschleppung" (Verhaftung) von Leutnant Friedrich Ferchlandt, Mitglied des Halleschen Soldatenrates. Begeistert "begrüssen" sie "die Errichtung der sozialistischen Räterepublik Bayerns". Sie fordern die Sozialisierung der Kohleindustrie, Anerkennung der gewählten Betriebsräte, Zurückziehung der Regierungstruppen aus Gotha und Annullierung des Regierungs-Ministererlasses Armee-Verordnungsblatt No. 9 zur Auflösung der Arbeiter- und Soldaten-Räte. Die Konferenz will "die Verwirklichung der Demokratie durch sofortige Anerkennung der direkt und gemeinsam gewählten Betriebsräte der Arbeiter- und Angestellten und des sich darauf aufbauenden Bezirks-Bergarbeiter-Rates". In der Entschliessung künden sie an:

"Da alle Wege beschritten sind, die Forderungen der Bergarbeiter durchzusetzen, sie aber von der Regierung zurückgewiesen sind, gebrauchen wir die letzte furchtbare Waffe und erklären für Montag, den 24. Februar 1919 den Generalstreik."

Eigentümlicherweise beginnt der Streik in Weissenfels und Zeitz, geführt vom Bezirks-Bergarbeiterrat, bereits am 22. Februar. Ihm gehören je ein Vertreter des Bezirks-Arbeiter- und Soldatenrates, des Halleschen Arbeiter- und Soldatenrates, der Parteileitung des Sozialdemokratischen Vereins Halle-Saalkreis (USPD), des Metallarbeiterverbandes und des Eisenbahner-Verbandes an.

Die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe, Eisenbahn und Elektrizitätswerke schliessen sich dem Streik an. Oft standen die Landarbeiter der grossen Güter nicht Abseits. Ebenso machen einige örtliche Gewerkschaftskartelle mit. Am 25. Februar folgen die Naumburger dem Ruf der Kohlekumpel.

Der Generalstreik, meldet der Teplitzer-Schönauer Anzeiger am 29. Februar 1919, hat sich auf ganz Sachsen und Thüringen auegedehnt. Die Telefonverbindung und der Zugverkehr zwischen Weimar und Berlin ist unterbrochen. Der Streik im Mitteldeutschen Braunkohlerevier dehnt sich aus. In Halle herrscht Aufruhr. In Naumburg und Merseburg hat die Bürgerschaft zum Gegenstreik gegriffen.

 

Im Land verringert sich die Zahl der Schlachtschweine weit unter die Hälfte des Friedensbestandes und beim Rindvieh um 3 Millionen Stück. Der Milchertrag geht von 15,6 Milliarden Liter im Jahre 1916 auf 11,4 im Jahr 1918 zurück. Im gleichen Zeitraum sinkt die Butter-Produktion von 320 000 Tonnen auf 240 000 Tonnen. Anfang 1919 werden kaum 190 000 Tonnen erwartet. Auf Grund des Mangels an Rohfetten kann nicht ausreichend Margarine produziert und bereitgestellt werden. Die Kartoffelernte fiel schlecht aus. Ihre Verwendung für die Schnapsproduktion und Brotstreckung muss stark eingeschränkt werden. Bedingt durch die Blockade der Alliierten ist die Fischversorgung völlig unzureichend und nicht steigerbar. (Vgl. Hunger) Besonders ernst stellt sich die Ernährungslage in den Gross- und Industriestädten, wie Halle, Weißenfels und Zeitz dar. Kinder erhalten oft zu wenig und zu schlechte Nahrung.

Der Hunger vor der Tür. "Volksstimme", Magdeburg, den 6. März 1919

 

Einerseits kommt der Streik zur Unzeit. Vor der Tür steht der Hunger. Kraftwerke und Haushalte können nicht zuverlässig mit Kohle beliefert werden. Das Streikgebiet umfasst die Abbaugebiete Markkleeberg, Borna, Altenburg, Meuselwitz, Bitterfeld, Geiseltal, Merseburg und Querfurt. Ein Aufruf der Reichsregierung vom 1. März spricht von der Pflicht zur Arbeit und der Gefahr von Anarchie. "Da lautet das erste Gebot: An die Arbeit!"

Heftiger Streit ist vorprogrammiert, was die Volksstimme (Magdeburg) am 27. Februar 1919 zum Ausdruck bringt: "Im Braunkohlerevier bei Halle wird gestreikt, um den Sturz der Reichsregierung und die Beseitigung der Nationalversammlung zu erzielen."

"Diesem Treiben muss mit rücksichtsloser Strenge entgegengetreten werden."

Am 4. März 1919 repetiert die Zeitung noch einmal den Standpunkt der Regierung: "Der politische Massenstreik war als Kampfmittel der Entrechteten angebracht, solange die Arbeiter unter dem politischen Joche der Junker und Kapitalisten schmachteten. Seit den entscheidenden Novembertagen hat er seinen Sinn verloren. Seitdem herrscht politische Gleichheit und Demokratie. Seitdem besitzt die Arbeiterklasse andre Mittel, um ihren Willen in der Gesetzgebung zur Geltung zu bringen. Seitdem schneidet jeder politische Massenstreik ins eigene Fleisch der Arbeiter."

Damit ist klar ausgesprochen, was die Regierung erreichen will. Von einem Aufstand der Bergarbeiter, wie es die Deutsche Verfassungsgeschichte (1978, Band V, 1099 bis 1101) tut, kann man nicht sprechen. Der Streik wurde öffentlich vorbereitet, erfüllte demokratische Mindeststandards und war nicht mit anderen Formen der Gewaltanwendung gegen den Staat kombiniert. Aber natürlich liegt er völlig quer zur Regierungspolitik.

Schliesslich verliert die Regierung die Geduld und schickt Truppen nach Halle (Saale) und Zeitz.

Gustav Noske erteilt am 25. Februar 1919 den Befehl zur Unterdrückung des mitteldeutschen Aufstandes. Das war "angesichts der Gefahren," rechtfertigt 1978 Ernst Rudolf Huber das Vorgehen, "die sich aus den mitteldeutschen Unruhen für die in Weimar tagende Nationalversammlung ergaben" notwendig.

Jedenfalls war die Situation sehr ernst. "Auch für Naumburg wurde in letzter Nacht", besagt eine Nachricht vom 1. März 1919, "die Ankunft von Spartakisten in Rechnung gezogen. Es sollen aus diesem Grunde Maschinengewehre auf dem Hauptbahnhof aufgefahren und Handgranaten bereit gelegt worden sein." Das Naumburger Tageblatt vom 1. März 1919 hofft: "Man wird nun endlich diesen unerhörten Zuständen, die nun schon glücklich zu einer Verschiebung der Zusammentritte der preußischen Landesversammlung auf unbestimmte Zeit geführt haben, ein Ende bereiten."

Einerseits kam, wie oben erörtert, der Bergarbeiterstreik vom Februar / März 1919 in Mitteldeutschland zur Unzeit. Andererseits war die Revolution noch nicht abgeschlossen. Getragen von der Enttäuschung der Arbeiterschaft über die unzureichenden Fortschritte der Sozialisierung, Demontage der Räte-Bewegung und repressive Politik der SPD artikulieren die Streiks im Frühjahr 1919 den Willen der Anhänger der Räte-Bewegung. Bezogen auf ganz Deutschland blieben sie isoliert, konzentrierten sich auf Berlin, Mitteldeutschland und das Ruhrgebiet.

 

Halle

Am 1. März gegen 11.30 Uhr marschieren Maerckers Truppen mit 3 000 Mann in Halle ein. Ein zeitnah veröffentlichter Bericht über

Die Besetzung von Halle durch die Regierungstruppen

gibt folgende Schilderung: Das Militär zieht von Halberstadt heran. "Die Regierungstruppen von Ammendorf her waren für Sonntag [2. März] gemeldet, trafen aber schon am Sonnabend abend ein und konnten so ungestört in die Stadt einziehen. Sie nahmen in der Charlottenschule Quartier. Als die letzten dort einziehen wollten, schrien die umstehenden Arbeiter "Haut ihn!", "Bezahlte Söldner" usw. Darauf warfen die Regierungstruppen Handgranaten unter die Arbeiter, die sich in die Strassen verteilten, und es kam zu Tumulten. In die Leipziger Strasse hinein schossen die Regierungstruppen mit Gasgranaten, etwa 15 Schuss, ein giftiges Reizgas. Gegen die Unabhängigen wurden an der Post fünf Maschinengewehre und zwei Geschütze aufgestellt.

Am Abend zwischen 7 und 8 Uhr rottete sich die Sicherheitswache in Halle zusammen und zog nach der Ulrichstraße, schlug mit den Gewehrkolben die Schaufenster ein und plünderte. Die Aufräumungsarbeiten wurden Sonntag begonnen. Gegen diese Sicherheitsmannschaften mussten die Regierungstruppen Maschinengewehre anwenden. Als diese die Ulrichstraße bestrichen, räumten Sicherheitsmannschaften die Straße, einige Sicherheitsposten setzten sich aber an der Ecke der Gr. und Kl. Steinstraße fest und beschossen die Regierungstruppen an der Post. Die Regierungstruppen erwiderten lebhaft das Feuer der Angreifer, so dass etliche Passanten, die unbekümmert durch die Strassen gingen, angeschossen wurden, zwei Mann erhielten Bauchschüsse, zwei wurden leichter, einer schwer verwundet."

"Die Ruhe und Sicherheit des privaten und Staatseigentums war gesichert", schätzt die Streikleitung von Weißenfels am 4. März 1919 die Lage ein, "solange der Arbeiter- und Soldatenrat in Halle allein seine Funktion ausführen konnte."

Die Unruhen soll eine Kundgebung der USPD am 2. März mit Bruno Böttge (1891-1967) auf dem Marktplatz ausgelöst haben, die viele Tote und Verwundete fordert.

"125 Opfer in Halle!",

meldet das Naumburger Tageblatt am 10. März 1919.

Am 2. März wurde der Verbindungsoffizier des Preußischen Kriegsministeriums Oberst Robert von Klüber (geboren 1873) Opfer eines "ruchlosen Spartakistenmord", berichtet umgehend das Naumburger Tageblatt. Der ehemalige Militärattaché in Brüssel, Den Haag, Paris und Chef des Generalstabs des IX. Armee-Korps war "auf offener Straße von Spartakisten überfallen" und "mit dem Knüppel halb tot geschlagen" in die Saale geworfen worden. Beim Versuch das Ufer wieder zu erlangen, "wurden dem unglücklichen Opfer" in "gemeinster Mordlust beide Hände abgehackt". So schlimm es auch war, "die Tat und ihre abstossende Brutalität waren nicht typisch für den Widerstand gegen die Regierungstruppen." (Schumann 2001, 57) Hiernach soll Georg Maercker den USPD-Vormännern Wilhelm Koenen und Otto Kilian mitgeteilt haben, dass der Arbeiter- und Soldatenrat nicht mehr existiere.

 

Zeitz

Tags darauf reagiert der Bürgerausschuss der Stadt Zeitz mit ultimativen Gegenforderungen auf den Streik:

Sofortige Aufnahme der Arbeit in den Betrieben (besonders die zur Förderung der Kohle), Schutz der Arbeitswilligen, Herausgabe der beschlagnahmten Waffen, Sicherung der Pressefreiheit, Einzug der roten Fahnen von den öffentlichen Gebäuden, Auflösung des Arbeiter- und Soldatenrates und der Sicherheitskompanie sowie die Wiedereinsetzung der Polizei in ihre Aufgaben.

Ladenbesitzer, Apotheker und Handwerker verleihen den Forderungen mit einem Gegenstreik Nachdruck, "um dadurch die Spartakisten zu zwingen," wie die Volksstimme (Magdeburg) am 27. Februar 1919 erläutert, "von der Terrorisierung der Massen Abstand zu nehmen." Allerdings war der Ausstand weniger das Werk von Spartakisten und Bolschewisten als derjenigen, die an den Fortschritt glaubten: Sozialisierung der Bergwerke, Anerkennung der Betriebsräte in der Verfassung und Ausdehnung der Demokratie auf die Wirtschaft.

Louis Drechsler, Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates, warnt im Auftrag der Streikleitung den Magistrat der Stadt vor den Folgen. Zunächst reagiert der Bürgermeister nicht. Trotzdem folgen die Beschäftigten am 28. Februar dem Vorschlag des Magistrats ihre Arbeit im Elektrizitätswerk, Krankenhaus, Wasser- und Gaswerk und im Schlachthof sowie zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln wiederaufzunehmen. Hingegen beenden die Beamten den Streik zunächst nicht.

 

Der SPD Unterbezirk Naumburg -Weissenfels-Zeitz zählte 1914: 6 389 und 1915: 3 358 Mitglieder.

 

Jetzt stehen in der 35 000 Einwohner zählenden Stadt alle Fabriken und Werkstätten still. Keine Kohle, kein Verkehr, keine Produktion.

Zeitz liegt 30 Kilometer südöstlich von Naumburg und ist seit dem 28. Juni 1900 mit ihr durch eine Eisenbahnlinie verbunden. Sie ist stark industrialisiert und eine Arbeiterstadt. Mit den Braunkohletagebauen und ihren Brikettfabriken und Kraftwerken entstanden hier viele Arbeitsplätze. Das begünstigte die Entstehung der Arbeiterbewegung. Am 16. Juni 1898 stimmten zur Reichstagswahl im Wahlbezirk Naumburg-Weißenfels-Zeitz 18 235 Bürger für den Sozialdemokraten Thiele. Die beiden bürgerlichen Kandidaten erreichten zusammen lediglich 16 912 Stimmen. (Leopoldt 210) Adolph Hoffmann (SPD / USPD) kandidierte hier 1904 für den Reichstag und 1908 für den preußischen Landtag. 1889 nahm er am Gründungskongress der II. Internationalen in Paris teil. In Zeitz wirkten weitere bekannte Sozialisten, wie Paul Lenzer (SPD), Adolf Leopoldt (SPD), Bernhard Düwell (SPD / USPD), Albert Bergholz (USPD, SPD), Max Benkwitz (SPD, USPD, KPD) oder Rudolf Agricola (SPD / SAP). Die USPD zählt im Beitragzahlgebiet mehr als 10 000 Mitglieder.

Sozialdemokraten und Kommunisten sind im Gebiet Zeitz-Weißenfels-Naumburg organisiert.

 

Wahlergebnisse der Stadt Zeitz zur Nationalversammlung 1919
und zum Reichstag 1920 [Angaben in Prozent]
               
               
 
USPD
SPD
KPD
DNVP
DVP
DDP
Zentrum
               
1919
50,4
11.6
 
8,1
6,0
22,7
1,2
1920
52,6
7,3
1,7
14,3
14,3
8,9
6,7

 

DNVP - Deutschnationale Volkspartei
DVP - Deutsche Volkspartei
DDP - Deutsche Demokratische Partei
KPD - Kommunistische Partei
SPD - Sozialdemokratische Partei Deutschlands
USPD - Unabhängige Sozialdemokratische Partei
Zentrum - Deutsche Zentrumspartei (Vertreter des politischen Katholizismus)

 

"Von mir bekannten Orten nenne ich", verkündet Hans Bauer 1928 in der Weltbühne, "Weißenfels und Zeitz, wo es eine irgendwie in Betracht kommende rechtssozialistische Organisation so wenig gibt wie in Altenburg eine unabhängige. Grund: in Weißenfels und Zeitz ist der Volksbote unabhängig, in Altenburg ist das Volksblatt rechtssozialistisch."

Der Volksbote, das offizielle Organ der Sozialdemokratie des Wahlkreises Naumburg-Weißenfels-Zeitz, erschien das erste Mal nach dem Fall des Sozialstengesetzes am 1. April 1890. Zunächst dreimal wöchentlich mit einer Auflage von 3000 bis 5000 Exemplare. Ihr erster verantwortlicher Redakteur und Herausgeber war von 1890 bis 1893 Adolph Hoffmann. Ab 1. Oktober 1890 wurde die Zeitung nicht mehr in Leipzig gedruckt. Adolph Hoffmann und Adolf Leopoldt zogen nach Zeitz, mieteten einen kleinen Laden am Neumarkt 38. Hier wurden die Redaktion und Expedition sowie der Buchhandel eingerichtet. (Vgl. Bandur 14) 1920 zählt die Zeitung 16 000 Abonnenten. Weitere verantwortliche Redakteure waren Cuno Blechschmidt, Andreas Stroinski (1912), Bernhard Düwell (1919) und Albert Bergholz (1919), dann Paul Lenzner (1919), schliesslich Paul Franken (1924), der im Herbst 1944 in einem Lager im Workuta-Gebiet an einer Blutvergiftung stirbt, Alfred Lowitzsch (1926) und P. W. Eissold (1930). Josef Windau, Vorsitzender des Verbandes der Lithographen von 1906 bis 1912 in Zeitz, seit 1917 USPD-Mitglied und von 1918 bis 1920 Parteisekretär in Zeitz, ist 1911/12 als Expedient und 1917/18 als Redakteur beim Volksboten tätig.

In den Morgenstunden des 1. März 1919 durchsuchen Militär und Polizei in Zeitz die Redaktionsräume des Volksboten. Sie vermuten hier Waffen. Aber man fand keine. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte schürt die Stimmung gegen das Militär. ArbeiterInnen versammeln sich auf Plätzen und Straßen. Empört über den Einmarsch des Militärs, protestieren sie gegen die Besetzung der öffentlichen Ämter und Dienststellen. Es steigt die Kollisionsgefahr. Unter der Rubrik Die Streikbewegung im Reiche meldet am 5. März 1919 die sozialdemokratische Volksstimme aus Magdeburg: "Zeitz liegt infolge des Generalstreiks seit einer Woche völlig in Dunkelheit. Die gesamte Bürgerschaft ist in den Gegenstreik eingetreten. Am Montag kam zu es Schiessereien, bei denen ein Offizier und ein Matrose erschossen wurden, drei Unteroffiziere wurden schwer verwundet. Die Spartakisten verhafteten angesehene Bürger als Geisseln."

In letzter Zeit kam viel Militär in die Stadt, berichtet Adolph Leopoldt. Befehlshaber war ein General Buchholz, dem der Hauptmann von Winterfeldt unterstand. "Der Arbeiterrat hatte in Verhandlungen mit letzterem zugegeben, dass öffentliche und lebenswichtige Betriebe mit Militär besetzt werden können, doch sollte das aber ganz unauffällig vor sich gehen. Der Hauptmann hielt aber sein Wort nicht, er liess sogar Maschinengewehre an die betreffenden Stellen bringen. Das brachte die Arbeiterschaft in höchste Aufregung." Das Militär benimmt "sich unter der Führung eines Hauptmanns von Winterfeldt [in Zeitz] außerordentlich provozierend." (Leopoldt 147) Auf diese Weise zieht es den wachsenden Widerwillen vieler Bürger auf sich. Die Proleten fühlen sich bedroht, insistiert der Arbeiter- und Soldatenrat beim Kommandeur Winterfeldt, worauf der geantwortet haben soll:

"Das ist gar nicht so schlimm, wenn es zum Blutvergießen kommen sollte; ich habe das in Berlin mitgemacht; wenn erst die Maschinengewehre einmal schnattern, wenn die Zeitzer Arbeiter mit den Schnauzen auf dem Pflaster liegen, dann sollen sie einmal sehen; ich bin auch mit den Berliner Arbeitern fertig geworden." (Düwell 29.7.1920)

In dieser äusserst angespannten sicherheitspolitischen Lage erschiesst Leutnant Schröder den Matrosen Kurt Lange. Das Ereignis strahlt auf die ganze Region aus und zieht den Landfriedensbruchprozess in Naumburg nach sich.

Am 1. März 1919 gegen 1 Uhr mittags tritt Leutnant Schröder aus der Gaststätte Zur Tulpe auf die Weissenfelser Strasse 1 und wendet den Schritt stadteinwärts zur Auebrücke, die grob geschätzt 500 Meter entfernt liegt. Bei dessen Überquerung seien fünf sechs Leute hinter ihm hergegangen, sagen 15 Monate später Zeugen beim Gerichtsprozess in Naumburg aus. Aus Richtung Stadt kommen ihnen auf der Brücke der Matrose Kurt Lange aus Zangenberg und ein Arbeiter entgegen.

Auebrücke in Zeitz. Oben um 1920. Das Fotos darunter wurde 2009 aufgenommen.

 

Siehe auch:

Tafeln erinnern an getöteten Matrosen und elf Kumpel
von Claudia Petasch

In: mz-web.de, Mitteldeutsche Zeitung, 1.März 2009

 

 

Am 13. August 1923 marschieren 10 000 Bergarbeiter von Theißen nach Zeitz. An der Auebrücke treffen sie auf die Schutzpolizei. Die Demonstranten rufen ihnen zu, sie sollen die Waffen wegwerfen und mitdemonstrieren. Schüsse. Neun Demonstranten sind tot und 30 verletzt. Zwei Bergarbeiter erliegen noch am selben Tag ihren Verletzungen.

 

Als sie auf gleicher Höhe sind, sagt Lange: "Der mag nun auch sein blaues Band abmachen, dass er nicht als Offizier erkannt wird." Außerdem sollen beide den Offizier vom 97. Infanterieregiment aufgefordert haben, den offen zur Schau gestellten Armeerevolver abzulegen. Von der Waffenschau fühlen sich die Streikenden provoziert. Umgekehrt missfällt dem Leutnant die Aufforderung. Er denkt überhaupt nicht daran seine Pistole abzulegen. Schnell beginnt ein Handgemenge. "Er hielt die Menge durch die Drohung mit dem Revolver ab und wandte sich dann zur Flucht. Der Matrose folgte ihm und stellte ihm ein Bein, so dass er zu Fall kam. Als der Matrose auf ihn lag, gab Schröder einen Schuss ab, der den Matrosen tödlich traf." Darauf fallen die anderen über den Offizier her. Der kann sich losmachen und flüchtet durch den Mühlgraben. Kugeln jagen hinter ihm her.

Schlagt den Hund Tod!,

schreit die Menge. Schwimmend erreicht er das andere Ufer. Einige Bürger helfen ihn an Land. Aber die rasende Meute, die wegen des toten Kurt Lange aufgebracht und die Kontrolle über sich verliert, stellt den Fliehenden erneut. "Der Garnisonspfarrer der die Menge beruhigen wollte, wurde blutig geschlagen." Aus dem Tumult führt die Witwe Martha Stempel, geborene Koettnitz, den Verletzten in ihre Wohnung Wasservorstadt 17a. Darauf versammelt sich vor ihrem Haus schnell eine Menschenmenge und fordert die Herausgabe des Leutnants. "Der Hund muss runter", schallt es von der Strasse. "Die Bewohner konnten, da die Türen eingeschlagen und die Fenster zertrümmert wurden, sich dem Verlangen der Menge nicht länger widersetzen", berichtet Justizminister Doktor Heinze am 27. Januar 1921 im Deutschen Reichstag, "und lieferten den nur mit einem Hemd bekleideten Leutnant in einer Decke gehüllt aus." Dann laden sie ihn auf einen Handwagen. Unter dem Johlen der Menge bewegt sich der Tross durch die Wasservorstadt. "Unterwegs wurde er fortgesetzt angespien und mit Stöcken, Fäusten und Eisenstäben geschlagen." Warum diese Fahrt erfolgte, ist umstritten. Später behaupten einige vor Gericht, sie wollten den Verletzten ins Krankenhaus bringen. Bald darauf warf die Rotte den Wagen um.

"Der Matrose Dieht schleppte den noch lebenden Leutnant über das Pflaster, legt ihn an die Bordschwelle, nahm einen gewissen Max Keil den Karabiner ab, liess die Menge zurücktreten, und schoss aus 5 Schritt Entfernung den Leutnant in den Kopf." (Heinze) Schlimme, fürchterliche Worte fallen: "Beeilt euch ein bisschen, dort unten gibt's es frisches Gehirn!" Oder: "Den könnt ihr nun einwecken." Soldatenratsmitglied Schippa fand den Erschossenen am Wendischen Berg. Das Gesicht war mit einem Lumpen abgedeckt.

Die Inspektion der Leiche von Leutnant Schröder führte Generaloberarzt Doktor Neumann und Oberstabsarzt Doktor Runge durch. Ihnen fiel sofort die 18 Zentimeter lange und 10 Zentimeter breite Wunde am Hinterkopf auf. Ein fürchterlicher Anblick: Ein Handteller großes Stück an Knochen und etwas Hirn waren herausgeschlagen. Der harte Teil des Schädels war durch Fehlen von Weichmasse eingesunken. Etwas blutige Masse hing heraus. Das Gesicht aufgedunsen. Die Knochen des Kopfes hingen lose zusammen, wodurch das Gesicht eine verbreiterte Form angenommen hatte. Teile des Gehirns waren durch die aus der Nähe abgefeuerten Schüsse aus dem Kopf herausgeschleudert worden und lagen am Rinnstein. Am ganzen Körper Blutaustritte unter der Haut. Gut erkennbar die Einwirkung von Stockschlägen an Gesicht, Armen und Beinen. Eine Stichwunde, vielleicht von einem Seitengewehr, war unterhalb der Rippen zu sehen.

Bald darauf kommt es zur Erstürmung der Untermühle und Entwaffnung des hier stationierten Militärs. Und trotzdem wollte die Empörung noch immer nicht abkühlen. Weitere Aktionen folgen.

Der Wendische Berg in Zeitz mit Standseilbahn (eingeweiht 1877, außerbetrieb seit 1959)

Über das Verbrechen an Leutnant Schröder verhandelt und richtet das Naumburger Schwurgericht unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Hagen vom 30. Mai bis 3. Juli 1920 im Zeitzer Landfriedensbruchprozess. Er wühlt die politische Öffentlichkeit der Region auf. Von den vierzig Angeklagten will niemand gesehen haben, wer Leutnant Schröder totgeschlagen hat. Bernhard Düwell wirft sich am 29. Juli 1920 vor dem Reichstag für die Angeklagten in die Bresche:

"Es war wiederum ein ganz übles, wahrscheinlich ein bezahltes Subjekt, ein Landstreicher, ein notorisch wiederholt vorbestrafter Landstreicher, der dem Naumburger Staatsanwalt als Kron- und Schwurzeuge diente, auf Grund dessen Aussage dann das ungeheuerliche Urteil gefällt wurde."

Noch ein weiterer Fall erregt, wie Adolf Leopoldt (vgl. 149) berichtet, die Gemüter. Am 16. Oktober 1919 erhielt ein Arbeiter fünf Jahre, zwei weitere drei Jahre und weitere zwei je 2 ½ Jahre Zuchthaus. Sie hatten während des Generalstreiks im Februar / März auf dem Markt von Zeitz den Stiefsohn des Bürgermeisters von Zeitz, welcher in einem Haufen Arbeiter erkannt und als Spitzel angesehen wurde, gewaltsam in die Rathaustür hineingeschoben.

Naumburg

 

Gewerkschaftskartell
Naumburg

Vorsitzender
Gustav Flöhl
Michaelisstraße 28

Schriftführer
Walter Keil
Moritzberg 1

Kassierer
Franz Schilling
Reußenplatz 4

 

Am 25. Februar verkünden Aushänge in den Strassen von Naumburg den Generalstreik. Seine Leitung obliegt dem Tischler Gustav Flöhl. Noch am selben Tag fordert Landrat Hellmuth Carl Ernst August Freiherr von Schele (1858-1922) die ihm unterstellten öffentlichen Institutionen auf in den Abwehrstreik zu treten, falls die allgemeine Arbeitsniederlegung nicht bis nächsten Tag um 12 Uhr Mittag beendet wird. Apotheken schliessen, Ärzte legen die Tätigkeit nieder. Post- und Zollamt, Oberlandes-, Land- und Amtsgericht verriegeln ihre Türen. Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerk stellen den Betrieb ein. Alles, wie sie ausdrücklich feststellen, zur Unterstützung der Regierung Ebert-Scheidemann.

 

Magistrat und Stadtverwaltung erkennen den Ernst der Lage, ergreifen verschiedene Massnahmen. Darüber berichtet Bürgermeister Karl Roloff am 21. Mai 1919 in seiner Eigenschaft als Leiter der Polizeiverwaltung Naumburg an das Reichsamt des Inneren in Berlin: "Bis zum Generalstreik benutzte die Wachkompanie unsere Rathauswache mit als Wachlokal für eine aus 1 Unteroffizier und 15 Mann bestehende Wache, die militärische Dienstgebäude und Lagerplätze und Getreidelager zu bewachen hatte. Von diesen Leuten wurden wiederholt Gegenstände, z.B. Fahrräder und beschlagnahmte Lebensmittel, auf der Rathauswache gestohlen. Bei der von uns veranlassten Prüfung der einzelnen Mitglieder der Garnisons-Wachkompanie wurde festgestellt, dass eine erhebliche Zahl von ihnen wegen Eigentumsvergehen bestraft waren - der Hauptvertrauensmann, ein gewisser Menzel wiederholt mit Zuchthaus wegen versuchten Raubes.

Hiernach drangen wir darauf, dass die Wachkompanie-Leute sofort aus unserer Rathauswache entfernt wurden.

Während der Streiktage liessen wir uns zur Verstärkung der Rathauswache und des Verwaltungsgebäudes, in dem u.a. die Lebensmittelkarten aufbewahrt und ausgegeben werden, 40 zuverlässige, ausgesuchte Leute vom Jäger-Bataillon 4 zuteilen. Diese Maßnahmen machten auch Drohungen von Angehörigen der Wachkompanie wegen ihrer Ablösung in der Rathauswache notwendig."

 

Bevor der Entschluss der Bürger- und Beamtenschaft zum Gegenstreik voll zur Wirkung kommt, spricht sich am Mittwochnachmittag die Mehrheit der Mitglieder einer Versammlung des Gewerkschaftskartells nach einer zweistündigen Diskussion in der Reichskrone für den Abbruch des Streiks aus. Vornan Versammlungsleiter Gustav Flöhl (SPD, Schriftsetzer) und Maurer Rauchbach. Vergeblich setzt sich Maler Leopold Heinrich für die Fortführung ein. "Wenn doch der Generalstreik aufhören soll," sagt er, "so streiken wir eben weiter für das Fortbestehen des Arbeiterrates!" Aber für einen politischen Streik, erhält er zur Antwort, wird kein Geld aus den Gewerkschaftskassen bezahlt. Es droht das Ende der Solidarität! Deshalb eilt am 27. Februar Fred Oelßner (1903-1977) vom Bezirksarbeiterrat Merseburg zu den Naumburger Sorgenkindern. In einer öffentlichen Versammlung der USPD in der Reichskrone will er klären, warum die Mehrheitssozialisten (Gustav Flöhl, Michaelisstraße 28, Ernst Heinrich Bethge, Bürgergartenpromenade 9, Otto Teichmann, Peter-Paul-Straße 14) vom Streik abfielen. Die Sache spricht für sich: In der Abstimmung unterlag der USPD Flügel (Paul Hesse, Michaelisstraße 82, Leopold Heinrich, Dompredigergasse 16 und Hugo Schwarz, Dompredigergasse 16) den Mehrheitssozialisten. Oelßner hält dieses Vorgehen für nicht opportun. Er fordert das Aus für die "säbelrasselnde Gesellschaft samt Hindenburg". Es bleibt beim Beschluss, den Streik zu beenden.


Volksstimme
, Magdeburg, den 7. März 1919

"Es war bekanntlich im März 1919 in Mitteldeutschland aus der Erregung darüber, dass die damalige Regierung wie schon so häufig ihr Wort gebrochen hatte, indem sie die Sozialisierung, die sie versprochen hatte, zwar an den Strassenecken plakatierte, aber keine Miene zur Durchführung machte, zu einem Generalstreik gekommen." (Bernhard Düwell, Nationalversammlung, 29. Juli 1920)

 

Die Mehrheit der Bergleute im Revier Meuselwitz-Altenburg drängt auf die Wiederaufnahme der Arbeit, meldet die Volksstimme aus Magdeburg am 5. März 1919. Andere Nachrichten nennen den 7. März als Tag der Beendigung des Streiks.

Am 7. und 8. März 1919 berät die National-versammlung über das Soziali-sierungsgesetz. Nach Auffassung des SPD Abgeordneten Otto Hue (1868-1922) befinden wir uns damit an einem Wendepunkt unserer Wirtschaftsgeschichte (22. Sitzung, 7. März). Und die Magdeburger Volksstimme meldet: Die Sozialisierung ist da!

Mit den Stimmen der sozialdemokratischen Partei und Deutschen Demokratischen Partei, aber gegen die Konservativen, beschliesst am 13. März 1919 die Nationalversammlung das Gesetz über die Kohlenwirtschaft. Es stellt die Kohlesyndikate unter Kontrolle eines 60zig-köpfigen Reichskohlerates, indem die Arbeitnehmer lediglich mit 22 Sitzen vertreten sind. Es nimmt den Protesten allmählich die Schärfe, schien es doch so, als wenn man den Forderungen der Linken entgegenkommt, in deren politischen Bewusstsein die Sozialisierung eng mit der Vergesellschaftung der Produktion assoziiert.

Laut Paragraf 2 des Sozialisierungsgesetzes ist es Aufgabe des Reiches "Unternehmen und Werte, insbesondere Bodenschätze und Naturkräfte in die deutsche Gemeinwirtschaft zu überführen, sowie die Herstellung und Verteilung der wirtschaftlichen Güter für die deutsche Gemeinwirtschaft zugunsten des Reiches" und der Gemeinden zu regeln. Zwar wäre damit eine Vergesellschaftung von Unternehmen im Bereich von Bergbau und Energiewirtschaft gegen eine angemessene Entschädigung möglich, ist aber wegen der damit verbundenen hohen Kosten praktisch nicht durchführbar.

 

Gründung einer neuen konservativen Partei  nach oben

Der militärische Zusammenbruch, das Versagen der wilhelminischen Elite, die Abdankung des Kaisers und das Scheitern der Vaterlandspartei brachte die National-Konservativen in eine äusserst missliche Lage. Einen wichtigen Impuls verlieh ihnen der DNVP-Gründungsaufruf vom 24. November 1918. An die deutschnational orientierten Bürger gerichtet, verkündet er noch ziemlich richtungsoffen: "Wir sind bereit und entschlossen, auf dem Boden jeder Staatsform mitzuarbeiten, in der Recht und Ordnung herrschen. Gegen jede Diktatur einer einzelnen Bevölkerungsgruppe verwahren wir uns."

Sie müssen sich möglichst schnell konsolidieren, denn am 19. Januar 1919 sind die Wahlen zur Nationalversammlung. Hierüber beraten alle Vertreter der konservativen Parteien des Stadt- und Landkreises Naumburg am Nachmittag des

2. Dezember 1918 im Schwarzen Ross.

Der Ort scheint auf die Nationalen eine besondere Anziehungskraft auszuüben. Nach dem Tag von Potsdam am 21. März 1933 trafen sich hier die Mitglieder der streng nationalen Familie zum Siegestrunk. Als der Kronprinz August Wilhelm von Preußen (1887-1949), der die Nationalsozialisten bereits in der Juli-Wahl-Kampagne `32 unterstützte, am 6. September 1933 zur Einweihung des Langemarcks-Denkmals anreist, nimmt er ebenfalls im Hotel zum Schwarzen Ross (Inhaber August Dinter) Quartier.

Sie beschliessen die Auflösung ihrer Vereinigungen, um hernach sofort der DNVP beizutreten. Vor allem durfte man den Fehler der Vaterlandspartei nicht wiederholen, Honoratiorenpartei zu sein.

Doktor Georg Wilhelm Schiele
(1868-1932)

Abends ruft das konservative Bürgertum - Nationalliberale, Nationalkonservative, Freikonservative, Völkische, Alldeutsche - erneut zur politischen Versammlung in die Reichskrone. Als Hauptredner ist Georg Schiele (Naumburg) bestellt. Sein Auftritt für die Republik überrascht etwas, denn als Herausgeber der Naumburger Briefe ist er für Ablehnung dieser Form der Demokratie bekannt. Jetzt kommt es aber auf die Vereinigung der verschiedensten konservativen Strömungen an. An diesem Montag referiert er in der Reichskrone über:

Was erwarten wir von der Nationalversammlung?

"Wir erwarten von ihr - den Frieden", lautet seine Antwort. Die Revolution soll zum Stillstand kommen und die Nationalversammlung soll entscheiden, welchen Weg das deutsche Volk einschlägt. "Unser Volk gleicht einem Schiff, das in höchster Seenot ist." "Wir müssen wieder an die Arbeit. Aber wie?" "Führen wir eine neue Wirtschaftsordnung ein, eine sozialistische, wie die Sozialdemokraten wollen," lautete die Gretchen-Frage, "oder kehren wir zurück zu der alten, freiheitlichen, liberalen bewährten Wirtschaftsordnung .... Kann man mit der sogenannten Sozialisierung die Menschen besser satt machen .... oder kann man das besser mit einer liberalen Wirtschaftsordnung?" Das ist eine rhetorische Frage, denn für den Redner ist längst klar, die Ziele der Wirtschaftspolitik lauten: Freier Handel, offene Märkte und Überwindung (von 35 000 Verordnungen, wie er gerne polemisiert) der Kriegswirtschaft. "In Deutschland wird erst dann wieder jedermann genug zu essen haben, wenn man den freien Handel wieder in sein Recht setzt". Für diese Wirtschaftspolitik bedarf es der "Wiederherstellung der Ordnung".

Einladung zum 1. Landesparteitag der DNVP am 5. November 1919 in Halle
Der Vorsitzende der Ortsgruppe der Deutschnationalen Volkspartei Naumburg dankt ihm für die Rede und erteilt dem nächsten das Wort. General ausser Dienst Maximilian von Roehl (1853-1922) informiert die Anwesenden über die zuvor am Nachmittag im Schwarzen Ross gebildete Ortsgruppe der DNVP. Ihr steht Dr. med. Jebsen vor. Sein Vertreter ist Divisionspfarrer Merensky. Der Frauenbund und die Kolonialgesellschaft sollen sich ebenfalls anschliessen, fordert er.

Unter Bravorufen feuert Georg Schiele in den Saal:

"Wir brauchen hierzulande nicht auf die Herren Wortführer aus Berlin zu warten. Wir können diese Verschmelzungen selbst vornehmen."

"Denn die besonnenen Sozialdemokraten brauchen sich zur Seite ein starkes Bürgertum, sonst werden sie sich der Umsturz-Minderheit auf der Linken nicht erwehren können." Geht es nach ihm, dann sind die Deutschnationalen und Nationalliberalen willkommen, nicht aber die Mitglieder der Deutschen Volkspartei (DVP). Denn "Diese Partei ist international orientiert. Außerdem aber erklärt sie, und das ist das Gefährliche, dass die Zeit herbeigekommen ist für eine neue Wirtschaftsordnung." Daraus zieht Schiele die Schlussfolgerung: "Mit dieser Partei [der DVP] kann das Bürgertum nicht gehen, wenn es sich nicht selbst aufgibt."

Arthur Graf von Posadowsky-Wehner stellt dies nicht zufrieden. Er möchte die Vereinigung aller bürgerlichen Kräfte.

Was nun folgt, war nicht unbedingt zu erwarten. Auf die Rede von Georg Schiele erwidert Julius Hildebrandt (Naumburg):

Die „Deutsche Vaterlandspartei, die in der Führung mit der konservativen Partei identisch gewesen sei und der sich auch die Nationalliberalen angeschlossen gehabt hätten, sei diejenige Partei gewesen, die Deutschland an den Rand des Abgrundes gebracht hätte.“ Diese Parteien

"haben verbrecherisch gehandelt,

weil sie die alte Regierung stützten". "Das deutsche Volk habe niemals in einem Rechtsstaat gelebt, sondern nur ein kleiner Teil davon, die anderen hätten geseufzt. Durch den Umsturz würde dies anders werden".

Darauf antwortet Georg Schiele:

"Wir behalten die Überzeugung, daß wir die Angegriffenen sind, also nur einen Verteidigungskrieg führten."

 

DNVP
Ortsgruppe Naumburg

1919-1933

Vorsitzende

In der Anfangszeit: Rechtsanwalt Loewe als Stellvertreter, später Stahlhelm

OLGRat Dr. Fritze

Georg Wilhelm Schiele
(Friedensstraße 7E)

Oberlandesgerichtsrat Wilhelm Kosack (Hochstraße 19)

Dr. phil. nat. Wolfgang Schöbel, Apotheker und Nahrungsmittelchemiker, (Herrenstraße 2, Lorbeerbaum-Apotheke).

Geschäftsführerin
Eva Roth

Parteibüro
Bürgergartenpromenade 2 und später
Burgstraße 8

 

Am 6. Januar 1919 veröffentlicht die Ortsgruppe der Deutschnationalen Volkspartei Naumburg einen Aufruf, der eine freie Volksregierung, gewählt von der Nationalversammlung, unterstützt. Die Unterzeichner Doktor med. Jebsen (1. Vorsitzender), Professor Thümen (2. Vorsitzender), Rechtsanwalt Kröber (Erster Schriftführer), Oberstleutnant von Olearius (Zweiter Schriftführer), Oberlandesgerichtsrat Doktor Fritze, Divisionspfarrer Merensky, Rechtsanwalt Bindewald, Studienrat Flemming, Archidiakon Müller, Rechtsanwalt Burkhardt und andere versprechen:

"Für die Zukunft lehnen wir den Umsturz ab, wollen aber fleißig arbeiten an jedem nötigen Fortschritt und an jeder nützlichen Besserung die den Weg der Ordnung gehen. Fortschritt ist die Bedingung des Bestehens,"

In dieser Situation geht es aber darum, vom Geruch der Honoratiorenpartei loszuwerden und die Arbeiterschaft anzusprechen. Deshalb fordern die Deutschnationalen "gleiches Recht für alle, "ob reich ob arm, ob hoch-, ob wohl-, oder ob einfach geboren". Sie "verlangen Ehre und Schutz für redliche Arbeit, ob mit dem Spaten, mit dem Hammer, oder mit der Feder. Dabei besonderen Schutz für die wirtschaftlichen Schwächeren …." Einen ähnlichen politischen Weg schlug der ehemalige Naumburger Oberbürgermeister Emil Kraatz (1914, 350) in seinen Memoiren bereits vor:

"Je schärfer sich die Gegensätze bilden, desto dringender tritt an uns die Aufgabe heran, der sozialen Versöhnung die Wege zu ebenen."

Analysiert man die Ergebnisse der Stadtverordnetenwahl vom 2. März 1919, dann könnte der Ortsverband der DNVP durchaus bei den werktätigen Schichten, speziell bei den Handarbeitern, Stimmengewinne erreicht haben.

Ihr Versprechen Umsturzaktivitäten aufzugeben, hält die Partei nicht. Wolfgang Kapp putscht am 13. März 1920 mit Unterstützung von Georg Schiele aus Naumburg gegen die Regierung.

Im konservativen städtischen Bürgertum herrscht tiefe Unzufriedenheit mit der Republik und ihren Modernisierungseifer. Die Abdankung von Wilhelm II. hat es nicht verdaut und misstraut der marxistischen [SPD] Regierung. In diesem Fahrwasser rudert Archidiakon G. Müller (Bismarckplatz 2) dem Bund deutscher Männer und Frauen zum Schutze der persönlichen Freiheit und des Lebens Wilhelm II., der im Frühjahr 1919 öffentlich erklärt:

"Begreift, dass die Ehre des deutschen Volkes besudelt wird, wenn Euer ehemaliger Landesvater [der Kaiser], nur um die Rachegier belogener Völker zu befriedigen, zum Gespött der Welt vor einen Richterstuhl gezerrt wird."

Georg Schiele gibt am 2. Dezember 1918 auf der öffentlichen Versammlung in der Reichskrone zur DNVP preis:

"Wir haben das Gefühl, dass hier nicht eine Niederlage der Massen, sondern vielmehr eine Niederlage der Ehre des deutschen Volkes geschehen ist".

Einen Tag nach dem Aufruf vom 6. Januar erscheint im Naumburger Tageblatt die

"Errungenschaften der Revolution!"

Darin teilt die Deutschnationale Volkspartei mit:

"Es muss einmal gesagt werden, welche Folgen der so hoch gepriesene Umsturz bewirkt hat:

.... Wo ist nun ein Verständigungsfrieden ohne Annexionen? Wo ist überhaupt Frieden? Nicht einmal Ruhe und Frieden ist im Inneren; statt dessen Unzufriedenheit, Zerrissenheit, Unordnung, Willkürherrschaft, Klassenherrschaft, Hunger! Statt Frieden verstärkte Hungerblockade und schärfere Einschnürung Deutschlands.

....

Man überliefert das ganze Deutsche Reich den Feinden, und wir stehen jedem Einbruch, jeder Gebietsbesetzung vollständig wehrlos gegenüber. Elsaß-Lothringen ist fort .…"

Wo sind unsere Kolonien, wo unsere Flotte? Wo unsere Eisenbahnwagen, wo unsere Kraftwagen?"

Dieses Papier ist ohne Unterschrift. Möglicherweise wurde es auf Geheiss einer übergeordneten Leitung veröffentlicht. Das könnte die enormen Unterschiede in den politischen Aussagen zwischen dem Aufruf und den Errungenschaften der Revolution! erklären. Zudem wird hier deutlich, dass die DNVP weniger eine Partei, denn eine Sammlungsbewegung aus Deutschnationalen, Deutschkonservativen, Freikonservativen, Nationalliberalen, Völkischen und Alldeutschen war.

 

Ortsgruppe der DDP  nach oben

 

Deutsche Demokratische Partei

1. Vorsitzender Justizrat Wallach, 2. Vorsitzender Dr. Kurth, Schriftführer Rechtsanwalt Patzschke, Schatzmeister Buchdruckereibesitzer Hünsch

Vorsitzender
Doktor Röhl, Grochlitzer Straße 38
(etwa 1920 und um 1930)

Schulrat Bonitz, Jägerplatz 38
(um 1926)

Schriftführer
Rechtsanwalt Doktor Holländer (um 1920/21)

Schriftführer und Kassierer
Konrektor Drebes (1931)

Parteibüro
Burgstraße 67 (?)

Versammlungsort
Kaffeehaus Furcht (1930/31)



Die Demokraten wollen das neue Deutschland nicht mehr als Klassenstaat, sondern als Volksstaat. Besonders das Potenzial aus der Fortschrittlichen Volkspartei sucht seine politische Heimat und gründet am 18. Dezember in der Reichskrone die Ortsgruppe der Deutschen Demokratischen Partei. Landtagsabgeordneter Carl Delius (1874-1953) aus Halle sagt in seiner Ansprache: "Daß das monarchische System so schnell bei uns zusammenbrechen würde, habe niemand geglaubt; war doch bis vor kurzer Zeit die große Mehrheit des Volkes, bis in die Reihen der Rechtssozialisten hinein, durchaus monarchisch." (Demokratische 1918)

Rechtsanwalt Doktor Otto Holländer von der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) spricht am 25. Januar 1919 um 1/2 8 Uhr abends in Bad Kösen im Gasthaus Zur Tanne über die am nächsten Tag stattfinden preußischen Nationalwahlen. Seine Partei erhielt bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 in Naumburg 30,2 Prozent aller abgegebenen Stimmen (Liste Carl Delius (1874-1953) Wahlkreis 13 Merseburg).

 

USPD-Ortsgruppe  nach oben

Am 7. November 1919 gründen die USPD-Anhänger im Zum Goldenen Stiefel (Jacobsgasse 1) ihre Ortsgruppe. Vorsitzender wird Leopold Heinrich, Stellvertreter Bauarbeiter Otto Fischer (Weingarten 26), Schriftführer Schwarz. Die Kasse verwaltet Arbeiter Moritz Sörensen (Steinweg 6). Der legendäre Louis Knauer (geboren 18.11.1844) soll dabei gewesen sein.

Weitere bekannte Mitglieder der USPD waren: Leopold Heinrich, Ernst Arthur Albrecht, Karl Bley, Fritz Burkhardt, Hans Falk, Paul Kynast, Paul HeeseEmil Rößling, Max Pilz, Kurt Schoder, Hugo Schwarz, Rudolf Weidner, Otto Wolf, Anton Schmidt (Vorsitzender), Max Hildebrandt, Max Moritz und Eugen Wallbaum.

Die Naumburger wählen am 2. März 1919 die USPD-Mitglieder Buchhändler Paul Heese (Michaelisstraße 82), Maler Leopold Heinrich (Dompredigergasse 16), Dekorationsmaler Hugo Schwarz (Dompredigergasse 16) und Hausfrau Marie Wolf (Moritzstraße 48) in die Stadtverordnetenversammlung. Ihre Partei widersetzt sich in Naumburg, Weissenfels, Zeitz und Bad Kösen 1920 dem Kapp-Putsch und verteidigt die demokratisch gewählte Regierung. Im Oktober 1920 steht die USPD vor der Spaltung. Viele ihrer Mitglieder nehmen aktiv am Leuna-Aufstand (1921) teil.

 

Zur USPD

Zwanzig Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) stimmten am 21. Dezember 1915 im Reichstag gegen die Bewilligung weiterer Kriegskredite, was am 24. März 1916 den Ausschluss aus der Fraktion nach sich zieht. Unter dem Namen Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft (SAG) gründen sie eine eigene Fraktion. In ihr sind marxistisch orientierte Abgeordnete und Reformisten, wie Hugo Haase oder Eduard Bernstein, vertreten. Bis 1917 wuchs diese innerparteiliche Opposition auf 45 Abgeordnete an.

Vom 6. bis 8. April 1917 lädt die SAG zum Treffen der sozialdemokratischen Opposition in das Volkshaus in Gotha ein. Aus dem SPD Unterbezirk Naumburg-Zeitz-Weissenfels reist niemand an. Wie schon auf der Bezirkskonferenz ist aus dieser Region niemand vertreten.

 

Zumindest von 1918 bis 1920 geniesst die USPD-Ortsgruppe in der Stadt hohes Ansehen. Bei den Wahlen zum deutschen Reichstag am 6. Juni 1920 erhält sie in Naumburg enorme 24,5 (Deutschland: 17,9), die KPD 0,6 und die SPD 12,5 Prozent (Deutschland: 21,6 Prozent) der Stimmen. Dieses Ergebnis widerspiegelt ihre klare und aktive Haltung zum Kapp-Putsch. Unvergessen bleibt ihr Einsatz für die Sozialisierungsfrage und Arbeiterräte, wenn es sie auch nicht von Erfolg gekrönt war. Ihr Bemühen um die "Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zu allen Nationen", spricht die Friedenssehnsucht der Bürger an. Sie will die "sofortige Einsetzung eines Staatsgerichtshofes, der die Schuldigen am Weltkrieg und an der Verhinderung eines zeitigen Friedens zu Verantwortung zu ziehen hat."

In der USPD war in weiten Kreisen anerkannt, dass Sozialismus ohne Demokratie zum Bolschewismus führt. Allerdings lehnte sie eine Regierungskoalition mit den bürgerlichen Parteien strikt ab. Ein Regierungseintritt hätte das Gewicht der SPD enorm erhöhen können. Gemeinsam könnte sie zu einer wirklichen Krisenbekämpfungspolitik finden. So war - vielleicht - die einzige Möglichkeit der Bildung einer Links-Regierung vergeben worden. Mit dem Parteitag der Spaltung am 12. Oktober 1920 im Volkspark von Halle sinkt ihr Stern.

 

Gründung der KPD  nach oben

Im Dezember oder Januar 1918/19 konstituiert sich in Naumburg eine KPD-Parteigruppe (Spartakusgruppe). Andere Quellen verlegen die Gründung der KPD-Ortsgruppe in den Februar 1919 zum Restaurant Feldschlösschen (Spechsart 108). Ihre Mitglieder und Anhänger wollen an den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 mehrheitlich nicht teilnehmen.

Die Februar-Versammlung wählt Willy Wipprecht zum ersten Vorsitzenden. Als Kassierer assistieren ihn Karl Mühlhahn und als Schriftführer Schlosser Alfred Götz (Jägerstraße 50, 1939). Artur Römer (Naumburg) stellt das 1969 in Frage, wenn er einwendet: „In einem Artikel der L.D.Z. [Liberal Demokratische Zeitung] vom 4.1.69 wird behauptet, daß eine Gründung der Ortsgruppe der K.P.D. im Februar 1919 stattgefunden hätte. Dieses stimmt mit den Tatsachen nicht überein. Wohl bestand zu dieser Zeit eine kleine Gruppe von 11 Mann, darunter die Genossen Wipprecht, wohnhaft Kleine Neugasse, Söhrensen Weingarten, Fischer, Willy …. berg [unlesbar], Rudolf Römer und andere Angehörige des Spartakusbundes, aber von einer Gründung einer Ortsgruppe der KPD kann keine Rede sein.“

 

 

Strukturbildungsprozess

Offenbar herrschte ein mächtiges Tohuwabohu, den man als Strukturbildungsprozess durch Vereinigung (mit der USPD), Ausdifferenzierung (von Anarchisten) und Trennung (von der KAPD) beschreiben kann

 

VKPD

Auf dem 6. (Berliner-) Parteitag vom 4. bis 7. Dezember 1920 vereinigten sich USPD (349 Delegierte) und KPD (136 Delegierte) zur Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands (VKPD). Mit 60 000 Mitgliedern verkörperte der Bezirk Halle den stärksten Verband. Im Raum Zeitz-Weissenfels-Naumburg verfügte die USPD über gut funktionierende Organisationsstrukturen und eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Mitgliedern. Mit der Aufnahme der USPD erreicht die KPD auf kommunalen Gebiet erstmal ihre Arbeitsfähigkeit.

Der Bezirksparteitag der VKPD stimmte am 12. Dezember 1920 den Beschlüssen des Berliner Vereinigungsparteitages zu. Die Mitglieder der Bezirksleitung Alfred Oelßner, Arthur Sämisch, Oskar Fiedler, Paul Bowitzky, Alfred Lemck und Minna Reichert waren sämtlich ehemalige linke USPD-Funktionäre.

Franz Neubert (KPD)

Die VKPD-Ortsgruppe Naumburg beruft zum 6. Juli 1921, 20 Uhr, in den Ratskeller eine Versammlung zur Moskauer- und Amsterdamer Gewerkschafts-Internationalen ein. Der Zünder, Franz Neubert (1878-1942) aus der Windmühlenstraße, vor 1914 in der  SPD aktiv, leitet sie.

 

KAPD

Dreissig Jahre später schreibt Eugen Wallbaum (Naumburg): Die KPD wurde "aber im gleichen Jahr durch innerparteiliche Auseinandersetzungen zerschlagen", löste sich in KAPD und Anarchisten auf.

Weil ihr das Verhalten der KPD im Kapp-Putsch zu opportunistisch, gründet sich am 4./5. April 1920 die KAPD mit etwa 20 000 Mitgliedern aus. Bereits über die Teilnahme an den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 stritt sie mit der Mutterpartei. KPD-Vorsitzender Paul Levi (1883-1930) setzte im Oktober 1919 auf dem Heidelberger Parteitag durch, dass die Parteigruppen an den Wahlen teilnehmen. Eine Reihe von Bezirksorganisationen und Gruppen, die die Wende zum Parlamentarismus nicht mitmachen wollten, wurden ausgeschlossen. Im Parlament sah die KAPD einen Gegner der Arbeiterklasse. Eine Mitarbeit in den Gewerkschaften hielt sie für nur schwer möglich, wenn nicht für ausgeschlossen.

KPD und KAPD basieren auf unterschiedlichen Organisationskonzepten. Erstere wird als Partei neuen Typus (Lenin) zentralistisch geleitet. Die andere ist autonom, spontan, operaismo und superrevolutionär organisiert. Sie beiden Organisationen trennte ihre politisch gegensätzliche Haltung zum Massenstreik und bewaffnetem Kampf.

Ohne vorher die Mitgliedschaft zu fragen, beantragt die KAPD bei der Kommunistischen Internationale (Komintern) beizutreten, wandte sich aber gleichzeitig gegen den Spartakusbund, dessen Wirken ihrer Meinung nach nicht im Einklang mit den Prinzipien der 3. Internationale steht, weshalb sie ein Zusammengehen mit der VKPD ablehnte. Im Juli 1920 reist August Merges (1870-1945) gemeinsam mit Otto Rühle (1874-1943) zum 2. Weltkongress der Komintern nach Moskau und verhandelten dort über die Aufnahme der KAPD in die 3. Internationale. Die hält jedoch zwei kommunistische Organisationen in einem Land für untragbar, weshalb die "Doppelherrschaft" beendet werden muss, fordert sie. Auf dem 3. Kongress der Komintern vom 22. Juni bis 13. Juli 1921 äußerte die Delegation der KAPD erneut Kritik an deren Tätigkeit. Die wiederum konfrontierte sie mit dem Ultimatum innerhalb von zwei bis drei Monaten, die Verschmelzung mit der VKPD zu vollziehen. Andernfalls droht der Ausschluss. Darauf verkündet die KAPD auf ihrem Außerordentlichen Kongress vom 11. bis 14. September 1921 einstimmig den sofortigen Austritt aus dem Zusammenschluss der kommunistischen Parteien. Besonders aktiv ist die KAPD mit Max Hölz und Karl Plättner beim Leuna-Aufstand 1921. Auch in Naumburg hat sie Mitglieder. Ihre Spuren verlieren sich allmählich, wie die Partei in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

 

KPD

1921 ist die KPD im Landtag der Provinz Sachsen mit 19 Sitzen (17,3 Prozent), die SPD mit 25 Sitzen (22,7 Prozent) und die USPD mit 12 Sitzen (10,9 Prozent) vertreten. Im Raum Halle-Merseburg stellt die KPD eine beachtliche politische Kraft dar. Mit 23 374 Mitgliedern, davon 2 811 Frauen, gehört sie 1922 neben Brandenburg und dem Bezirk Wasserkante zu den zahlenmässig am stärksten Organisationen. (Vgl. KPD) Die genaue Mitgliederzahl der KPD-Ortsgruppe Naumburg (Gruppenbild) ist (mir) nicht bekannt. Die gesichteten Angaben in den Unterlagen der Ortspolizeibehörde Naumburg sind nicht zuverlässig, was ganz verschiedene Gründe hat. Schätzungsweise verfügt die KPD-Ortsgruppe Naumburg (Saale) 1920/21 über 40 Mitglieder. "Die Naumburger Ortsgruppe war etwa 30 Mitglieder stark", stellt Oberstaatsanwalt Lautz am 29. April 1935 in seiner Anklageschrift im Prozess gegen Georg Faber und Genossen fest. Im Bereich Sport und Kultur sowie ausgewählten Arbeitervereinen besteht eine beachtliche Sympathisantenszene. Am 20. Mai 1928 sind wieder Reichstagswahlen. An den vorbereitenden Versammlungen der KPD beteiligen sich viele Bürger, was von einem erheblichen politischen Interesse zeugt.

Seit dem 1. April 1931 bildet die KPD-Ortsgruppe Naumburg einen selbstständigen Unterbezirk in der Bezirksorganisation Halle-Merseburg. Vorher gehörte sie zum Unterbezirk Naumburg-Zeitz-Weißenfels.

Für die Kandidaten der KPD-Ortsgruppe Naumburg stimmen bei der Stadtverordnetenwahl 1924 11,4 Prozent der Bürger. 1929 bestätigt die Aussenseiterpartei ihr Ergebnis. Bei den Stadtverordnetenwahlen am 12. März 1933 votieren 10 Prozent für sie.

Vor etwa fünf Jahrzehnten galt in der Regionalliteratur die KPD-Gründung in Naumburg als das wichtigste Ereignis der Revolution 1918/19. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit anderer Parteien und politischen Bewegungen ist dies zu überdenken.

Erstens. Spartakisten und Kommunisten verfügten zu diesem Zeitpunkt nicht näherungsweise über die Organisationskraft, Strategiefähigkeit und den politischen Einfluss wie die USPD und SPD.

Zweitens. Aus der überhöhten Darstellung der (V)KPD und KAPD folgt oft die Unterschätzung der Tätigkeit anderer Arbeiter-Organisationen, zum Beispiel der FAUD. Dies leistete der Fehleinschätzung anderer Formen und Prinzipien der politischen Organisation Vorschub, was sich auf die Strategie und Taktik des politischen Kampfes gegen den Faschismus negativ auswirkte.

Drittens. Eine Überschätzung der KPD geht oft damit einher, dass die sozialstrukturellen und rasant ablaufenden politischen Differenzierungsprozesse im städtischen Bürgertum nicht die notwendige Aufmerksamkeit erfahren.

Obwohl der militaristisch und völkisch-nationalkonservative gesinnte Doktor Georg Schiele (siehe 123) mit seinen Anhängern das politische Klima der Stadt prägte und auf erhebliche Teile des völkischen und deutschnationalen Bürgertums Einfluss ausübte, kann man die politische Welt Naumburgs außerhalb der Links-Bewegung nicht darauf reduzieren.

Abgesehen vom Verhältnis zur SPD, leisteten die KPD-Mitglieder in der Kommune eine konstruktive Arbeit, stärkten die sozialen Rechte der ArbeiterInnen, übernehmen viele gemeinnützige Aufgaben (wie zum Beispiel Sportplatzbau), organisieren Sport- und Kulturveranstaltungen und wandten sich leidenschaftlich gegen den Faschismus.

 

 

Verein der Haus- und Grundbesitzer  nach oben

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts mausert sich Naumburg zur Beamten- und Garnisonsstadt. Schulen, Kasernen und die Kadette werden errichtet, was die Wirtschafts- und Einkommenslage in der Stadt verbessert. Günstiger Bauboden und die landschaftliche reizvolle Lage am Rande der mitteldeutschen Industriegebiete locken Bauherren an. An der Ausfallstrasse nach Bad Kösen und im Bürgergarten entstehen neue Wohnviertel. Rentiers, Pensionäre und Witwen dominieren zunehmend das Stadtbild, bringen 1995 die Macher der Ausstellung zum Bürgergarten in Erinnerung. Von 15 120 Einwohnern im Jahr 1870 steigt die Einwohnerzahl auf 29 248 im Jahr 1918. Am 1. Januar 1918 erhält Naumburg die Austattung an Ämtern und Personal für eine Kreisstadt.

Kriegswirtschaft, die gleich nach dem 3. August einsetzende Inflation, reale Kostensteigerungen, Landflucht und fehlende kleine Mietwohnungen, drohen die Mietpreise ohne Mass in die Höhe zu treiben. Der Staat reagiert mit Gesetzen: Höchstmietverordnung (1919), Reichsmietengesetz (1922), Mieterschutzgesetz (1923) und Hauszinssteuer (1924). Die Hausbesitzer erblicken in ihnen so etwas wie vier apokalyptischen Reiter, gegen die sie jetzt Tapfer und unverzagt kämpfen - die 400 Mitglieder des Vereins der Haus- und Grundbesitzer. Eile ist geboten. Die Moskauer sind auch schon da. Wer weiss, was die Bolschewisten planen. Vielleicht die Kommunalisierung des Wohnungswesens? Da kommt es der besitzenden Klasse recht, wenn die Naumburger Nationsozialistische Freiheitspartei zu den Reichstagswahlen am 7. Dezember 1924 mit der Anerkennung des Privateigentums und dem Schutz des deutschen Betriebskapitals wirbt. Oder sie nochmal im November 1929 zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung, jetzt unter dem Label NSDAP-Ortsgruppe Naumburg, den unbedingten Schutz des wohlerworbenen Privateigentums verspricht.

1917 feierte der Verein der Haus- und Grundbesitzer sein 25-jähriges Jubiläum. Vor dem Krieg leitet ihn Professor Märtens. Rittergutsbesitzer Zeitschel fungierte als stellvertretender Vorsitzender. Karl Becker führte das Protokoll. Mechaniker Erich Sommer sammelte die Beiträge ein und wachte über die korrekte Buchführung.

Rechtspolitisch ist ihre Lage nicht günstig. Der Erlass der Städteordnung, darauf macht Arthur Graf von Possdowsky-Wehner (Naumburg) am 9. Oktober 1918 aufmerksam, hat die Zusammensetzung der Wahlkörper wesentlich verändert; an Stelle des eigenen Hausbesitzes ist immer mehr das Mietshaus getreten. "Die Vorrechte der Hausbesitzer bei der Wahl der städtischen Vertretungen werden deshalb im bisherigen Umfang auf die Dauer kaum aufrechtzuerhalten sein und einer gesetzlichen Nachprüfung bedürfen."

Zur ersten Stadtverordnetenwahl im nachrevolutionärem Naumburg am 2. März 1919 kandidieren die Haus- und Grundbesitzer nicht mit eigener Liste, weil sie die Spaltung des bürgerlichen Lagers befürchteten, sondern bringen sich bei den Bürgerlichen ein.

Zunächst lehnen sich die Gegner der Wohnungszwangswirtschaft bei der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) an. Gelegentlich unterstützen sie die Partei mit Aktionen und kleineren Geldspenden, was sich fast zwangsläufig ergab, waren doch eh viele vom Verein der Haus- und Grundbesitzer bei ihnen als Mitglied eingeschrieben. Der Wortführer zum Völkischen Staat Georg Wilhelm Schiele gewährt 1924 Einblick in die wirtschaftliche Interessenlage der Wohnungsbesitzer:

"Die Mietgesetzgebung war Enteignung größten Stiles gegen das städtische Grundeigentum und indirekt gegen die Hypothekengläubiger, gegen alle Sparkassengläubiger, gegen alle Witwen und Waisen und gegen alle die ihr Leben versichert hatten."

Angesichts dessen, dass Inflation und Hyperinflation die Relation von Leistung, Gewinn und Kosten stark verändern, müssen sich die Mitglieder des Haus- und Grundbesitzervereins im wohlverstandenen Eigeninteresse nach dem Krieg immer wieder mit der Besteuerung des Hausbesitzes, dem Mietrecht und der Wohnungszwangswirtschaft befassen. Die Deutsche Juristen-Zeitung, naturgemäss auf die Gestaltung des Rechtsrahmens konzentriert, also weniger die steigenden Betriebskosten im Auge, kalkuliert am 1. Dezember 1919 folgendermassen: Als der Krieg begann wurde die Goldwährung abgeschafft. Ein Jahr nach seinem Ende stehen sechs Papier Zehnmarkscheine für 10 Mark Gold. Weil im Ausland die Preise für Rohstoffe und Fertigwaren um etwa das Dreifache gestiegen, drohen sich die Preise auf das achtzehnfache zu stellen. Doch die Mieten, so wollen es die Mieteinigungsämter, sollen kaum höher liegen als früher in Gold gezahlt wurde. Nehmen wir an, dass Grundstück eines Hausbesitzers besitzt einen Verkaufspreis von 150 000 Mark Gold und ist mit 120 000 Mark Hypotheken belastet, so müsste er wegen dem Kaufkraftverfall des Geldes eigentlich 720 000 Papiermark aufbringen, um die Hypothekenschuld auszugleichen. Andererseits wäre es infolge der Änderung der Währung ebenso gerechtfertigt, wenn das Grundstück mit 900 000 Mark beim Verkauf bezahlt würde. Der Hauswirt müsste dann allerdings das Recht haben, statt 1000 Mark Goldmark Miete, 6000 Mark Papiergeld zu fordern. Demnach bräuchte er nur 120 000 Mark bezahlen. Durch das Gesetz sind ihm 600 000 Mark erlassen.

Während der Hyperinflation konnten Hausbesitzer die Hypothekenschulden mit billigem Geld tilgen. Erst das Urteil des Reichsgerichts vom 28. November 1923 bereitete dem ein Ende und erkannte derartige Rückzahlungen ab sofort nicht mehr an. Als Folge entstand eine akute und dramatische Rechtsunsicherheit. (Vgl. Heck 1923) Da war es nützlich, wenn der Verein der Haus- und Grundbesitzer für die betroffenen Gruppen mit seinen Zusammenkünften und Gesprächen zum monatlichen Mitgliedsbeitrag von fünf Reichsmark (1920) nicht nur fachlichen Rat vermittelte, sondern zugleich eine Art psychotherapeutische Betreuung bot. Gut so, auch der Klassenkampfgegner wollte sie nicht durch Suizid verlieren.

Was wird aber aus den durch die Deutsche Juristen-Zeitung vernachlässigten Betriebskosten? Unter Hinweis auf die Erfahrungen in der Landwirtschaft, wo es durch Festlegung von Höchstpreisen zu einem Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Erzeugungskosten kam, treten am 19. April 1920 die Haus- und Grundbesitzer Vereine aus verschiedenen Städten an den Gemeindeausschuss der Verfassungsgebenden Versammlung Preussens mit dem Anliegen heran, die Höchstmietverordnung von 1919 aufzuheben. Ihrer Rechnung zu Folge, trieb sie die Reparaturkosten um 1000 bis 1500 Prozent in die Höhe. Hypothekenzinsen und Steuerlasten waren ebenfalls gestiegen.

Nicht für unnötig, aber die Art und Weise der Durchführung des Mieterschutzes durch die Regierung hält 1920 die Generalversammlung der Naumburger Haus- und Grundbesitzer für übertrieben. Woraufhin der Volksbote ihre Mitglieder Erbarmungslos als Grossagrarier und Mietwucherer tituliert. Meist lässt die Antwort an die Redaktion der SPD-Arbeiterzeitung in Zeitz nicht lange auf sich warten. In Person von Hauptlehrer Seyfferth entgegnet der Verein, dass die Mieter "durch Aftervermietungen das Doppelte und mehr dessen einnehmen, was sie für ihre gesamte Wohnung bezahlen".

Zwischen Vermieter- und Mieterorganisationen sollen die Konflikte, worauf das Reichsmietengesetz vom 28. März 1922 abstellt, möglichst einvernehmlich gelöst werden. Es verpflichtet die Wohnungseigentümer spätestens bis zum 1. Juli 1922 den Mietern schriftlich mitzuteilen: "Ich verlange die gesetzliche Miete auf Grundlage des Reichsmietengesetzes." Gemäss Paragraf 2 ist "Die Berechnung der gesetzlichen Miete" auf

Basis der Friedensmiete vom 1. Juli 1914

vorzunehmen. Verweigert der Vermieter dem Mieter die Auskunft über die Friedensmiete, so kann ihn die Gemeindebehörde unter Androhung einer Ordnungsstrafe dazu zwingen. Wenn in einem Gebäude die Höhe der Friedensmiete für die einzelnen Wohnungen offensichtlich im Missverhältnis zueinanderstehen, so kann nach Paragraph 2 Absatz 5 des Reichsmietengesetzes (RMG) das Mieteinigungsamt diese innerhalb eines Gesamtbetrages ausgleichen. Bei der Berechnung der aktuellen Miete sind von der Friedensmiete die enthaltenen Betriebs- und Instandhaltungskosten abzuziehen. Analog ist mit den Kosten der Heizstoffe für Sammelheizungen, der Wasserversorgung oder anderen Nebenleistungen zu verfahren. Der sich nach Abzug dieser Hundertsätze ergebende Betrag bildet die Grundmiete. Davon kommen zwanzig Prozent (für damalige laufende Ausgaben) in Abzug. Hinzugerechnet werden einige Zuschläge, die der Magistrat der Stadt Naumburg festlegt. Zunächst beschliesst er ab 1. Januar 1921 einen Mietzuschlag von vierzig Prozent. Weitere Aufschläge folgen. "Selbstverständlich", ätzt der Volksbote (Zeitz), "sind die Zuschläge noch viel zu niedrig." Andererseits beklagte 1920 beispielsweise ein Mitglied des Hausbesitzervereins, dass seine Jahreseinnahmen lediglich 6 587 Reichsmark betragen, aber die Ausgaben für Reparaturen sich auf 12 438 Reichsmark belaufen. Ein anderes Vereinsmitglied verzeichnet aus zwei Häusern und einer eigenen Wohnung Einnahmen in Höhe von 2977 Mark, aber Ausgaben von 5285 Mark.

Um die Steuern "richtig zu berechnen", laden die Haus- und Grundbesitzer dann und wann einen Experten ein. Ihre Vereinstreffen sind gut besucht und lassen die Stadtgesellschaft aufhorchen. Immer wieder sorgen die wachsenden Kosten für Wasser- und Stromgeld, Abwasser (z.B. Neufestsetzung der Kanalanschlussgebühren im Februar 1922), Müllentsorgung, Strasse kehren, Dünger abfahren, Schornsteinfegen und Wohnungsbauabgabe für Diskussionsstoff. Zermürbendes Ausmass nehmen die Gespräche darüber ein, was auf die Miete aufgeschlagen werden darf und was nicht.

Beflissen kümmert sich der Haus- und Grundbesitzervereins um die personelle Besetzung des Wohnungsamtes in der Stadtverwaltung, das eine zeitlang Vereinsvorsitzender und Papierhändler Karl Becker leitete. Im April 1923 tritt er zurück, weil ihm die staatlichen Eingriffe zunehmend widerstreben. Seine Vereinsfreunde fühlen sich hierdurch in der Verfügungsgewalt über ihr Eigentum eingeschränkt und gegängelt. Ihre Devise lautet: Wir wollen nicht die Hausknechte der Mieter sein. Deshalb betreiben sie die Auflösung des Wohnungsamtes.

1927 ist die Stadt Naumburg mit 2 979 Wohngebäuden und 8060 Wohnungen bebaut. Die Stadtverordnetensitzung vom 26. November 1925 registriert, gestützt auf eine Wohnraumerhebung, 2 000 Wohnungssuchende. Von 1918 bis 1933 schwankt das Wohnungsangebot für die Lohn- und Gehaltsabhängigen Schichten zwischen hoffnungslos und ausserordentlich angespannt (1234567). Speziell im unteren Preissegment besteht ein hoher Bedarf an Wohnungen.

Markttechnisch waren damit beste Voraussetzungen für Preistreibereien geschaffen. Um das zu unterbinden, bekämpfte der Staat besonders im Interesse der Geringverdiener und ärmeren Bevölkerungsschichten den Mietwucher und erliess zum 1. Juni 1923 das Gesetz über Mietschutz und Mieteinigungsämter. Beim Haus- und Grundbesitz stiess es auf Unwillen.

Das Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken vom 10. Februar 1923 verlangt beim Verkauf von nicht landwirtschaft- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken die Genehmigung durch den Stadtausschuss, als dessen Vorsitzender der Bürgermeister agierte.

1924 wurde für das v o r dem Juli 1918 geschaffene Wohnungseigentum die Hauszinssteuer eingeführt. Die Ertragssteuer war für den Verein der Haus- und Grundbesitzer ein ständiger Stein des Anstoßes und Gegenstand vieler politischer Debatten. Zumal, wie die Vossische Zeitung am 27. Juni 1925 meldet, ein Gesetzesentwurf des Preußischen Staatsrates zur Änderung der Preußischen Steuernotverordnung jeweils ab 1. August und 1. Oktober dieses Jahres eine Erhöhung um 6 Prozent der Friedensmiete vorsieht.

Ob man will oder nicht, die Städteverbands-Tagung Sachsen-Anhalt muss sich im September 1927 in Beneckenstein (Harz) der Frage von Sinn und Unsinn der Hauszinssteuer annehmen. Der Geschäftsführer des Reichsstädtebundes Doktor Hekel referiert zum Thema Gegenwartsfragen der kleineren Städte und erklärt geduldig: "Erfreulich ist, dass uns die Hauszinssteuer erhalten bleibt. Sie ist niemandes Freund, auch nicht der Liebling der Gläubiger. Wir brauchen sie aber für die Fürsorge und den Wohnungsbau."

 


Hotelier Georg Paul Große Salzstraße 15, ist Mitglied des Bürger-Wirtschaftsblocks, der bei den Stadtratswahlen am 4. Mai 1924 18,6 Prozent der Stimmen erhält.

Er engagiert sich um 1930 bei der Reichspartei des deutschen Mittelstandes, Ortsgruppe Naumburg / Saale (um 1930) und ist ihr Vorsitzender.


Georg Paul, Hotelbesitzer und Stadtrat (1924), geboren 27. November 1879 in Wahlshausen (Kreis Ziegenhain)


Reichspartei des deutschen Mittelstandes, Ortsgruppe Naumburg: Schriftführer: Willi Bergmann, Große Jakobstraße 29
Kassierer: Kurt Allstedt, Hallesche Straße 30a

 

Zur Stadtverordnetenwahl am 4. Mai 1924 erhalten die Haus- und Grundbesitzer als Bürger-Wirtschaftsblock 18,6 Prozent der Stimmen. Ihre Abgeordneten sind: Hotelbesitzer Georg Paul, Kaufmann Karl Becker, Ingenieur Julius Eix, Kaufmann Max Böhme, Rechtsberater Oskar Bartholomai und Kaufmann Friedrich Hagemann.

Erst nach einer längeren Sitzungspause befasste sich am 25. November 1925 der Haus- und Grundbesitzerverein in einer Versammlung eingehend mit den Schäden der Gläubiger und Gewinnen der Schuldner im Resultat der Hyperinflation und Geldpolitik. Das war unumgänglich, weil das Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16. Juli 1925 wesentliche Veränderungen mit sich brachte. In der Versammlung konnten nicht alle Unklarheiten ausgeräumt werden.

Begleitet von scharfen Protesten der Betroffenen stimmten die Vertreter der preußischen Staatsregierung im Reichsrat am 8. März 1927 der Verordnung der Reichsregierung zu, wonach die gesetzliche Miete jeweils zum 1. April und 1. Oktober des Jahres um weitere 10 Prozent erhöht werden soll.

Auf der Jahreshauptversammlung des Vereins der Haus- und Grundbesitzer am 20. Januar 1928 referiert Vorstandsmitglied Oskar Bartholomai (Artilleriestrasse 11) über die Hyperinflation und Aufwertungsproblematik. Als Rechtsberater und gerichtlich vereidigter Sachverständiger für bewegliche Gegenstände im Amtsgerichtsbezirk Naumburg a.S. und beeidigter öffentlicher Versteigerer für den Stadt- und Landkreis Naumburg a.S., sollte er darüber gut Bescheid wissen. Gegenstand seiner Ausführungen ist speziell die Novelle vom 9. Juli 1927. Sie bestimmt, dass die Verzinsung gelöschter und aufgewerteter Hypotheken spätestens vom 1. April 1927 an erfolgen muss. Ferner können für die Restlaufgelderhypotheken vom 1.1.1921 bis 30.9.1921 bis zu 400 Prozent und für die vom 1.10.1921 bis 31.12.1921 bis zu 600 Prozent ihres Goldmarkwertes beginnend mit dem Tag der Begründung aufgewertet werden. "Von allen Kapitalanlagen aus der Zeit vor der Inflation", schlussfolgert der Referent, "hat sich die Ausleihung von Hypotheken als die beste gezeigt, denn die Hypothekenschuldner haben mit 25 Prozent mehr aufwerten müssen, ihnen folgen die Sparkassen mit 15 Prozent, während alle Anleihen viel niedriger aufgewertet wurden."

Einige Inflationsgeschädigte organisierten sich in der Ortsgruppe der Sparer und Hypothekengläubigerverbandes. 1927 ging er in der Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung auf. Andere rannten dem Tausendmarkschein-Winter  hinterher.

Ein Drittel aller Steuern, zetert am 8. November 1927 der Generalsekretär des Landesverbandes der Preußischen Hausbesitzer Doktor Frank aus Berlin, bringt heute der Mittelstand auf. Mit ihm protestieren an diesem Dienstagabend in allen Sälen des Ratskellers die 700 Teilnehmer, darunter vor allem Haus- und Grundbesitzer, gegen die Erhöhung der Realsteuern, die Sozialisierung der Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie Wohnungszwangswirtschaft (= Wohnungsamt bei der Stadtverwaltung). Auf der "Massenkundgebung der Naumburger Hausbesitzer", wie das Naumburger Tageblatt die Versammlung apostrophiert, fordern sie endlich Steuern nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit. Vom ihrem Standpunkt aus gesehen bestehen die Grundprobleme weiter: Wohnungszwangsbewirtschaftung und -knappheit, fehlende Vertragsfreiheit, ungenügende Wahrung der Eigentumsrechte und Bürokratismus durch das städtische Wohnungsamt.

Wie geplant treten die Haus- und Grundbesitzer am 20. Januar 1928 zur Jahreshauptversammlung im grossen Ratskellersaal unter Leitung ihres Vorsitzenden Becker zusammen. Das Auditorium kritisiert den Unternehmungstaumel in den Städten. Bei der gegenwärtigen Kassen- und Wirtschaftslage ist das völlig unangebracht. Nach ziemlich übereinstimmender Ansicht wäre es besser, wenn die Projekte Kläranlage, Schlachthof und Ausbau der Reichskrone auf später verschoben würden.

Das Reichsmieten- und Mieterschutzgesetz sollte Ende Juni 1927 auslaufen. Zunächst wurden sie aber nur bis 31. Dezember und später bis 15. Februar 1928 verlängert. In einem weiteren Akt prolongierte der Reichstag das Mieterschutzgesetz und die Hauszinssteuer bis 31. Marz 1930.

Mit grossen Nachdruck fordern die Vereinsmitglieder das Ende der Wohnungszwangswirtschaft. - Erst zum 1. April 1932 wird die Ertragsteuer auf das vor Juli 1918 entstandene Wohneigentum deutlich gesenkt.

In aller Deutlichkeit wenden sich die Mitglieder des Vereins gegen den Vorwurf des Mietwuchers und verweisen auf den Erfolg bei der eingerichteten Schlichtungsstelle für die Vermietung von Gewerberäumen, die recht wirksam gearbeitet hat. Damit antworten sie auf die Hauptversammlung des Mietervereins Naumburg a. S. und Umgebung vom 16. Januar 1928 in der "Post", wo ihnen Mietwucher vorgeworfen wurde, was wiederum im Einklang mit der Stellungnahme vom Gesamtvorstand des Landesverbandes Preussen im Reichsbund Deutscher Mieter e. V. zu den Lockerungsverordnungen des Ministers für Volkswohlfahrt steht.

Erneut klagen die Haus- und Grundbesitzer in ihrer Versammlung am 11. September 1930 im Hotel Zur Post (Naumburg) über die Belastung durch die Hauszinssteuer. Ausserdem protestieren sie gegen die Doppelversteuerung, weil, wie sie sagen, der Hausbesitz damit zweimal belastet wird: Durch die Vermögensteuer auf persönlichen Besitz und die Grundvermögensteuer auf das Haus. Dies verstösst gegen Paragraph 109 der Reichsverfassung, wonach alle Bürger gleich besteuert werden sollen. "Ein Vermögen bedeute das Haus heute nicht mehr," denn durch die Nachkriegsverhältnisse sind die Häuser so entwertet, teilt sich verärgert Herr Alfred Gerber, Geschäftsführer der Wirtschaftspartei (Halle), den Teilnehmern der Versammlung mit, "dass für viele keine Käufer zu finden sind." Das ist eine grosse Ungerechtigkeit.

Im August 1932 herrscht in Danzig auf der Tagung des Zentralverbandes deutscher Haus- und Grundbesitzervereine Kampfstimmung. Wohl wurde die Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft 1927 begonnen, aber eben nicht weitergeführt. Deshalb erschallt erneut der "Ruf nach völliger Freiheit in den Hausbesitz", was sich so anhörte: Keine Einschränkung des Mietrechts, grundsätzlich freie Mietvereinbarung, keine Ausdehnung der gesetzlichen Kündigungsfrist, Untervermietung nur mit Zustimmung des Vermieters und Beseitigung aller Gütestellen. Das Jahr 1932 soll durch Aufhebung der Zwangs-Hypothekengesetze zu einem Wendepunkt für die Haus-Besitzer werden.

Aus Anlass der Landtagswahlen in Preusssen am 24. April 1932 wartet NSDAP-Kandidat Karl Simon (1885-1961) im Kurgarten von Bad Kösen mit einer zweieinhalbstündigen Rede auf. Abermals erhebt er die Forderung nach Abschaffung der Hauszinssteuer. Die NSDAP wird mit fast 37 Prozent stärkste politische Kraft.

Am Freitagabend, den 22. Juli ruft die NSDAP zur Versammlung in den Ratskeller. In Vorbereitung der Reichstagwahlen am 31. Juli 1932 umwirbt sie besonders die Haus- und Grundbesitzer. NSDAP-Reichstagsabgeordneter Doktor Hans Fabricius (1891-1945) referiert über die Frage:

Unsere Stellung zur Hausbesitzerfrage
und zum Berufsbeamtentum
.

Das Ringen der Haus- und Grundbesitzer mit der Wohnungszwangswirtschaft dauert an, bis sie am 29. März 1933 zur 40. Generalversammlung den Siegern der Stadtverordnetenwahlen vom 12. März, koordiniert vom langjährigen Vorsitzenden Kaufmann Karl Becker, einst (auf Emil Kraatz bezogen) verschrien als "Autokrat und Oberbürgermeister Stürzer", in die Arme fallen. Niemand überraschte diese politische Entwicklung. Bereits in der Stadtratssitzung am 24. April 1930, als die Neuausschreibung der Stelle des Stadtbaurates auf der Tagesordnung stand, und beim Beschluss zur Auflösung des Wohnungsamtes am 20. November 1930, arbeiteten die Haus- und Grundbesitzer eng mit der Orts-NSDAP zusammen.

 

 

Die ersten Wahlen zur Nationalversammlung  nach oben

Am Sonntag, den 12. Januar 1919 ziehen Demonstranten für die sozialistische Republik durch Naumburg. "Es war ein ansehnlicher, wenn auch nicht gerade überwältigender Zug", berichtet die Zeitung am nächsten Tag. Begonnen hatte die Demonstration gegen 2 Uhr nachmittags auf dem Artillerie-Platz / Kaiser-Friedrich-Platz (Heinrich-von-Stephanplatz). Von dort wälzte sich die Menschenkolonne über die Marienpromenade durch die Jacobsstraße zum Markt zu. Vornan lief die Jägerkapelle, dann folgt der Arbeiter- und Soldatenrat, dahinter die Bürger, und am Ende die Artillerie-Kapelle. Transparente ragten über die Massen, worauf geschrieben stand:

Für die sozialistische Republik!

oder

Wir wollen Arbeit! Ruhe und Ordnung!

Es war eine Manifestation für die Republik, organisiert vom örtlichen Gewerkschaftskartell organisiert. Auf dem Marktplatz angekommen, ging es über die Salzstrasse, Michaelisstrasse, Neuengüter, dann vorbei am Dom, weiter über den Steinweg, obere Lindenstrasse, Fischstrasse, Marienstrasse - wieder zum Ausgangspunkt zurück. Vom Marktbrunnen (Bild) hielt der Vorsitzende des Soldatenrates Oberjäger Bruno Tillwichs ein kurzes Plädoyer für den Sozialismus. Der Kapitalismus muss bekämpft werden, sagt er. Der Sozialismus bietet allen ein auskömmliches Leben. Dann dankte er den Teilnehmern für ihren Einsatz zugunsten der Republik und endet mit einem Hoch auf die sozialistische Republik. Es folgte eine kurze Ansprache vom Vorsitzenden des Arbeiterrates, der jetzt Fernschild heisst. Bei dieser Demonstration schwang noch einige Begeisterung mit. Aber ansonsten, war davon in der Stadt nicht soviel zu bemerken.

Schon lange bekämpften und bespöttelten die Deutschen den ganzen "englischen Plunder", womit die Demokratie gemeint war. 1918 blieb ihnen nichts anderes übrig "diesen Plunder zu übernehmen, weil es nicht besseres gibt und politisch nichts Neues und Originales erfunden werden kann". Folglich war, schreibt 1918 Thomas Mann (145), "die Politik selber Plunder". Mit "dieser Art von Gläubigkeit, von Begeisterung tritt das deutsche Volk in seine demokratisch-weltpolitische Periode ein."


Deutschnationale
Volkspartei (1919)

Plakat 41 x 61 Zentimeter.
Druck/Verlag: Kunstanstalt Leopold
Krantz Berlin.

Für den 19. Januar 1919 sind Wahlen zur Nationalversammlung angekündigt. Erstmals in der Stadtgeschichte dürfen Frauen an die Wahlurne treten. Mehrere Parteien ringen um die neue Wählergruppe. Besonders die Sozialdemokraten unterstützen die emanzipativen Bestrebungen der Frauen.

Im Gegensatz dazu prägte eine kürzlich stattgefundene Versammlung des Deutschen Vereins für das höhere Mädchenschulwesen das Motto:

Der Feminismus bedeutet
den Untergang des deutschen Volkes.

Ein Vorstandsmitglied des Haus- und Grundbesitzervereins äussert in der Wahlkampagne:

"Ihr gehört hinter den Kochtopf,
aber nicht in das Stadtverordneten-Kollegium."

Nicht viel anders sagte es vor etwa vier Jahren der langjährige Oberbürgermeister Emil Kraatz (1914, 450):

"Nicht die Politisierung, sondern die Nationalisierung der Frau, nicht ihr Heraustreten in die Öffentlichkeit, sondern ihre bessere Ausrüstung zur Wahrnehmung des nationalen Charakters von Haus und Familie ist es, was wir brauchen."

Genau in diesem Sinne verfährt man am Sonnabend, den 4. Januar 1919. Nachdem Justizrat Wallach die Anwesenden in der Reichskrone zur öffentlichen Bürgerversammlung begrüßte, referiert der Senatspräsident Richard Altsmann (Buchholzstrasse 8) vom Oberlandesgericht zum Thema:

"Die gegenwärtige Lage und die Pflicht der Frauen".

Seine Forderung:

"Keinem Spartacusmann, keinem Unabhängigen, darf die deutsche Frau ihre Stimme geben, auch keinem Mehrheitssozialisten; sie muß einer bürgerlichen Partei sich anschließen."

Die Kraatzsche-Altsmann Linie findet reichlich Beifall.

"Deutsche Männer, deutsche Frauen!
Unser Stimmzettel beginnt mit dem Namen Posadowsky!"

Arthur Graf von Posadowsky-Wehner kandidiert für die DNVP als Abgeordneter der Nationalversammlung. Am Abend des 15. Januar 1919 referiert er

Über die heutige Lage
und die Aufgaben der Zukunft

in der Reichskrone am Bismarckplatz.

Die KPD beschliesst auf ihrem Gründungsparteitag vom 30. Dezember bis 1. Januar 1919 in Berlin gegen die Stimmen von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg den Boykott der Wahlen zur Nationalversammlung.

 

 

 


Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919
und
zum Landtag am 26. Januar 1919

Naumburg (Saale)

 

 
Nationalversammlung
Landtag
 
Deutschland
Naumburg
Orte in der
Umgebung
Bad
Kösen
Naumburg
 
Sitze
Prozent
Prozent
Stimmen
Stimmen
Stimmen
Prozent
Stimmen
                 

DNVP

44
10,3
21,8
3483
1602
558
24,8
3383

DVP

19
4,4
1,7
272
283
25
0,6
84

DDP

75
18,6
30,2
4820
1339
534
32,6
4444

Zentrum

91
19,7
1,1
183
6
3
 1,3
183

Andere

7
1,6
3,0
         

SPD

163
37,9
31,0
4948
1837
503
27,3
3720

USDP

22
7,6
11,2
1784
495
145
13,4
1833
 
421
   
15940
     
13647
                 
 
Wahlbeteiligung
83,02 Prozent
Wahlbeteiligung
92 Prozent
       

 

DDP - Deutsche Demokratische Partei
DNVP - Deutschnationale Volkspartei

DVP - Deutsche Volkspartei
SPD - Sozialdemokratische Partei Deutschlands
USPD - Unabhängige Sozialdemokratische Partei
Zentrum - Deutsche Zentrumspartei (Vertreter des politischen Katholizismus)

 

 

An den Wahlen zur Nationalversammlung beteiligen sich in Naumburg 92 Prozent der Bürger.

Als Wahlsieger bildet die SPD (37,9 Prozent) zusammen mit dem Zentrum und der Deutsche Demokratische Partei (DDP) die Weimarer Koalition. Auf ihr ruhen grosse politische Hoffnungen. Und doch verliert sie bei den folgenden Wahlen deutlich an Zustimmung.

Ein überraschend gutes Ergebnis im Wahlkreis Naumburg Stadt und Land (mit Bad Kösen) erreichte die Liste [Carl] Delius (1874-1953) - DDP - mit 30,2 Prozent. Nur 128 Stimmen trennten sie vom Wahlsieg, den die SPD holt. Theodor Wolff, Max Weber, Alfred Weber und Hugo Preuß bauten die Partei auf. Ihr gehörten Persönlichkeiten wie Walter Rathenau und Erich Koch-Weser an. Friedrich Naumann wählen die Delegierten des 1. Parteitages der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) im Juni 1919 zum ersten Vorsitzenden. Zuspruch erhielt die DDP besonders vom Bildungsbürgertum und den freien Berufen. Ihr Wahlergebnis kann man als Unterstützung der jungen Republik werten. Sie profitierte von den Hoffnungen und politischen Stimmungen, die sich bald ändern sollten. Schlüsselprobleme waren ihre Haltung zum Versailler Vertrag und sozialen Kapitalismus.

Bei den Landtagswahl am 26. Januar 1919 erhält die DDP in Naumburg 32,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ihr Zuspruch sinkt bei den folgenden Reichstagswahlen: 7,6 Prozent (6.6.1920), 3,5 Prozent (4.5.1924) und 5,6 Prozent (7.12.1924). Nach dem Abschluss des Versailler Vertrages am 28. Juni 1919 und der Bildung des völkisch-deutschnationalen Machtblocks verändert sich das Abstimmungsverhalten der Bürger grundlegend.

Mit der Losung

Von roten Ketten macht euch frei,
allein die Deutsche Volkspartei

landete die Deutsche Volkspartei (DVP) zur Nationalratswahl am 19. Januar 1919 in Naumburg (Vorsitzender: Oberpfarrer Neumann, Schriftführer: Referendar Märker, Kassenführer: Kaufmann Hegelin) bei 1.7 Prozent.

 

 
Wahlergebnisse der Deutschen Volkspartei (DVP)
     
 
Reichstagswahlen
     
 
Deutschland
Naumburg
 
[Prozent]
[Prozent]
     

19. Januar 1919

4,4
1,7

16. Juni 1920

14
32,9

4. Mai 1924

5,7
9,3

7. Dezember 1924

10,1
13,9

20. Mai 1928

8,7
10,5

31. Juli 1932

3,3
2,3

6. November 1932

1,9
3,19

5. März 1933

0,9
 
 

 

 

 

Ein General als Stadtvorsteher  nach oben

Per Notverordnung löst die Preußische Regierung die Stadtverordnetenversammlungen auf. Gegen den Umsturz des preußischen Gemeindewahlrechts melden am 13. Februar 1919 die Gemeindevertreter Protest an. Es nützt nichts, am 2. März 1919 sind Neuwahlen. Frauen erhalten das Wahlrecht. An die Stelle des Dreiklassenwahlrechts tritt die allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl. Die Angst vor dem

Gemeinde-Sozialismus

geht um. Viele Bürger fürchten jetzt, der sozialdemokratischen Herrschaft ausgeliefert zu werden. Das nicht, nur das nicht, denkt der Naumburger, und erstimmt einen General zum Gemeindevorsteher.

Am 2. März können die Bürger zwischen vier Listen wählen. Die Liste Dietrich-Artes stellt der

Naumburger-Bürgerausschuss

auf, die von der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der Deutschnationalen Partei (DNVP) unterstützt wird. Die Wählervereinigung legt grossen Wert darauf, dass in ihr die verschiedenen Schichten und sozialen (Berufs-) Gruppen der Stadt vertreten sind, wie etwa Lehrerinnen- und Hausfrauenverein, Deutscher Frauenbund, Haus- und Grundbesitzerverein, Kaufleute, Postbeamte, Angestellte und Handlungsgehilfen. Ihr politisches Grossgeschütz heisst

Generalmajor Louis Schwarz
(Kaiser-Friedrich-Platz 1, heute etwa Heinrich-von-Stephan-Platz).

Für den Bürgerausschuss kandidieren: Dietrich, Schwarz, Doktor  Ehrhardt, Doktor Schulze, Wallach, Scholz, Schröder und andere. Sie wollen die Sozialdemokraten in der Stadtversammlung überstimmen und gleichzeitig einer gewissen Modernisierung Rechnung tragen.

Zum anderen organisiert sich die

Bürgerliche Ständevereinigung

mit Kaufmann Otto Starcke, Oberstleutnant Max Scheele, Domänenrat Bruno Becker, Oberbahnassistent Edmund Zerrener, Fabrikant Otto Walter und anderen.

Die Wahlzeitung des Naumburger Bürgerausschusses vom 2. März 1919 analysiert die Differenzen zwischen der Bürgerlichen Ständevereinigung (Starcke-Scheele-Liste) und dem Bürgerausschuss (Dietrich-Artes-Liste). Sie wirft den Ständischen vor sich nicht "ins Ganze zu schicken". Für sich nimmt sie Anspruch, bei den Verhandlungen zur Aufstellung der Liste des Bürgerausschusses, auf den Ausgleich der Interessen geachtet zu haben. Umgekehrt bemängeln die Ständischen den Traditionsabbruch bei der Aufstellung der Kandidaten in der Starcke-Scheele-Liste. Mit anderen Worten, ihnen geht der Austausch des Personals zu schnell, weshalb keine Einheitsliste entsteht. Beide "Listen" fürchten eine Diktatur auf Kosten des notleidenden Bürgertums und sehen die höchsten geistlichen und sittlichen Güter in Gefahr, weshalb sie fordern:

Ablehnung jeder Verschärfung der laufenden Waffenstillstandsverhandlungen,

sofortige Freigabe der Kriegsgefangenen,

Aufhebung der Hungerblockade,

Rückgabe der Kolonien und

Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen.

Wahltag - ist Schicksalstag, prophezeien die Bürgerlichen.

Den verheerenden Wirkungen des Gemeinde-Sozialismus kann nur durch den Block des Bürgertums ein schützender Damm entgegengesetzt werden,

propagieren ihre Anhänger und erringen damit 24 von 36 Sitzen in der Stadtverordnetenversammlung.

 


Stadtverordnetenwahlen in Naumburg (Saale) am 2. März 1919

Liste
Stimmen
Prozent
     

Dietrich-Artes

4 948
44,4

Starcke-Scheele

2 473
22,2

Winkler-Flöhl

2 489
22,3

Heese-Heinrich

1 239
11,1
 
11 149
100,0

 

DNVP, DDP
Zimmermeister Wilhelm Dietrich, Kaiser-Friedrich-Platz, Kaufmann Victor Artes, Herrenstraße 19,
Oberstleutnant Max Scheele, Breithauptstraße 11,
Kaufmann Otto Starcke, Große Marienstraße 36

SPD
Schriftsetzer August Winkler, Schönburger Straße 27
Tischler Gustav Flöh, Michaelisstraße 28

USPD
Buchhändler Paul Heese, Michaelisstraße 82
Maler Leopold Heinrich, Dompredigergasse 16

 

 

Nach dem verlorenen Krieg und den Revolutions-Tagen wählen 3 748 Bürger (33,4 Prozent) den Aufbruch, also die Kandidaten von SPD oder USPD.

Die Deutschnationalen erhalten 44 Prozent (4 948) aller abgegebenen Stimmen. Dietrich-Artes und Starcke-Scheele Liste erhalten zusammen 66,6 Prozent der abgegebenen Stimmen.

In der Stadtverordnetenversammlung sitzen 24 Bürgerliche neben 12  Sozialisten. In ihrer ersten Sitzung am 27. März 1919 wählt sie

Generalmajor Louis Schwarz (20.6.1848-13.8.1931)

mit 20 von 36 möglichen Stimmen zum Stadtvorsteher. 6 Stimmzettel sind unbeschrieben. 10 Stimmen erhält Oberlandesgerichtsrat Alfred Cludius (Luisenstraße 5), den die Stadtverordneten in einem weiteren Wahlgang zum stellvertretenden Stadtvorsteher wählen. Erster Schriftführer wird Stadtverordneter Trost, zweiter Schriftführer Stadtverordneter Krautmann.

 

 

Fortschritt - Stagnation - Abbruch. Wer
macht die Geschichte? Revolution oder Reform?  nach oben

 

An Kriegerdenkmalen mangelt es der Stadt nicht, aber an republikanischen Zeichen und Symbolen.

Kriegerdenkmale:

(1.) Am 11. Mai 1873 findet auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz (Kramerplatz) die Grundsteinlegung für die Germania zu Ehren Bismarcks Helden von 1870/71 statt. Der Korpus wird von Bildhauer Professor Julius Moser (Berlin) gestaltet.

(2.) 1909 weihen die Naumburger das Kaiser Wilhelm-Denkmal auf dem Moltke Platz (Wenzelsring) von Bildhauer Leo Koch (Plaue) ein. Die Stadt lässt es 1943 demontieren.

(3.) Mit der Inschrift "Es starben für König und Vaterland" erinnert seit 16. September 1906 in Altenburg (Almrich) ein Obelisk am Bornberg, ursprünglich am Mühlplatz platziert, an die Gefallenen des deutsch-französischen Krieges.

(4.) Oberhalb der Saalhäuser auf den Höhen über der Saale grüssen bis heute die großen Eisernen Kreuze vom Fürst-Heinrich-Stein. Er wurde am 30. Oktober 1916 eingeweiht. Eine Gedenktafel "Aus Schützengrabensteinen im Kriegsjahr 1916, errichtet vom Jäger-Ersatzbataillon Nr. 4, zur Erinnerung an das vierzigjährige Chefjubiläum des Fürsten Heinrich Reuß - 13.9.1916" ist längst entfernt worden.

(5.) "Für uns starben im Weltkrieg 1914-1918" steht seit 25. November 1923 am Kriegerdenkmal in der Mitte von Altenburg (Almrich) als Inschrift.

(6.) Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung erfolgt am 1. Juli 1923 die Einweihung des Jägerdenkmals an der Bergstraße.

(7.+ 8.) Nach 1990 erhielten die Soldaten und Offiziere der Wehrmacht auf dem Friedhof (Weißenfelserstrasse) zwei Ehrenkreuze. Eines gilt "Dem Gedenken unserer Gefallenen - Artillerieregiment 14 - Naumburg Grimma Leipzig", das andere "Dem Gedenken unserer Gefallenen - Infanterieregiment 53 - Naumburg Weißenfels".

General Adelbert Lontschar (1885-1947), ehemals Infanterieregiment 53, ist an schweren Kriegsverbrechen beteiligt (vgl. Manoschek 52).

 

Kein Symbol, kein Ehrenname oder ein besonderer Ort des Gedenkens verweist bis heute auf die deutsche Revolution 1918/19. Präsent aber das Germania-Denkmal (1873) auf dem Kramerplatz für Bismarcks Helden und das Jägerdenkmal (1923) an der Bergstraße für die Krieger Wilhelms II.. Offenbar erinnert sich Naumburg an der Saale nicht gern an die demokratische Umgestaltung in den Jahren 1918/1919. Mangelt es an Interesse, weil der Aufbruch am fehlendem Heizmaterial, Hunger und Einsatz der Freikorps gegen die Arbeiter ernüchterte? Schimmert hier noch immer die Ideologie von den Novemberverbrechern durch?

"Als landes- und volksfremde Verderber in den Novembertagen des Jahres 1918 Schmach und Schande über das deutsche Vaterland brachten, da war es uns klar,

dass diese Schande und Schmach ausgelöscht werden müsse,

wollte die deutsche Geschichte ihren Sinn nicht verlieren", erklärt 1934 auf einer Kundgebung der NSDAP-Kreisleiter und Oberbürgermeister von Naumburg Friedrich Uebelhoer (siehe Ihr habt kein Recht zur Kritik!). "… wir waren dazu bestimmt, diese Schmach [aus jenen Novembertagen 1918] zu löschen", erneuert er die Anmassung aus Anlass der Denkmalsweihe für die Gefallenen der ehemaligen Einwohnerwehr und des Landesjägerkorps am 28. April 1935 in Naumburg.

Und trotzdem, die Akteure erlebten den November `18 mit einem erhebenden demokratischen Gefühl, schien doch die politische und soziale Welt gestaltbar wie nie zuvor. Waren aber die Republikaner, Leopold Heinrich und Genossen, Otto Grunert oder der Arbeiter-Soldaten-Rat wirklich das Subjekt des Fortschritts? Oder war es wieder eine Revolution von oben?

"Der Sieg der parlamentarischen und demokratischen Institutionen war jedoch nicht die Folge eines revolutionären Ereignisses von unten, aus dem die westlichen Demokratien ihre innere Stärke bezogen," erläutert Fritz Fischer im Griff nach der Weltmacht (1967) die Vorgänge, "sondern die Frucht eines bewusst geplanten Revolution von oben, um der Revolution von unten den Wind aus den Segeln zu nehmen und gleichzeitig gegenüber den Siegermächten in eine möglichst günstige Verhandlungsposition zu kommen." Hindenburg, Ludendorff mit Oberst Wilhelm Heye und der Staatsekretär im Auswärtigen Amt Hintze konferieren am 29. September in Spa über die aussichtslose Lage der deutschen Armee. "Der Staatsekretär hat später darüber berichtet, Ludendorff habe sich mit der Revolution von oben und Frieden einverstanden erklärt ...." (Griebel 373)

Mancher Fortschritt kam auf typisch wilhelminische Art und Weise voran: Um die Proteste zu beschwichtigen, die nach Kürzung der Lebensmittelrationen am 23. März aufflammten, kündigte Kaiser Wilhelm II Ostern 1917 die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts an. Es war ein Versprechen, dass erst eingelöst werden sollte, wenn das Volk den Krieg gewonnen. Also:

Horche Untertan!
Tausche Siegfrieden gegen Demokratie.

Von Wir machen Revolution blieb wenig übrig. Nichtdestotrotz mündet der November 1918 in demokratische Reformen. Eine republikanische Verfassung trägt den Staat. Frauen erhalten das Wahlrecht. Das preussische Dreiklassenwahlrecht wird abgeschafft. Der gesetzliche Achtstundentag und das Betriebsrätegesetz bedeuten einen Fortschritt für die Arbeiterschaft. Eine öffentliche Erwerbslosenfürsorge wird eingeführt. Schulreformen jagen einander mit ihren Gesetzen.

Ungeachtet der Fortschritte, die nach einem verlorenen Krieg errungen und von einer völlig zerrütteten Volkswirtschaft getragen werden mussten, kommt es dahin, dass in der Stadt mehr oder weniger alle unzufrieden sind: Das konservative Bürgertum schmerzte die Reformpolitik und der Verlust des Kaisers. Und die Linke befürchtete, dass die heroischen Ziele, wie sie einst im Erfurter Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands von 1891 fixiert, endgültig im Orkus der Geschichte entschwinden.

 

Betriebsrätegesetz  nach oben

Am 13. Januar 1920 steht im Reichstag mit der Drucksache Nr. 928 die zweite Beratung zum Entwurf des Betriebsrätegesetzes an. Eine Mitsprache bei der Kontrolle, Leitung oder Stilllegung der Produktion ist nicht vorgesehen. Der Gesetzesentwurf definiert nur wenige innerbetriebliche Rechte in sozialen Belangen, Arbeitszeit, Arbeitszeit, Überstunden. Für Aktiengesellschaften regelte es die Entsendung von Vertretern in die Aufsichtsräte. Über den Gewinn entscheidet allein der Eigentümer der Produktionsmittel, der Kapitalist.

Nicht alle wollen diesen Etikettenschwindel mitmachen, weshalb sie die volle Mitbestimmung und umfassendere Kontrollrechte fordern. Die Berliner USPD, Gewerkschaftsgliederungen und lokalen Räteorganisationen rufen

zum 13. Januar 1920

zur Demonstration vor dem Reichstag auf. Laut Lübecker Volksbote hetzten sie die Bergarbeiter und Eisenbahner in den Streik. Kommunisten und Unabhängige sagten für diesen Dienstag um 12 Uhr den politischen Massenstreik an. Hingegen tat die SPD alles, um die Arbeiterschaft davon abzuhalten.

100 000 Bürger, vielleicht auch wesentlich mehr, demonstrieren mit Plakaten wie Hoch die Räteorganisation oder Her mit dem vollen Mitbestimmungsrecht vor dem Deutschen Reichstag. (Vgl. Weipert 18f.) Unter ihnen verortet der Lübecker Volksbote "regelmässig verbrecherische gewalttätige Elemente". Gegen 15.30 Uhr drängen sie am westlichen Eingang des Reichstages an. Es kommt zum Handgemenge. Im Einsatz befinden sich drei Hundertschaften Sicherheitspolizei (Sipo). Sie halten die Andrängenden mit Kolbenschlägen auf Distanz. Einige werden entwaffnet und geschlagen. "Das Rowdypack stürzte sich auf einzelne Beamte, entwaffnete sie", heisst es im Lübecker SPD-Blatt. Kleinere Polizeikommandos durchpflügen die Massen, müssen sich aber mit Verletzungen wieder zurückziehen. Ein Demonstrant feuert mit einer erbeuteten Waffe einen Schuss auf den Eingang des Reichstages ab. Umstehende entwaffnen ihn. Die grosse Mehrheit verhält sich gesittet. Inzwischen nehmen an der südlichen Seite des Gebäudes die Turbulenzen zu. Am hiesigen Ausgang II bekunden Demonstranten den Abgeordneten deutlich ihren Unmut über das Gesetz. Hugo Sinzheimer, ein Ideengeber der Regierung, wurde verhöhnt und der Sozialdemokrat Hugo Heimann bespuckt (Vgl. Weipert 21). Irgendwann schiesst die Sicherheitspolizei in die Menge und wirft Handgranaten. Ob nach Vorwarnung oder nicht, ist umstritten. Die Menge flüchtet. Noch lange schiessen die Uniformierten hinter ihnen her. Reichskanzler Gustav Bauer gibt am nächsten Tag in der Reichstagssitzung eine völlig andere Darstellung. Das Ergebnis des "Januarputsches", wie es die SPD nennt, bleibt: 42 Tote und etwa 105 Verletzte.

Ein Sturm des Parlaments, wie später behauptet, stand nie bevor. Obwohl der Zeitzer Volksbote darüber sachlich berichtet, wird er vom 19. Januar bis 6. Februar 1920 verboten. Nicht so der Lübecker Volksbote, der in seiner Ausgabe vom 14. Januar der Öffentlichkeit das Drehbuch für den

Sturm der "Unabhängigen" und
Kommunisten auf das Reichstagsgebäude

lieferte, obwohl der Polizeipräsident von Berlin, Eugen Ernst, zugeben musste, dass die Demonstranten lediglich in ruhiger Weise gegen das Betriebsrätegesetz Stellung nehmen wollten." (Leopoldt 150)

"Die Sicherheitspolizei [Sipo] war also keineswegs politisch neutral, sondern ganz im Gegenteil klar antidemokratisch eingestellt." (Weipert 29) In Weissenfels geht sie ganz ähnlich vor. Arbeiter liefern der Sipo am 20./21. März 1920 bei ihrem Abzug vom Schloss in Richtung Naumburg einen harten Kampf. Vier Tage zuvor war sie in der Stadt erneut mit grosser Brutalität gegen Bürger vorgegangen. Ebenso erwirbt sie sich in Naumburg (Saale) unter der politischen Arbeiterschaft einen elendigen Ruf.

War der 13. Januar im Sinne der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919, die verspricht, die gesellschaftlichen Konflikte politisch zu lösen? Axel Weipert (2012, 16) versteht ihn als Symbol "für das generelle Problem der Verselbständigung jeglicher Repräsentierenden gegenüber den Repräsentierten".

Am 4. Februar 1920 beschliesst die Nationalversammlung das Betriebsrätegesetz. Den Arbeitern aller Betriebe wird ein Angestellten- und Arbeiterausschuss zugebilligt, der über die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse mitbestimmen kann. Das Gesetz "beraubte die Räte als revolutionäre Institutionen endgültig ihres wichtigsten Aktionsraumes, in veränderter Form existieren sie noch heute als Betriebsräte fort."

Angesichts des "Januarputsches" (Lübecker Volksbote) unterzeichnen Reichskanzler Gustav Bauer, Reichswehrminister Gustav Noske und Reichspräsident Friedrich Ebert noch am 13. Januar 1920 die

Verordnung des Reichspräsidenten auf Grund des Artikel 48 Abs. 2 der Reichsverfassung, betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Reichsgebiete mit Ausnahme von Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden und der von ihnen umschlossenen Gebiete nötigen Maßnahmen.

Gemäss Paragraph 1 wird das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis ausgesetzt. Möglich sind Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme von Eigentum. Pressefreiheit und Versammlungsrecht sind eingeschränkt. Paragraph 6 verbietet "lebenswichtige Betriebe zur Stilllegung zu bringen". (Drei Monate später ruft die Regierung selbst zum Generalstreik auf.) Weiter erlaubt die Verordnung die Bildung von Kriegs- (§ 2 und 3) und Standgerichten (§ 5), die zur Verhängung der Todesstrafe ermächtigt sind.

Folgenreich war die Übertragung der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber (Paragraf 2), der sie in Verbindung mit dem Regierungskommissar (Paragraf 3) ausübt. Denn als im März 1920 Kapp und Lüttwitz wirklich zum Putsch schritten, bestand mit Ausnahme in Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden der Ausnahmezustand noch fort, wodurch die Arbeiter im physischen Widerstand gegen die verräterische Reichswehr in eine rechtspolitisch höchst nachteilige Situation gerieten. Ein Umstand, der für die Kapp-Gegner in Naumburg, Bad Kösen und Weissenfels von erheblicher Bedeutung ist.

 

 

[Annonce zu Karl Becker, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins] "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 3. Mai 1924

[Anfrage] Offene Anfrage an den Grafen Posadowsky. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 17. Januar 1919

[Aufruf] Ein Aufruf an die Bürger Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 11. November 1918

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Aufruf der deutschnationalen Volkspartei. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 6. Januar 1919

Abbruch des Generalstreiks. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 27. Februar 1919

Abwehrstreik des Bürgertums. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26. Februar 1919

Amtliche Bekanntmachung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 31. Dezember 1918

An die Bevölkerung und Soldaten von Naumburg und Umgebung. Der Arbeiter- und Soldatenrat Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 3. Dezember 1918

[ASR] Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte im Bezirk Merseburg. [Teil 1:] "Weissenfelser Tageblatt. Kreisblatt", Weissenfels, am 4. Februar 1919. [Teil 2:] "Weissenfelser Tageblatt. Kreisblatt", Weissenfels, am 5. Februar 1919.

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[Anmerkung: Schreibfehler beim Datum leider nicht ausgeschlossen.]

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[HuG, d] Haus- und Grundbesitzerverein. Ordentliche Generalversammlung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 12. Januar 1921

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Luxemburg, Rosa: Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus. Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Band 5, Berlin 1975, Seite 391

Mann, Thomas: Der Zauberberg. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a. M. 1991. Das Zitat befindet sich auf Seite 549.

Mann, Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2004

Henrichs, Willi: Gottfried Traub (1869-1956). Liberaler Theologe und extremer Nationalprotestant. hartmut spenner, waltrop 2001

[Hunger] Der Hunger vor der Tür. "Volksstimme", Magdeburg, den 6. März 1919

Maercker, Georg: Vom Kaiserheer zur Reichswehr. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Revolution. Verlag K. F. Koehler, Leipzig 1921

Manoschek, Walter: "Serbien ist judenfrei". Militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42. R. Oldenbourg Verlag, München 1993

[Mobilmachung] Aus Naumburgs ersten Mobilmachungstagen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 1. August 1933

Mommsen, Wolfgang J.: Die Vergangenheit, die nicht vergehen will. Auseinandersetzung oder Schlussstrich? (1987). In: Wolfgang J. Mommsen. Nation und Geschichte. Über die Deutschen und die deutsche Frage. Piper, München Zürich 1990, Seite 107 bis 118

Müller, Richard: Das Rätesystem in Deutschland. Verlag "Der Arbeiter-Rat", Berlin SW 68, 1918

Müller, Richard: Was die Arbeiterräte wollen und sollen. Mit einem Vorwort von Ernst Däumig. Verlag "Der Arbeiter-Rat", Berlin SW 68, Druck von Mauter + Dimmick, Berlin SO 16, 1919

Nachrichten aus Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 13. Januar 1919

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[Nationalversammlung, 12. Mai 1919] Der Spruch der Nationalversammlung. Berliner-Volkszeitung, Berlin, 13. Mai 1919, Seite 1

Notgeschrei der Hausagrarier. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 22 April 1923

Öffentliche Versammlung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 4. Dezember 1918

Orlow, Dietrich: Preußen und der Kapp-Putsch. In: Vierteljahreszeitschrift für Zeitgeschichte, München, 26 (1978) Heft 2, Seite 191 ff.

Ossietzky, Carl von: Die Heimkehr der Armee. Zum Waffenstillstandstage. In: Ossietzky. Eine Lesebuch für unsere Zeit. Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1989, Seite 45-52

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[Papenbrock, aus der Rede des Landtagsabgeordneten Papenbrock am 23. März 1930 im Ratskellersaal von Naumburg]. Nationalsozialistische Versammlung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 25. März 1930

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[Polizeiverwaltung] Die Polizeiverwaltung. 22. April 1920. Unterzeichnet von Roloff [Bürgermeister]. In: Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg an der Saale. Massnahmen bei drohenden Unruhen. Angefangen 1919. Beendet 1921 (1933). Stadtarchiv Naumburg, Rep. 8355

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[Posadowsky-Wehner] Stimmungen. Verfasst am 4. September 1918. In: Weltwende. Gesammelte politische Aufsätze von Graf Posadowsky. Walter Hädecke Verlag, Stuttgart 1920, Seite 34 ff.

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[Protest] Naumburger Protest. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 20. Februar 1919

Posadowsky-Wehner, Arthur Graf von: Weltwende. Gesammelte politische Aufsätze. Walter Hädecke Verlag, Stuttgart 1920

Prager, Eugen: Geschichte der USPD. Entstehung und Entwicklung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Verlagsgenossenschaft "Freiheit" G.m.b.H., Berlin 1921

Programm der USPD. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 13. März 1919

Radbruch, Gustav: § 29 Der Krieg. In: Gustav Radbruch. Rechtsphilosophie., C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2003, 188 ff.

Reichsmietengesetz vom 22. März 1922. Reichsgesetzblatt, Nummer 23, 1922. Ausgegeben zu Berlin, den 28. März 1922

[Reichsverfassung] Dritte Beratung des Gesetzesentwurfs zur Abänderung des Art. 11 der Reichsverfassung (Nr. 1951, 1982 der anlagen). In: Deutsche Reichstag. Reichstagprotokolle 1914 / 18, 9. 197. Sitzung, Sonnabend, den 26. Oktober 1918. Seite 6275ff. https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k13_bsb00003418_00131.htm

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[Roloff] 1. Zu berichten an den Herrn Regierungspräsidenten von Merseburg. Zur Verfügung vom 19. Juli 1919. Die Polizeiverwaltung [Naumburg]. Unterschrift Roloff. 5. September 1919. In: Hauptakten der Polizeiverwaltung Naumburg an der Saale. Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1918. Geschlossen 1939, Stadtarchiv Naumburg, Archivsignatur 8356, Blatt 12 ff.

Salomon, Ernst von: Die Geächteten. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1962 (besonders Seite 23-27)

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Scheidemann, Philipp: Rede. [Berliner Universität, Aula, Sitzung der Nationalversammlung]. Berliner-Volkszeitung, Berlin, 13. Mai 1919, Seite 1

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Scheidemann, Philipp: Der Putsch Kapp-Ludendorff [ = Kapitel in: Philipp Scheidemann: Kritik der Deutschen Sozialdemokratie und ihrer Führung]. In: Das historische Versagen der SPD. Schriften aus dem Exil. Herausgegeben von Frank R. Reitzle. Mit einer Einleitung von Claus-Dieter Crohn. Zu Klampfen! Lüneburg 2002, Seite 141-150

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Simon, Karl (Wahlkampfrede zu den Wahlen des preußischen Landtags am 24. April 1932 im Kurgarten von Bad Kösen). In: Nationalsozialistische Wahlkundgebung in Bad Kösen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 19. April 1932

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[Stadtverordnetenwahl] Generalstreik und Stadtverordnetenwahl. Wahlzeitung des Naumburger Bürgerausschusses herausgegeben aus Anlass der Stadtverordnetenwahl, Naumburg. Wahlsonntag, den 2. März 1919

Städteverbands-Tagung Sachsen-Anhalt. 3. Beilage Volksstimme. Nummer 220, 38. Jahrgang. "Volksstimme. Tageszeitung der Sozialdemokratischen Partei im Regierungsbezirk Magdeburg". Magdeburg, den 20. September 1927

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[Umsturz] Ernste Gedanken für schwere Stunden. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 11. November 1918

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Ulbricht, Justus H.: Vorwort. In: Beiträge zur Regional- und Landeskultur Sachsen-Anhalt, Heft 23: Deutsche Erinnerungslandschaften Rudelsburg-Saaleck-Kyffhäuser. Protokollband der wissenschaftlichen Tagungen 14.-16-Juni 2002 in Bad Kösen und 13.-15. Juni 2013 in Bad Frankenhausen. Heimatbund Thüringen e.V., Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V. Halle 2004, Seite 4 bis 8

"Unseren heimkehrenden Truppen zum Willkomm!". "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26. November 1918

[USPD-Versammlung] Öffentliche Versammlung der USPD. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 28. Februar 1928

1. Zu berichten an den Herrn Regierungspräsidenten in Merseburg. Zur Verfügung 29. Juli 1919. Naumburg, den 5. September 1919 In: Hauptakten der Polizeiverwaltung Naumburg an der Saale. Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1918. Geschlossen 1939. Stadtarchiv Naumburg, Rep. 8356, Blatt 12ff.

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Voigt, Fritz [zur Naumburger Arbeiterbewegung], handschriftlich, [Naumburg am] 1. April 1957, unveröffentlicht

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Vor 25 Jahren in Naumburg - Als die heimatlichen Regimenter ins Feld zogen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 1. August 1938

Waase, Karl: Die Naumburger Jäger im Weltkriege. Magdeburger Jägerbataillon Nr. 4 nebst allen zugehörigen Kriegsformationen. Verlag der Akademischen Buchhandlung, R. Max Lippold, Leipzig 1919

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Was hat die Nationalversammlung geleistet? Ein Merkblatt für denkende Arbeiter und Arbeiterinnen, Angestellte und Beamte. Herausgegeben vom Bezirks-Verband Groß-Berlin U.S.P.D., Schickler Strasse 7 [1921]

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Wiedersehensfest und Denkmalsweihe A. S. Sonderbeilage der Nachrichten des Provinzialvereins ehemaliger Jäger und Schützen. Nummer 12, Halle a.S., den 1. August 1923

Wilhelm [II.]: An das deutsche Volk! "Lübecker Volksbote. Organ der Interessen der werktätigen Bevölkerung". Lübeck, den 6. August 1914

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Wegen Beleidigung der Kriegervereine. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands". Berlin, den 5. Juli 1900

Werner, Justizrat: Die Beseitigung der Goldwährung. In: Deutsche Juristen-Zeitung. 24. Jahrgang. 1919, 1. Dezember 1919. Heft 34/24, Seite 960 bis 966

Wrobel, Ignaz [alias Kurt Tucholsky]: Die Ebert-Legende. Die Weltbühne. Berlin, 1926, Numer 2, Seite 52 - 55

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"Zeitzer Arbeiter schlagen den Kapp-Putsch nieder". Aus dem Franz-Mehring-Institut von einem Kollektiv der Abteilung Geschichte der Arbeiterbewegung. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, 9. Jahrgang, 1959/60, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Heft 2, Seite 205 bis 221

Zur Aufhebung des Generalstreiks in Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 27. Februar 1919

Zur Lage im mitteldeutschen Braunkohlerevier. "Lübecker Volksbote. Organ der Interessen der werktätigen Bevölkerung". Lübeck, den 26. Februar 1919

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Zur Vorbereitung des 40. Jahrestages der Novemberrevolution. "Freiheit" [Tageszeitung], Halle an der Saale, 9. August 1955

 

 

Bildnachweis

"Deutsche Frauen wacht auf! Tut Eure Pflicht...Helft retten. Wählt deutschnational." Druck/Verlag: Kunstanstalt Leopold Krantz, Berlin. In: Deutschnationale Volkspartei, Format des Originals 41 x 61 cm, Download-Ausstellung Frauen im Aufbruch - Politische Plakate. Archiv der sozialen Demokratie, Friedrich-Ebert-Stiftung. http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/downloads/modul1.htm, 2009

Zeichnung: Unsere sieben Feinde. Simplicissimus 19. Jahrgang. Nummer 22, München, 1. September 1914, Einband

 

Für Informationen zu den Vorgängen in Zeitz im Jahr 1919 danke ich Frau Sibylle Pentzek, Leiterin des Stadtarchivs Zeitz. 14. März 2012.

 


Autor:
Detlef Belau


Urfassung: April 2005.
Letzte Änderung: 19. April 2012

 

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